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»Sie sind verrückt!«, rief Vittoria.

»Ich habe Millionen gerettet!«

»Menschen wurden getötet!«

»Seelen wurden gerettet.«

»Sagen Sie das meinem Vater und Maximilian Kohler!«

»Die Arroganz von CERN musste der Öffentlichkeit vor Augen geführt werden. Ein Tropfen von einer Flüssigkeit, der einen halben Quadratkilometer verdampfen kann? Und Sie nennen mich verrückt?« Der Camerlengo spürte, wie Zorn in ihm aufstieg. Glaubten sie vielleicht, das hier sei eine schlichte Anklage? »Wer glaubt, unterzieht sich einer großen Prüfung für Gott! Gott hat von Abraham verlangt, seinen Sohn zu opfern! Gott hat von Jesus verlangt, die Kreuzigung zu ertragen! Das ist der Grund, weshalb das Kruzifix vor unser aller Augen hängt, blutig und mahnend - um uns an die Macht des Bösen zu erinnern! Damit unsere Herzen wachsam bleiben!

Die Narben auf dem Leichnam Jesu sind eine lebendige Erinnerung an die Mächte der Dunkelheit. Auch meine Narben sind eine lebendige Erinnerung! Das Böse lebt, doch Gottes Macht wird es besiegen!«

Seine Schreie hallten von den Wänden der Sixtinischen Kapelle wider; dann trat erneut tiefe Stille ein. Die Zeit schien stehen zu bleiben. Hinter ihnen war Michelangelos Jüngstes

Gericht mit Jesus, der die Sünder in die Hölle verbannte. In Mortatis Augen brannten Tränen.

»Was haben Sie getan, Carlo?«, fragte er so leise, dass es kaum zu hören war. Er schloss die Augen, und eine Träne rollte über seine Wange. »Seine Heiligkeit?«

Ein Seufzer ging durch das Kollegium. Jeder im Raum hatte es bis zu diesem Augenblick vergessen. Der Papst. Vergiftet.

»Ein schändlicher Lügner!«, sagte der Camerlengo.

Mortati schaute ihn an, als wäre seine Welt in Trümmer gefallen. »Was meinen Sie damit? Er war ehrenhaft! Er. er hat Sie geliebt!«

»Und ich ihn.« Oh, und wie ich ihn geliebt habe! Aber dieser schändliche Verrat! Die gebrochenen Eide gegenüber Gott!

Der Camerlengo wusste, dass sie ihn jetzt noch nicht verstehen konnten, doch das würde noch kommen. Wenn er es ihnen erzählt hatte, würden sie es sehen! Seine Heiligkeit war der niederträchtigste Lügner, den die Kirche je erlebt hatte! Der Camerlengo erinnerte sich noch immer an jene schreckliche Nacht. Er war von seiner Reise in die Schweiz zurückgekommen, mit der Nachricht von Leonardo Vetras Genesis und der grauenhaften Macht der Antimaterie. Der Camerlengo war sicher, der Papst würde die Gefahren erkennen, doch er hatte nur Hoffnung in Vetras Durchbruch gesehen. Er hatte sogar vorgeschlagen, dass der Vatikan die Arbeiten Vetras finanziell unterstützen sollte - als Geste des guten Willens gegenüber der wissenschaftlichen Forschung.

Wahnsinn! Die Kirche investierte in eine Forschung, die möglicherweise dazu führte, dass die Kirche selbst obsolet wurde? In eine Arbeit, die Massenvernichtungswaffen hervorbrachte? Die Bombe, die Carlos Mutter getötet hatte...

»Aber. das können Sie nicht!«, hatte der Camerlengo gerufen.

»Ich bin der Wissenschaft etwas schuldig«, hatte der Papst geantwortet. »Etwas, das ich mein Leben lang verschwiegen habe. Die Wissenschaft hat mir ein Geschenk gemacht, als ich ein junger Mann war. Ein Geschenk, das ich niemals vergessen habe.«

»Ich verstehe nicht. Was hat die Wissenschaft einem Mann Gottes zu bieten?«

»Es ist eine komplizierte Geschichte«, hatte der Papst geantwortet. »Es braucht Zeit, sie zu erklären. Aber zuerst musst du etwas über mich wissen, das ich dir all die Jahre verschwiegen habe. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass du es erfährst.«

Und dann hatte der Papst dem Camerlengo die unfassbare Wahrheit erzählt.

Kapitel 132.

Der Camerlengo lag zusammengekrümmt auf dem nackten Boden vor cfem Grab des heiligen Petrus. Es war kalt in der Nekropole, doch es half auch, das Blut zum Gerinnen zu bringen, das aus den Wunden floss, die er sich selbst beigebracht hatte. Hier unten würde Seine Heiligkeit ihn nicht finden. Niemand würde ihn hier unten finden.

»Es ist eine komplizierte Geschichte«, erklang die Stimme des Papstes in seinem Verstand. »Es braucht Zeit, sie zu erklären.«

Doch der Camerlengo wusste, dass keine Zeit der Welt reichen würde, um es zu erklären.

Lügner! Ich habe an dich geglaubt! Gott hat an dich geglaubt!

Mit einem einzigen Satz hatte der Papst die Welt des Camerlengos zum Einsturz gebracht. Alles, woran Carlo jemals geglaubt hatte, wurde vor seinen Augen vernichtet. Die Wahrheit bohrte sich mit einer solchen Wucht in sein Herz, dass er rückwärts aus dem päpstlichen Amtszimmer stolperte und sich in der Halle erbrach.

»Warte!«, hatte der Papst gerufen und war ihm eilig gefolgt. »So warte doch! Lass es mich erklären!«

Doch der Camerlengo war davongelaufen. Wie konnte Seine Heiligkeit erwarten, dass er noch mehr davon ertrug? Oh, diese elende Verderbtheit hinter alledem! Was, wenn jemand anders es herausfand? Welche Entweihung der Kirche! Bedeuteten die heiligen Eide des Papstes denn überhaupt nichts?

Dann übermannte ihn der Wahnsinn, kreischte in seinen Ohren, bis er vor dem Grab des heiligen Petrus wieder zu sich fand. Und dort war es auch, dass Gott mit furchtbarer Macht über ihn gekommen war.

ICH BIN EIN RACHSÜCHTIGER GOTT!

Gemeinsam hatten sie Pläne geschmiedet. Gemeinsam würden sie die Kirche beschützen. Gemeinsam würden sie dieser gottlosen Welt den Glauben wiedergeben. Das Böse lauerte überall. Und doch war die Welt blind geworden! Gemeinsam würden sie den Schleier des Bösen lüften, bis die ganze Welt es sah. und dann würde Gott über sie kommen. Grauen und Hoffnung. Die Welt würde wieder glauben.

Gottes erste Prüfung war weniger schrecklich, als der Camerlengo gedacht hätte. Er schlich sich in die päpstlichen Gemächer. zog die Spritze auf. bedeckte den Mund des Lügners mit einem Kissen, während sein Körper in Todeskrämpfen zuckte. Im Mondlicht sah der Camerlengo an den verzweifelten Augen des Papstes, dass dieser ihm etwas sagen wollte.

Doch es war zu spät.

Der Papst hatte genug gesagt.

Kapitel 133.

Der Papst hat ein Kind gezeugt.«

Der Camerlengo stand unerschütterlich in der Sixtinischen Kapelle, während er sprach. Sechs einzelne Worte; eine unfassbare Enthüllung.

Das Kollegium schien wie ein Mann zurückzuzucken. Die anklagenden Mienen der Kardinale verschwanden; stattdessen zeigte sich Entsetzen auf ihren Gesichtern, als betete jede Seele im Raum, der Camerlengo möge sich irren.

Der Papst hat ein Kind gezeugt.

Langdon spürte, wie der Schock auch vor ihm nicht Halt machte. Vittorias Hand in der seinen zuckte, als Langdons Verstand, bereits überlastet mit unbeantworteten Fragen, darum kämpfte, einen festen Halt zu finden.

Die Äußerung des Camerlengos schien eine Ewigkeit in der Luft zu hängen. Selbst in den wahnsinnigen Augen Ventrescas sah Langdon nichts als feste Überzeugung. Langdon versuchte sich einzureden, dass er sich irrt irgendeinem grotesken Albtraum befand und bald wieder in einer Welt erwachen würde, die vernünftig war, Sinn ergab.

»Das ist eine Lüge!«, rief einer der Kardinale.

»Das kann nicht sein!«, protestierte ein weiterer. »Seine Heiligkeit war der aufrichtigste Mann, den ich je gekannt habe.«

Dann sagte Mortati mit dünner, verzweifelter Stimme: »Meine Freunde, was der Camerlengo gesagt hat, ist die Wahrheit.«

Jeder Kardinal in der Kapelle fuhr zu ihm herum, als hätte Mortati eine Obszönität von sich gegeben. »Der Papst hat tatsächlich ein Kind gezeugt.«

Die Kardinale erbleichten.

Der Camerlengo sah den alten päpstlichen Zeremonienmeister wie betäubt an. »Sie wussten es? Aber. aber wie konnten Sie davon wissen?«