Выбрать главу

Er setzte sich kerzengerade auf.

Mit einem Schlag war alles wieder da.

Langdon stand mit dem Einsatzleiter der Feuerwehr und einigen pompieri beim Hauptaltar. Sie überhäuften ihn mit Fragen. Er hörte kaum hin. Zu viel war geschehen. Außerdem hatte er selbst jede Menge Fragen. Sein ganzer Körper schmerzte, doch er wusste, dass er nicht einen Augenblick

zögern durfte.

Ein weiterer pompieri näherte sich von der anderen Seite der Kirche und sprach Langdon an. »Ich habe noch einmal nachgesehen, Signore, doch die einzigen Leichen, die wir finden konnten, waren die von Kardinal Guidera und dem Kommandanten der Schweizergarde. Nirgendwo eine Spur von einer Frau.«

»Grazie«, bedankte sich Langdon. Er wusste nicht, ob er erleichtert oder entsetzt reagieren sollte. Er hatte Vittoria bewusstlos am Boden liegen sehen, so viel stand fest. Jetzt war sie verschwunden. Die einzig plausible Erklärung war alles andere als beruhigend. Der Mörder war schon am Telefon deutlich gewesen. Eine Frau mit Mumm. Das erregt mich. Vielleicht komme ich zu Ihnen, bevor die Nacht vorüber ist. Und wenn ich Sie gefunden habe...

Langdon blickte sich suchend um. »Wo sind die Schwe izergardisten?«

»Wir haben keine Verbindung zum Vatikan. Die Leitungen sind unterbrochen.«

Langdon fühlte sich überfordert und allein. Olivetti war tot. Der Kardinal war tot. Vittoria war verschwunden. Eine halbe Stunde seines Lebens war ausgelöscht.

Er hörte, wie draußen die Medienvertreter ausschwärmten. Ohne Zweifel würden als Nächstes Beiträge über den grausigen Tod des dritten Kardinals über die Bildschirme flimmern - falls das nicht bereits geschehen war. Langdon hoffte nur, dass der Camerlengo von sich aus das Schlimmste annahm und endlich aktiv wurde. Evakuieren Sie den Vatikan! Es wurden genug Spielchen gespielt! Wir haben verloren!

Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass all die Katalysatoren, die ihn bisher vorangetrieben hatten - bei der Rettung der Vatikanstadt zu helfen, die vier Kardinale zu retten, der Geheimbruderschaft gegenüberzutreten, die er so viele Jahre studiert hatte -, dass all dies sich in Luft aufgelöst hatte. Der Krieg war verloren. Ein neuer Funke entfachte seine Leidenschaft. Ein archaisches und ursprüngliches Gefühl.

Vittoria finden.

Er spürte eine unerwartete innere Leere. Langdon hatte oft gehört, dass aufregende Situationen zwei Menschen einander auf eine Weise näher bringen konnten, wie es Jahrzehnte nicht vermochten. Einsamkeit. Der Schmerz verlieh ihm neue Kraft.

Er verdrängte jeden anderen Gedanken und konzentrierte sich. Er betete, dass der Assassine sich vor dem Vergnügen seiner Aufgabe widmen wirde. Falls nicht, war Langdon bereits zu spät dran. Nein, sagte er sich. Du hast Zeit. Vittorias Entführer hatte noch eine Aufgabe zu erfüllen. Er würde ein letztes Mal aus der Versenkung auftauchen, bevor seine Spur sich für immer verlor.

Der letzte Altar der Wissenschaft, dachte Langdon. Der Killer hatte einen letzten Auftrag. Erde. Luft. Feuer. Wasser.

Er schaute auf die Uhr. Noch dreißig Minuten. Langdon trat am Einsatzleiter der römischen Feuerwehr vorbei zu Berninis Verzückung der Heiligen Teresa. Als Langdon diesmal den Wegweiser anschaute, wusste er ganz genau, wonach er zu suchen hatte.

Lass dich von Engeln führ’n auf deiner Quest’.

Direkt über der verzückten Heiligen, vor dem Hintergrund vergoldeter Flammen, schwebte Berninis Engel. Seine Hand umklammerte einen Feuerspeer. Langdons Blick folgte der Richtung, in die der Schaft zeigte, zur rechten Seite der Kirche, durch die Wand hindurch. Langdon suchte die Umgebung der Stelle ab, auf die die Spitze deutete. Nichts Außergewöhnliches zu sehen. Doch Langdon wusste, dass der Speer auf einen Ort jenseits der Mauern deutete, in die Nacht, irgendwo in Rom.

»Welche Richtung ist das?«, fragte Langdon, indem er sich mit neu gefundener Entschlossenheit zum Einsatzleiter der

pompieri umwandte.

»Richtung?« Der Einsatzleiter sah zu der Stelle, auf die Langdon zeigte. »Ich weiß nicht. Westen, glaube ich.« Er klang verwirrt.

»Welche Kirchen liegen in dieser Richtung?«

Die Verwirrung des Einsatzleiters schien noch zuzunehmen. »Dutzende. Warum?«

Langdon runzelte die Stirn. Natürlich waren es Dutzende. »Ich brauche einen Stadtplan. Schnell!«

Der Einsatzleiter schickte einen Mann nach draußen zum Löschzug. Langdon wandte sich zu der Skulptur um. Erde... Luft... Feuer... Wasser... VITTORIA.

Der letzte Wegweiser ist Wasser, sagte er sich. Berninis Wasser, Es war irgendwo dort draußen in einer Kirche. Eine Nadel in einem Heuhaufen. Er rief sich sämtliche Werke Berninis ins Gedächtnis. Ich brauche einen Tribut an Wasser!

Die Statue des Triton fiel ihm ein, eines griechischen Meeresgottes; dann aber erinnerte er sich, dass der Tritonsbrunnen hier in diesem Viertel stand, in unmittelbarer Nähe der Kirche; obendrein in der falschen Richtung. Denk nach, Langdon! Denk nach! Was hätte Bernini als Tribut an das Wasser erschaffen? Neptun und Apollo? Unglücklicherweise stand dieses Werk in London, im Victoria & Albert Museum.

»Signore?« Der Feuerwehrmann mit dem Stadtplan kam zurückgerannt.

Langdon bedankte sich bei ihm und breitete die Karte auf dem Altar aus. Sofort wurde ihm bewusst, dass er die richtigen Leute um Hilfe gebeten hatte - der Stadtplan der römischen Feuerwehr war detaillierter als jede andere Karte, die er bisher von Rom gesehen hatte. »Wo befinden wir uns jetzt?«

Der Mann deutete auf die Stelle. »Hier, bei der Piazza Barberini.«

Langdon warf einen weiteren Blick auf den Feuerspeer des Engels, um sich zu orientieren. Der Einsatzleiter hatte richtig geschätzt. Der Karte zufolge zeigte der Speer nach Westen. Langdon fuhr mit der Hand von seiner gegenwärtigen Position nach Westen über die Karte. Seine Hoffnung sank fast augenblicklich. Es schien, als passierte er auf jedem Zentimeter ein weiteres Gebäude mit einem schwarzen Kreuz. Kirchen.

Die Stadt war übersät mit Kirchen. Erst in den römischen Vorstädten wurden es endlich weniger. Langdon atmete aus und trat von der Karte weg. Verdammt!

Er betrachtete die ganze Karte und die drei Stellen, an denen die ersten Kardinale ermordet worden waren. Die Chigi-Kapelle, der Petersplatz, hier...

Als er alle Punkte vor sich ausgebreitet sah, fiel ihm eine Eigentümlichkeit auf. Irgendwie hatte er geglaubt, die Kirchen wären willkürlich über ganz Rom verteilt. Doch das waren sie eindeutig nicht. So unglaublich es war, sie schienen in gleichmäßigem Abstand voneinander zu stehen und ein riesiges Dreieck zu bilden. Langdon schaute noch einmal hin. Es war keine Einbildung. »Penna!«, sagte er unvermittelt und ohne aufzublicken.

Irgendjemand reichte ihm einen Kugelschreiber.

Langdon markierte die drei Kirchen. Sein Puls ging schneller. Er überprüfte seine Markierungen ein drittes Mal. Ein symmetrisches Dreieck!

Langdons erster Gedanke war die Analogie zum Großen Siegel auf der Ein-Dollar-Banknote - doch das ergab keinen Sinn. Er hatte erst drei Punkte gefunden, und es waren insgesamt vier.

Und wo ist das verdammte Wasser? Der vierte Punkt würde das Dreieck zerstören - es sei denn, er befand sich innerhalb des Dreiecks, im Zentrum. Langdon betrachtete die Stelle auf der Karte. Nichts. Der Gedanke ging ihm trotzdem nicht aus dem

Kopf. Die vier Elemente der Wissenschaft hatten als gleichwertig gegolten. Wasser war nichts Besonderes gewesen ganz sicher hatte es nicht im Zentrum der übrigen drei Elemente gestanden.