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Die drei Himmelsriesen versuchten höherzusteigen. Arcumenna war schon vor einer Weile aufgefallen, dass es ab einer bestimmten Flughöhe keine Vögel mehr gab. Vielleicht konnten sie so ja den Echsen entkommen? Wenn sie schnell genug an Höhe gewannen und wenn …

Ein dumpfer Knall beendete seine Gedanken. Der brennende Wolkensammler war zerplatzt. Einfach so! Abgetrennte Gliedmaßen wurden in alle Himmelsrichtungen geschleudert.

Zugleich sprangen verzweifelte Wolkenschiffer aus dem brennenden Wrack, das wie ein Stein vom Himmel stürzte. Einer von ihnen hatte selbst schon Feuer gefangen. Er streckte Arme und Beine weit von sich. Vor dem Dunkel des Himmels sah er aus wie ein brennendes Kreuz, das auf die Stadt hinabfiel.

»Bei den Göttern«, stammelte Horatius.

»Lauft!«, erklang es nun dutzendfach auf der Straße der Safranhändler. Die Menschen rannten durcheinander. Stießen sich gegenseitig nieder. Wer am Boden lag, wurde zu Tode getrampelt.

Bretter und Körperteile hagelten auf die Stadt nieder.

Eine Daimonenechse flog eine Parallelstraße entlang und spie einen langen Flammenstrahl. Schreckliche Schreie ertönten. Arcumenna hatte in ungezählten Schlachten gefochten. Doch dies hier war anders. Es war ein neues, ungekanntes Grauen, das selbst ihn erschauern ließ. Verfluchte Bestien! Warum waren sie hierhergekommen, in seine Stadt? Welches Ziel war hier so wichtig? Er eilte die Treppen des Ankerturms hinauf. Er brauchte nicht ganz bis nach oben zu laufen. Nur weit genug, um die Stadt überblicken zu können. Er musste wissen, wo die Drachen angriffen. Das würde ihm verraten, was ihr Plan war. Und wenn er das wusste, dann konnte er überlegen, wie er sie bekämpfen konnte.

Der Fürst stieg etwa ein Drittel des Turmes hinauf. Dabei behielt er die Drachen im Auge. Es waren mehr als zwei Dutzend. Wie viele genau, konnte er im Dunkeln nicht sehen. Einige streiften über die Stadt und schienen wahllos Menschen zu jagen. Die meisten aber umkreisten die beiden Wolkenschiffe, die noch zu fliehen versuchten. Eines von ihnen brannte bereits. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es abstürzte. Zum Glück hatte der Wind beide Wolkensammler nun auf die See hinausgetrieben. Arcumenna blickte über das Trümmerfeld inmitten seiner Stadt. Er sollte sich all dies hier gut einprägen. Dies war die Zukunft!

Es würde nicht das letzte Mal gewesen sein, dass Drachen die großen Himmelsschiffe angriffen. Doch beim nächsten Mal, wenn der Himmel über Nangog in Flammen stand, würden sie vorbereitet sein! Der Feldherr wusste, dies hier war nur ein erstes Scharmützel, in dem die Drachen ihre Kräfte erprobten.

Arcumenna straffte sich. Jetzt zählte allein die Gegenwart! Er musste das Muster des Angriffs erkennen, um zu wissen, wie sie sich verteidigen konnten.

»Du solltest nicht zu lange dort oben bleiben«, rief Horatius, der ihm nur ein paar Stufen hinauf gefolgt war. »Diese Bestien greifen sich jetzt wahllos Opfer, und du bietest dich da oben geradezu an.«

Arcumenna schob auch diesen Gedanken zur Seite. Er musste das Muster erkennen! Alles andere konnte warten. Der Wachturm auf der vorgelagerten Insel brannte. Ebenso sein Palast und etwas weiter im Westen die größte Kaserne. Außerdem die Katapultstellungen oberhalb der Einfahrt zum Hafen. Ein Wolkensammler war vernichtet. Die beiden anderen wurden von den meisten der fliegenden Echsen verfolgt. Was sagte ihm das?

»Komm herunter, verflucht!« Nun stürmte Horatius doch die Treppe hinauf. Er hielt einen schweren Wurfspeer in der Hand.

Arcumenna fragte sich kurz, wo sein Gefährte die Waffe wohl aufgetrieben hatte. Dann ließ er erneut den Blick über die Stadt schweifen. Sie mussten Spitzel gehabt haben, dachte er. Sie hatten gewusst, wohin sie wollten. Aber sie wussten nichts über den Kampfgeist seiner Männer. Sie hatten ihn überrascht, aber noch nicht besiegt. Er eilte Horatius entgegen. »Wir müssen zum Feigenmarkt!«

Horatius sah ihn überrascht an. »Ich würde sagen …«

Arcumenna schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab. »Wie viele unserer Männer sind so früh am Abend, drei Tage nach Soldausgabe, in ihren Quartieren?«

Jetzt lächelte der Hauptmann. »Höchstens ein Drittel. Die anderen tragen ihren Sold zu den Spelunken und Huren am Feigenmarkt.«

»Wir müssen sie in die Zisternen bringen und hinab zum Hafen. Dort sind wir vorläufig in Sicherheit …« Er verstummte, eilte aber weiter die Stufen hinab. Jetzt sah er das Muster. Es ging nicht darum, die Stadt zu vernichten. Alles war hier anders als in Selinunt. Sie jagten die Wolkensammler, um zu verhindern, dass sich schnell Kunde über den Überfall verbreitete. Wären sie nur hier, um zu plündern und zu brandschatzen, dann wäre ihnen das egal. Sie wollten Asugar besetzen!

Auf den von Trümmern übersäten Straßen waren nun weniger Menschen zu sehen. Sein Befehl, in die Zisternen zu steigen, war hoffentlich befolgt worden. Als sie die Straße kreuzten, über die zuvor der Drache geflogen war, hielt Arcumenna kurz inne. Sie lag voller verkrümmter, schwarz verkohlter Gestalten. Der Fürst ballte in hilfloser Wut die Fäuste. Er würde überleben, und er würde einen Weg finden, diese verdammten Bestien vom Himmel zu holen.

Aus den Augenwinkeln sah er eine kleine Daimonenechse, die einen Mann in ihren Krallen hielt, in den Himmel hinaufstieg und ihn dann fallen ließ.

»Bestie«, zischte Horatius. »Wie eine Möwe, die Muscheln auf Felsen fallen lässt, damit die Schale zerbricht.«

Über dem Meer zerriss es den zweiten Wolkensammler. Es mussten die Gase in ihrem Körper sein, die sie explodieren ließen, dachte Arcumenna. Auf einem Wolkensammler in den Kampf gegen Daimonenechsen zu ziehen war etwa so, als würde man in einem Lager voller Olivenölamphoren darauf hoffen, einen Großbrand unbeschadet zu überstehen.

»Sie kommen zurück!«

Es war das erste Mal, dass der Fürst einen Anflug von Panik in Horatius’ Stimme hörte. Dabei war der Hauptmann selbst in den Wäldern von Drus, als sie den Barbaren in eine Falle gegangen und umzingelt worden waren, die Ruhe selbst geblieben.

»Steig in die Höhlen oder Zisternen hinab!«, rief Arcumenna einem alten Mann zu, der sich in einen Hauseingang gekauert hatte. »Sie werden wiederkommen, und dann brennt die ganze Stadt.«

Je näher sie dem Feigenmarkt kamen, desto voller wurde es. Nahe beim Marktplatz gab es einen großen Abstieg zum Hafen. Der ganze Felsen war von Hunderten von Höhlen durchzogen. Viele waren natürlichen Ursprungs, aber etliche waren in den letzten fünfzig Jahren auch von Menschenhand erschaffen worden. Da der Platz auf der Steilklippe sehr begrenzt war und es kaum einen Ort gab, an dem man noch ein Haus hätte errichten können, wichen immer mehr der Neuankömmlinge in die Höhlen aus. So hatte sich inzwischen eine zweite, kleinere, unterirdische Stadt entwickelt. Diese Höhlen sowie die Zisternen, in denen das Regenwasser gesammelt wurde, waren nun ihre Rettung. Das schienen viele der Bewohner schon von alleine begriffen zu haben.

Überall, wo es Abstiege zu eben diesen Höhlen und Zisternen gab, drängten sich Menschentrauben. Die meisten hatten nichts als ihre Kleider auf dem Leib. Nur wenige hatten Säcke oder Kisten zusammengerafft.

Arcumenna blickte zu seinem brennenden Statthalterpalast, der keine zweihundert Schritt entfernt auf dem höchsten Punkt der Steilklippe lag. Bis hinab zum Feigenmarkt konnte er die Hitze der Feuer spüren. Dann wandte er sich seinem Hauptmann zu.

Horatius hatte begonnen, Krieger um sich zu scharen. Wie erwartet, wimmelte es am Markt nur so von Veteranen, die ihren Sold hatten durchbringen wollen. Erfreulicherweise waren nur die wenigsten bei Beginn des Angriffs pflichtbewusst zu ihren Quartieren geeilt, sondern auch sie hatten nach Abstiegen in die Tiefe gesucht. Arcumenna schritt durch die Männer und suchte nach Unterführern, die er von den Feldzügen kannte. Jedem von ihnen gab er jeweils eine Handvoll Krieger zur Seite. Sie sollten das Gedränge vor den Treppen organisieren. Stiegen die Flüchtenden geordnet hinab, würden sie wesentlich schneller entkommen, als wenn sie Menschenknäuel bildeten, in denen jeder darum kämpfte, als Erster die Treppen zu erreichen.