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»Sie wird Ihnen den ganzen Mantel mit ihren Haaren vollfusseln«, murmelte Mrs Walsh. Der Blick, mit dem sie die Katze jetzt maß, war eindeutig fassungslos.

»Das macht nichts«, antwortete Bast. »Ich liebe Katzen, müssen Sie wissen.«

»Trotzdem.« Mrs Walsh gab sich einen sichtbaren Ruck, und ihr Blick war nun eindeutig tadelnd. »Das reicht jetzt, Cleopatra! Du hast hier nichts zu suchen. Geh in die Küche oder nach draußen.«

Die Katze rollte sich lauthals schnurrend und mit genießerisch geschlossenen Augen weiter über Basts Mantel und begann schließlich spielerisch an ihrem Finger zu knabbern, als sie für einen Moment mit Kraulen innehielt. Sie ignorierte Mrs Walshs Worte vollkommen.

»Cleopatra!«, sagte Mrs Walsh noch einmal, jetzt in hörbar schärferem Ton. »Was ist denn in dich gefahren? Seit wann hörst du nicht mehr, wenn ich etwas sage?«

Ungefähr seit jetzt, dachte Bast amüsiert, zog aber nach einem weiteren Moment auch die Hand zurück und schüttelte leicht den Kopf, als die Katze die Augen öffnete und sie vorwurfsvoll ansah. »Hör auf sie und geh«, sagte Bast. Vielleicht habe ich später ein bisschen Zeit für dich, Kleines.

Mrs Walshs Augen quollen vor Unglauben schier aus den Höhlen, als Cleopatra ihren Gast zwar noch einen Moment lang vorwurfsvoll und enttäuscht ansah, sich dann aber wieder auf die Füße rollte und mit raschen Schritten verschwand. »Es ist ganz und gar erstaunlich«, murmelte sie. »Sie kommt normalerweise niemals hier herein. Und sie lässt sich schon gar nicht von Fremden anfassen.« Ihr Blick löste sich fast widerwillig von der offen stehenden Tür, hinter der die Katze verschwunden war, und suchte den Basts. »Sie können wirklich gut mit Tieren umgehen.«

»Katzen spüren es, wenn man sie mag«, meinte Bast nur.

»Ja, ich weiß«, sagte Mrs Walsh. Sie wirkte immer noch ein bisschen verwirrt. »Manchmal glaube ich sogar, dass sie über eine bessere Menschenkenntnis verfügen als die meisten Menschen. Besitzen sie zu Hause eine Katze?«

»Besitzen?« Bast verzog die Lippen, als wäre ihr die Bedeutung dieses Wortes nicht endgültig klar. »In unserem Haus in Kairo lebt eine ganze Anzahl Katzen, wenn Sie das meinen. Aber niemand kann eine Katze besitzen. Sie können sie einsperren und versklaven, aber ihre Zuneigung werden Sie auf diese Weise niemals gewinnen. Sie bekommen sie geschenkt oder gar nicht.«

Das schien Mrs Walsh nun endgültig zu verwirren. Sie sagte eine ganze Weile gar nichts, dann aber erschien ein leises Lächeln in ihren Augen. »Ich glaube, wir werden noch eine Menge interessanter Gespräche miteinander führen, meine Liebe«, sagte sie und fügte vielleicht eine Spur hastiger hinzu: »Wenn Sie es wünschen, heißt das.«

»Natürlich«, antwortete Bast. »Ich freue mich darauf. Und ich bin froh, hergekommen zu sein.«

Mrs Walsh blickte fragend.

»Um ehrlich zu sein«, erklärte Bast, »war ich am Anfang nicht ganz sicher, ob ich überhaupt herkommen sollte.«

»Weil Ihnen Jacob diese Pension empfohlen hat«, vermutete Mrs Walsh. Nein, es war keine Vermutung. Es war eine Feststellung.

»Ja«, gestand Bast unumwunden. »Nach dem, was Sie mir über Kapitän Maistowe erzählt haben, habe ich ihm vielleicht unrecht getan, aber ...«

Mrs Walsh unterbrach sie mit einer entsprechenden Geste. »Dafür müssen Sie sich nicht entschuldigen. Ich kenne den guten Jacob nun schon so lange, und selbst mir fällt es bei ihm manchmal schwer, Haltung zu bewahren. Er hat ein großes Herz und kann der charmanteste Mensch sein, den Sie sich nur vorstellen können - aber er ist auch ein wahrer Meister darin, das zu verbergen.«

»Und woher kennen Sie sich?«, fragte Bast und trank wieder von ihrem Tee.

»Er wohnt hier«, antwortete Mrs Walsh, wobei Bast nicht entging, wie aufmerksam sie sie dabei ansah. Aber sie war nicht überrascht. Eigentlich hatte sie nichts anderes erwartet.

»Hier?«, vergewisserte sie sich dennoch.

»Die meiste Zeit des Jahres ist er auf See«, antwortete die Zimmerwirtin. »Früher hatte er ein kleines Haus hier in London, aber das musste er verkaufen, als die Geschäfte einmal schlecht gingen. Daraufhin hat er sich hier eingemietet. Anfangs sollte es nur für wenige Tage sein, aber es hat sich schnell erwiesen, dass dieses Arrangement für beide Seiten von Vorteil ist.«

Bast sagte zwar nichts, musterte Mrs Walsh aber auf eine ganz bestimmte Art und Weise, die sie leicht erröten und eindeutig hastig den Kopf schütteln ließ. »Nein, nicht was Sie jetzt vielleicht annehmen, meine Liebe. Jacob und ich sind zu verschieden, um mehr als gute Freunde zu sein.«

»Dann ist das hier sozusagen sein Heimathafen?«, fragte Bast.

Diesmal lachte Mrs Walsh leise. »Wenn Sie so wollen, ja. Jacob hat keine Familie und auch keine Freunde hier in London. Dazu ist er zu selten hier. Und es lohnt nicht, ein eigenes Haus zu unterhalten, wenn man den allergrößten Teil des Jahres auf See ist. Die wenigen Wochen zwischen seinen Reisen wohnt er hier. Und manchmal«, fügte sie mit einem fast verschwörerischen Augenzwinkern hinzu, »schickt er mir auch einen Gast. Ich glaube, er betrachtet es als seine Pflicht, um mich irgendwie dafür zu entschädigen, dass ich sein Zimmer während des ganzen Jahres für ihn freihalte ... nicht dass es mich wirklich etwas kosten würde. Die meisten Zimmer stehen ohnehin leer.«

»Das Geschäft geht nicht gut?«, vermutete Bast.

»Es könnte besser gehen ... wenn ich es wollte«, antwortete Mrs Walsh. »Aber es ist nicht nötig. Ich habe eine kleine Erbschaft von der Schlachterei meines verstorbenen Mannes, von der ich einigermaßen bequem leben kann. Diese Pension ist mehr eine Art ... Liebhaberei von mir, wenn Sie so wollen. Irgendetwas muss man tun.«

Von draußen war das Klappern von Pferdehufen und das Knarren von Rädern zu hören. Bast warf einen Blick auf das Ziffernblatt der Standuhr mit seinen verschnörkelten Zeigern. Arthur kam auf die Sekunde pünktlich. Wahrscheinlich hatte er in einer Seitenstraße gewartet, um nicht zu früh zu erscheinen. Möglicherweise sogar die ganzen zwei Stunden.

Sie stand auf, bückte sich nach ihrem Mantel und schlüpfte hinein. Ein seltsames Gefühl überkam sie, noch bevor sie die Bewegung ganz zu Ende geführt und sich gleichzeitig zum Ausgang gedreht hatte. Sie hatte nicht vergessen, was Mrs Walsh über ihr Ziel erzählt hatte, und auch nicht ihre Überlegungen, was Isis anging. Und dennoch spürte sie plötzlich eine leise, kribbelnde Erregung, etwas, das ganz tief in ihr zu erwachen begann und von dem sie nur zu gut wusste, dass es stärker werden würde, ganz egal, wie sehr sie auch versuchte, es zu unterdrücken.

»Sie wollen also nicht auf mich hören«, stellte Mrs Walsh fest. Sie klang nicht einmal enttäuscht. Augenscheinlich hatte sie genau diese Reaktion erwartet.

»Ich fürchte, das kann ich nicht«, antwortete Bast in bedauerndem Ton. »Es ist leider richtig, dass ich meine Freundin so schnell wie möglich finden muss. Aber ich danke Ihnen trotzdem für Ihre Warnung. Keine Sorge. Ich kann auf mich aufpassen.«

Mrs Walsh sagte nichts mehr dazu. »Möchten Sie, dass ich Ihnen später noch ein Abendessen zubereite oder Ihnen eine Kanne Tee aufs Zimmer stelle?«, erkundigte sie sich.

»Sagten Sie nicht, es gibt hier nur Frühstück?«

Mrs Walsh lächelte. »Für eine gute Freundin von Jacob mache ich schon mal eine Ausnahme.« Ihr Lächeln wurde eine Spur breiter. »Außerdem muss ich schließlich auch selbst dann und wann etwas essen. Ob ich nun nur für mich koche oder für zwei, macht keinen Unterschied.«