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Farella und Lydaine, Shanadeens Töchter, führten hingegen einen Freudentanz auf. Sie jubelten, fassten sich bei den Händen und tanzten im Kreise. Bidayn sah ihnen einen Augenblick lang verblüfft zu. Die beiden hatten sie bespitzelt, und sie waren alles andere als Freunde. »Es geht hier nicht um mich, richtig?«

Die beiden Mädchen hielten inne, taten so, als hätten sie sie eben erst bemerkt. »Oh, Mutter, du bist wieder da?«

Sie nannten sie sonst nie Mutter. Die beiden mochten aussehen wie Kinder, aber in Wahrheit waren sie vielleicht sogar älter, als Bidayn es war. Ihre Mutter hatte sie verflucht, bevor sie gestorben war. Sie wuchsen nicht mehr, waren auf ewig in ihrer Kindheit gefangen. Und alle im Haus behandelten sie auch wie Kinder.

Farella und Lydaine waren verrückt. Und gehässig, und Bidayn war nicht in der Stimmung, sich von diesen beiden kleinen Kröten auf der Nase herumtanzen zu lassen.

»Und, was macht euch zwei Hübschen so glücklich?«

Die zwei sahen sie mit festem Blick an. Farella mit ihrem langen schwarzen Haar und Augen wie dunklen Abgründen. Sie trug stets Weiß, was ihre Blässe unterstrich. Sie war die Unheimlichere der zwei und die Stillere. Lydaine hingegen war strohblond. Sie trug ein buntes Kleid, auf das allerlei Blumen gestickt waren, und hatte sich ihr Haar mit mohnroten Bändern zu zwei Zöpfen geflochten.

Farella blickte zu ihr auf. »Kruppa wird heute ihr Kaninchenragout für uns kochen. Das ist ein Festtag!«

»Wirklich, ein Festtag«, entgegnete Bidayn eisig. Sie sah zu der korpulenten Köchin. »Leben die Kaninchen noch?«

»Natürlich!« Die Koboldin war sichtlich auf der Hut. »Ich koche nur frisches Fleisch. Was Totes kommt mir nicht in meine Küche.«

»Dann sollten wir uns die niedlichen, kleinen Kaninchen mal ansehen.«

»Ja, sehen wir sie uns an!«, jubelte Lydaine.

»Das muss doch nicht sein …« Kruppa hob abwehrend die Hände. Ganz offensichtlich hatte sie verstanden, worauf das hier hinauslief.

»Ich bestehe darauf.« Bidayn legte die Arme um die Schultern der Mädchen und schob sie Richtung Küche. Das Koboldgesinde folgte ihnen mit respektvollem Abstand.

Nur Kruppa lief schwer atmend an ihnen vorbei. »Meine Küche ist nicht aufgeräumt, Herrin. Bitte gebt mir ein wenig Zeit …«

»Ein wenig Unordnung macht mir nichts.« Schon hatten sie die Küchentür erreicht. Bidayn schob die Mädchen hinein.

Wie immer war in Kruppas Küche alles in bester Ordnung. Die kupfernen Töpfe und Pfannen glänzten frisch poliert, der Arbeitstisch war blitzsauber und die Asche im großen Kamin zu einem ordentlichen Häufchen zusammengekehrt.

Neben dem Hackblock standen zwei kleine Käfige aus Weidengeflecht. Zwei junge Kaninchen kauerten darin. Sie knabberten an gezackten Löwenzahnblättern und sahen mit großen schwarzen Augen zu ihnen auf.

»Sind die niedlich!«, rief Lydaine entzückt.

»Und doch willst du sie heute Abend essen.«

Das Mädchen runzelte die Stirn.

»Ja, Lydaine, dort in dem Käfig kauert dein köstliches Kaninchenragout. Und nun sei so freundlich und hilf Kruppa ein wenig.« Bidayn zog ihr Messer aus dem Gürtel und drückte es dem Mädchen in die Hand.

»Das ist keine Aufgabe für die jungen Herrschaften!«, mischte sich Kruppa ein. »Sie werden sich noch ihre schönen Kleider besudeln.«

»Dann sei es so.«

Lydaine schüttelte den Kopf und versuchte, das Messer fallen zu lassen, doch noch bevor ihr das gelang, umschloss Bidayn mit ihrer Hand die zarten Finger. »Ich werde dir helfen. Du musst dem Kaninchen die Kehle durchschneiden und es ausbluten lassen. Maya?« Sie sah sich nach der einbeinigen Tochter der Köchin um. »Bring eine Schale, in der ihr das Blut auffangt. Ich weiß, dass ihr aus Blut und Speck gerne Wurst macht.«

Bidayn hörte das Klacken des Holzbeins hinter sich. Maya gab sich demütig, aber Bidayn sah ihr an, dass sie nicht schlecht fand, was gerade geschah. Die meisten Kobolde standen mit verschränkten Armen in der Küche und beobachteten das Geschehen stumm. Einzig Kruppa protestierte, als Bidayn den ersten Käfig öffnete, das Kaninchen bei seinem Nackenfell packte und hochhob.

Lydaine kämpfte noch immer gegen das Messer in ihrer Hand an, das sich erbarmungslos der Kehle des Kaninchens näherte, während Farella wie versteinert zusah.

Der scharfe Stahl fuhr durch Fell und Fleisch. Hellrotes Blut spritzte über die Klinge. Lydaine schrie auf. Das Kaninchen schlug trommelnd mit den Läufen gegen die Tischkante. Ein paar Herzschläge nur, dann erschlaffte es, und das Blut troff von seinem Fell herab in die Schale, die Maya hingestellt hatte.

Bidayn ließ Lydaine los. Das Mädchen krümmte sich, stieß stoßweise Schluchzer aus. Erbarmungslos griff sich die Drachenelfe Farella. Das dunkelhaarige Mädchen leistete keinen Widerstand. Wie eine Marionette ließ sie sich willenlos führen. Blut sprühte ihr ins Antlitz und über ihr blütenweißes Kleid.

Als das zweite Kaninchen ausgeblutet war, legte Bidayn es auf den Hackklotz. Sie sah sich nach Kruppas Tochter um. »Maya, weißt du, wie man ein Fell abzieht und die Gedärme ausnimmt?«

Die kleine Koboldin nickte eifrig.

»Dann zeige es doch bitte meinen beiden entzückenden Töchtern, damit sie wissen, was sie als Nächstes lernen werden.«

Maya erwies sich als überaus geschickt. Ein Schnitt genügte ihr, und sie begann, mit kräftigen Bewegungen das Fell zu lösen und dem Kaninchen über die Ohren zu ziehen. Als sie dann die Eingeweide aus der Bauchhöhle holte, begann Lydaine zu würgen.

Bidayn hielt die beiden Mädchen bei den Haaren gepackt, sodass sie den Blick nicht abwenden konnten. Als Maya mit beiden Kaninchen fertig war, führte die Elfe ihre Töchter hinaus.

»Wer Kaninchenragout liebt, sollte wissen, wo es herkommt«, sagte sie scharf. »Ihr beide seid zu verwöhnt. Von heute an weht hier ein anderer Wind. Ich erwarte euch zum Abendessen. Solltet ihr euch einfallen lassen, nicht zu erscheinen, war das hier ein Klacks im Vergleich zu dem, was euch erwartet.«

Fast eine Familie

Farella und Lydaine stocherten in ihrem Essen herum. Beide hatten noch keinen Bissen zu sich genommen. Sollten sie sich nur zieren, dachte Bidayn amüsiert. Sie hatte dafür gesorgt, dass ihnen kein Kobold etwas anderes zu essen bringen würde. Nicht einmal Kruppa. Wenn sie ihr Kaninchen verschmähten, bekamen sie nichts bis zum nächsten Abendessen.

»Köstlich, Kruppa!« Bidayn nickte der Köchin, die ein Stück von der Festtafel entfernt stand, anerkennend zu.

»Ein wirklich gelungenes Mahl«, bestätigte auch Shanadeen. Sein schmales Gesicht zeigte keinerlei Emotion. Wieder einmal wirkte er, als wäre er in Gedanken gar nicht hier. Plante er seine nächste Reise? Er war oft für viele Wochen unterwegs und überließ seine beiden Töchter dem Gesinde.

Elfenmädchen sollten nicht von Kobolden erzogen werden, dachte Bidayn verärgert. Ihr war unbegreiflich, warum er die beiden so vernachlässigte. Lag es an dem Fluch, der auf den Mädchen lastete? Hatte er etwa selbst etwas damit zu tun? Lief er deshalb vor ihnen davon? Auf seinen Handelsreisen betrat ihr Ehemann nie die Albenpfade, er war auf dem Meer zu Hause. Ihm gehörten mehrere Schiffe, und er kannte die entferntesten Karawanenrouten. Eigentlich müsste er ein interessanter, redseliger Mann sein, so weit gereist wie er war. Aber er behielt alles für sich, strahlte eine kühle Strenge aus, und selbst wenn er sich mit anderen in einem Raum befand, war er irgendwie nicht anwesend.

Die beiden Mädchen warfen ihm hilfesuchende Blicke zu, doch er bemerkte es nicht, sah nicht, dass sie ihr Lieblingsgericht, Kaninchenragout an schneeweißem Reis, heute kaum anrührten.

Shanadeen erhob sich, kaum dass er sein Mahl beendet hatte. »Ich wünsche euch eine gute Nacht.« Er hauchte seinen beiden Töchtern einen Kuss auf das Haar und übersah auch jetzt die Verzweiflung in ihren Blicken. »Ich werde mich noch einige Stunden ins Kontor zurückziehen und wünsche nicht gestört zu werden.« Er sah zu Bidayn. »Auf ein Wort, meine Gemahlin.« Er deutete mit flüchtiger Geste zur Tür.