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Maximilian Kohler angegriffen und schwer verletzt worden. Leutnant Chartrand, der Amerikaner und die Frau trugen den Camerlengo in diesen Augenblicken nach draußen, sodass er in ein Krankenhaus gebracht werden konnte.

Der Pilot empfand so etwas wie persönliche Verantwortung für den Angriff. Er schalt sich einen Narren, weil er nicht auf sein Gefühl gehört hatte. Früher am Abend, als er am Flughafen gewesen war, um den finsteren Wissenschaftler abzuholen, hatten seine Instinkte beim Anblick der steinernen Augen des Mannes rebelliert. Er hatte das Gefühl nicht genau bestimmen können, doch es hatte ihm nicht gefallen. Nicht, dass es eine Rolle gespielt hätte - Rocher war nun der befehlshabende Offizier, und Rocher hatte darauf bestanden, dass dieser Mann derjenige war, der den Vatikan retten würde. Rocher hatte sich offensichtlich getäuscht.

Wieder brandete Lärm in der Menge auf, und der Pilot wandte den Kopf zur Basilika, wo eine lange Reihe ernster Kardinale in einer feierlichen Prozession auf den Petersplatz kam. Die Erleichterung der Geistlichen, endlich den gefährlichen Ort hinter sich zu lassen, wich rasch befremdeten Blicken angesichts des Spektakels, das sich auf dem heiligen Platz abspielte.

Der Lärm wurde noch lauter. Der Pilot hatte das Gefühl, ihm müsse der Schädel platzen. Er benötigte dringend ein Aspirin. Oder besser gleich drei. Er flog nicht gerne unter dem Einfluss von Medikamenten, doch ein paar Aspirin machten sicher weniger fluguntauglich als diese rasenden Kopfschmerzen. Er griff nach dem Erste-Hilfe-Kasten in der Box zwischen den beiden Pilotensitzen, wo auch einige Karten und Handbücher aufbewahrt wurden, doch als er versuchte, den Deckel zu öffnen, fand er ihn verschlossen. Er suchte das Cockpit nach dem Schlüssel ab - vergebens. Er resignierte. Heute war offensichtlich nicht sein Glückstag. Er massierte erneut seine Schläfen.

Im Innern der dunklen Peterskirche mühten sich Langdon,

Vittoria und zwei Schweizergardisten mit ihrer schweren Last in Richtung Ausgang. Sie hatten auf die Schnelle nichts Besseres finden können; deshalb transportierten sie den verletzten Camerlengo auf einem schmalen Tisch, den sie wie eine Trage zwischen sich balancierten. Der Lärm der Menschenmassen draußen auf dem Platz hallte gedämpft herein. Der Camerlengo schwankte am Rand der Bewusstlosigkeit. Die Zeit lief ab.

Kapitel 116.

Es war dreiundzwanzig Uhr neununddreißig, als Langdon zusammen mit den anderen aus der Peterskirche kam. Das grelle Licht Dutzender Scheinwerfer blendete ihn. Es wurde vom hellen Marmor überall auf dem Platz reflektiert wie

Sonnenstrahlen von einer schneebedeckten Landschaft. Langdon blinzelte und versuchte, hinter den gewaltigen Säulen der Fassade Schutz zu finden, doch das Licht kam aus allen Richtungen. Direkt vor ihm ragte eine Anzahl riesiger

Videoschirme über die Köpfe der Menschen.

Langdon fühlte sich wie ein verunsicherter Schauspieler vor dem größten Publikum der Welt, wie er oben auf den Stufen der prachtvollen Treppe stand. Irgendwo, unsichtbar hinter dem gleißenden Scheinwerferlicht, hörte er einen startbereiten Helikopter und das Tosen hunderttausender Stimmen. Zu seiner Linken wurden die Kardinale aus dem Vatikan auf den Platz geführt. Bestürzt blieben sie stehen, als sie sahen, was sich nun auf der Treppe des Petersdoms abspielte.

»Vorsichtig!«, mahnte Leutnant Chartrand, als sich die

Gruppe mit dem verletzten Camerlengo die Treppe hinunter in Richtung Hubschrauber in Bewegung setzte.

Es war, als bewegten sie sich unter Wasser. Langdons Arme schmerzten vom Gewicht des Camerlengos und des Tisches. Noch würdeloser ging es kaum - doch einen Augenblick später wurde er eines Besseren belehrt. Die beiden BBC-Reporter hatten den Platz offensichtlich in Richtung der Übertragungsfahrzeuge überquert, doch als die Menge zu schreien begann, hatten sie kehrtgemacht und kamen ihnen entgegengerannt. Chinita Macri hatte die Kamera auf der

Schulter und filmte. Jetzt kommen die Aasgeier, dachte Langdon.

»Halt!«, brüllte Chartrand ihnen zu. »Gehen Sie zurück!«

Doch die Reporter hörten nicht auf ihn. Langdon schätzte, dass die anderen Sender vielleicht sechs Sekunden benötigen würden, um die neuerlichen Liveaufnahmen zu übernehmen. Er hatte sich verschätzt. Sie benötigten zwei. Als stünden sie durch eine Art universales Bewusstsein miteinander in Verbindung, verschwanden die Vatikan-Experten und der Countdown von jedem der riesigen Videoschirme, um ein und derselben Szene Platz zu machen: einem verwackelten Bild von den

Geschehnissen auf der Treppe des Petersdoms. Wohin Langdon auch schaute, überall erblickte er die reglose Gestalt des Camerlengos in Großaufnahme.

Das ist nicht recht, dachte Langdon. Er wollte die Treppe hinunterrennen und einschreiten, doch er konnte nicht. Außerdem hätte es nichts genützt. Ob es nun am Lärm lag, den die Menge verursachte, oder an der kühlen nächtlichen Luft - in diesem Augenblick geschah das Unfassbare.

Wie ein Mann, der aus einem Albtraum aufschreckt, riss der Camerlengo die Augen auf uid setzte sich kerzengerade hin. Völlig überrascht bemühten sich Langdon und die anderen, das unruhige Gewicht zu balancieren. Das Kopfende des Tisches kippte. Der Camerlengo begann zu rutschen. Sie versuchten, den Fall abzufangen, indem sie den Tisch hastig abstellten, doch es war bereits zu spät. Der Camerlengo rutschte vom Tisch. Unglaublicherweise fiel er nicht zu Boden. Seine Füße berührten den Marmor, und er stand schwankend da. Einen Augenblick schaute er desorientiert in die Runde, dann stolperte er vor, die Treppe hinunter und in Richtung von Chinita Macri, bevor irgendjemand ihn daran hindern konnte.

»Nein!«, rief Langdon.

Leutnant Chartrand rannte hinterher und versuchte den Camerlengo aufzuhalten, doch der Geistliche wandte sich mit wilden Blicken zu dem Gardisten um und fauchte: »Lassen Sie

mich!«

Chartrand zuckte zurück.

Es wurde noch schlimmer. Das zerrissene Gewand des Camerlengos, das die Wachen nur lose über seine Wunde auf der Brust gelegt hatten, begann zu rutschen. Einen Augenblick lang hoffte Langdon, dass es halten würde, doch dieser Augenblick verging. Das Gewand rutschte von Ventrescas Schultern auf die Hüften.

Das Ächzen der Menge schien in Sekundenschnelle einmal um den Globus zu gehen. Kameras wurden geschwenkt, und ein Blitzlichtgewitter brach los. Auf den Videoschirmen war die gebrandmarkte Brust des Camerlengos in Großaufnahme zu sehen, jedes schauerliche Detail. Einige Sender hielten das Bild an und drehten es um hundertachtzig Grad.

Der ultimative Sieg der Illuminati.

Langdon starrte auf das Brandzeichen auf den Schirmen. Es war der Abdruck des Eisens, das er wenige Minuten zuvor in der Hand gehalten hatte, doch erst jetzt ergab es einen Sinn. Unmissverständlich. Die furchtbare Bedeutung des Brandmals traf Langdon wie ein Vorschlaghammer.

Orientierung. Langdon hatte die erste Grundregel der Symbolologie vergessen. Wann ist ein Quadrat kein Quadrat? Außerdem hatte er vergessen, dass Brandeisen genau wie Stempel niemals wie ihre Abdrucke aussahen. Sie waren spiegelverkehrt. Langdon hatte auf das Negativ des Brandzeichens gestarrt, als er das Eisen in der Hand gehalten hatte!

Das Chaos auf dem Platz wurde unbeschreiblich, und ein altes Zitat der Illuminati erhielt mit einem Mal eine neue Bedeutung: Ein makelloser Diamant, geboren aus den Elementen und von solcher Perfektion, dass jeder, der ihn sieht, vor Staunen und Ehrfurcht erstarrt.

In diesem Augenblick wusste Langdon, dass der Mythos der