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»Sie sind Professor für religiöse Symbolologie an der Harvard University. Sie haben drei Bücher über Symbolologie

geschrieben und.«

»Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?«

»Bitte entschuldigen Sie. Ich habe etwas, das Sie sich ansehen müssen. Ich kann am Telefon nicht darüber sprechen.«

Ein ahnungsvolles Stöhnen drang über Langdons Lippen. Es war nicht das erste Mal, dass so etwas geschah. Eine der

Gefahren beim Schreiben von Büchern über religiöse

Symbolologie waren die Anrufe von religiösen Eiferern, die ihre jüngsten Zeichen Gottes von ihm bestätigt haben wollten.

Letzten Monat erst hatte eine Stripperin Langdon den besten Sex seines Lebens versprochen, wenn er nach Oklahoma fliegen und die Echtheit eines Kreuzes bestätigen würde, das auf magische Weise auf ihrem Bettlaken entstanden war. Das Leichentuch von Tulsa, hatte Langdon es genannt.

»Woher haben Sie meine Nummer?« Langdon bemühte sich, höflich zu bleiben, trotz der frühen Stunde.

»Aus dem Internet. Von der Web sei te, auf der Ihr Buch vorgestellt wird.«

Langdon runzelte die Stirn. Er war verdammt sicher, dass seine Telefonnummer nicht auf der Seite zu finden war. Der Mann log offensichtlich.

»Ich muss Sie treffen!«, beharrte der Anrufer. »Ich werde Sie großzügig entlohnen!«

Allmählich verlor Langdon die Geduld. »Es tut mir Leid, aber ich habe wirklich.«

»Wenn Sie auf der Stelle aufbrechen, könnten Sie gegen.«

»Ich werde nirgendwohin aufbrechen! Es ist fünf Uhr morgens!« Langdon warf den Hörer auf die Gabel und fiel zurück ins Bett. Er schloss die Augen und versuchte wieder einzuschlafen - vergebens. Seine Gedanken kreisten immer wiederum den Traum. Schließlich schlüpfte er in seinen Morgenmantel und ging nach unten.

Barfuß wanderte Robert Langdon durch das leere viktorianische Haus in Massachusetts, in der Hand sein traditionelles Mittel gegen Schlaflosigkeit - einen Becher dampfenden Nesquik. Der Aprilmond schimmerte durch die Erkerfenster und spielte auf den Orientteppichen. Langdons Kollegen witzelten oft, dass sein Haus mehr nach einem anthropologischen Museum aussah als nach einem Heim. Die Regale waren voll gestopft mit religiösen Artefakten aus der ganzen Welt - einem ekuaba aus Ghana, einem goldenen Kreuz aus Spanien, einem kykladischen Idol aus der Ägäis; sogar ein seltener gewebter boccus aus Borneo war darunter, das Kriegersymbol ewiger Jugend.

Als Langdon auf seiner messingbeschlagenen Maharischi Truhe saß und die warme Schokolade genoss, bemerkte er im Glas des Erkerfensters sein Spiegelbild. Es war verzerrt und bleich. wie ein Gespenst. Ein alterndes Gespenst, dachte Langdon und fühlte sich auf grausame Weise daran erinnert, dass sein jugendlicher Geist in einer sterblichen Hülle wohnte.

Obwohl im klassischen Sinn nicht ausgesprochen gut aussehend, besaß der fünfundvierzigjährige Langdon doch, was seine weiblichen Kolleginnen als die Anziehungskraft der »Weisheit« bezeichneten - graue Strähnen in dem dichten braunen Haar, durchdringend blaue Augen, eine fesselnde dunkle Stimme und das selbstbewusste, sorgenfreie Lächeln des Collegesportlers. Er war sowohl in der Vorbereitungsschule als auch am College als Turmspringer in der Schulmannschaft gewesen, und er besaß noch immer die Figur eines Schwimmers, kraftvoll und über einsachtzig groß, die er wachsam mit täglich fünfzig Bahnen im Becken der Universität trainierte.

Langdons Freunde waren nie ganz klug aus ihm geworden.

Ein Mann, der zwischen den Jahrhunderten gefangen war. An Wochenenden konnte man ihn in Bluejeans im Viertel treffen, wo er mit Studenten über Computergrafik oder Religionsgeschichte diskutierte; dann wieder sah man ihn in seinem Jackett aus Harris-Tweed mitsamt Paisley-Weste, wenn er zu Museumseröffnungen eingeladen wurde, Vorträge hielt oder für die Titelseiten teurer Kunstmagazine fotografiert wurde.

Obwohl Langdon ein strenger Lehrer und Zuchtmeister war, gehörte er doch zu jenen, die der »verlorenen Kunst von gutem, harmlosem Spaß« anhingen. Er genoss seine Freizeit mit einem ansteckenden Fanatismus, der ihm inter seinen Studenten eine fast brüderliche Anerkennung eingebracht hatte. Sein Spitzname auf dem Campus - »der Delfin« - war eine Anspielung nicht nur auf seine umgängliche Art, sondern auch auf die Fähigkeit, in ein Becken zu springen und in einem Wasserballspiel eine ganze gegnerische Mannschaft zum Narren zu halten.

Während Langdon dasaß und geistesabwesend in die Dunkelheit starrte, wurde die Stille seines Hauses erneut gestört, diesmal vom Klingeln des Faxgeräts. Zu erschöpft, um sich zu ärgern, stieß Langdon ein müdes Kichern aus.

Gottes Volk, dachte er. Seit zweitausend Jahren warten sie auf ihren Messias, und sie sind immer noch hartnäckig wie die Pest.

Übernächtigt brachte er den leeren Becher in die Küche und tappte von dort aus langsam in sein mit Eichenpaneelen verkleidetes Arbeitszimmer. Das angekommene Fax lag im Ausgabebehälter. Seufzend nahm er das Blatt und warf einen Blick darauf.

Im gleichen Augenblick stieg eine Welle von Übelkeit in ihm hoch.

Es war das Bild eines menschlichen Leichnams. Der Körper war splitternackt und der Kopf so weit verdreht, dass das Gesicht ganz nach hinten zeigte. Auf der Brust des Toten war

eine grässliche Brandwunde. Der Mann war gebrandmarkt worden. mit einem einzigen Wort. Es war ein Wort, das Langdon bestens kannte. Er starrte ungläubig auf die kunstvollen Buchstaben.

»Illuminati«, stammelte er, und das Herz schlug ihm bis zum Hals. Das kann nicht sein...

Wie in Zeitlupe, als fürchtete er, was seine Augen sehen würden, drehte er das Blatt um hundertachtzig Grad und betrachtete das Wort auf dem Kopf.

Ihm stockte der Atem. Es war, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Er traute seinen Augen nicht, als er das Fax erneut drehte und das Brandmal einmal auf dem Kopf und einmal richtig herum las.

»Illuminati«, flüsterte er.

Wie betäubt sank er in einen Sessel, wo er für ein paar Augenblicke in völliger Bestürzung verharrte. Nach und nach wurde sein Blick vom blinkenden roten Licht des Faxgeräts angezogen. Wer auch immer dieses Fax geschickt hatte, er war noch in der Leitung. wartete darauf, mit ihm zu sprechen. Lange Zeit starrte Langdon reglos auf das blinkende Licht.

Dann, mit zitternden Fingern, nahm er den Hörer ab.

Kapitel 2.

Schenken Sie mir jetzt Ihre Aufmerksamkeit?«, fragte die Stimme des Anrufers.

»Jawohl, Sir, darauf können Sie Gift nehmen! Würden Sie sich erklären?«

»Das habe ich vorhin bereits versucht.« Die Stimme klang steif, mechanisch. »Ich bin Physiker. Ich leite eine Forschungseinrichtung. Dort wurde ein Mord begangen. Sie haben den Leichnam gesehen.«

»Wie haben Sie mich gefunden?« Langdon konnte sich kaum konzentrieren. Sein Verstand raste, kreiste um das Bild auf dem Fax.

»Das habe ich Ihnen bereits gesagt. Dank des World Wide Web. Ich meine die Webseite Ihres Buches, Die Kunst der Illuminati. «

Langdon versuchte seine Gedanken zu sammeln. Sein Buch war in literarischen Kreisen praktisch unbekannt, auch wenn es online eine beträchtliche Anhängerschaft gewonnen hatte. Nichtsdestotrotz ergab die Behauptung des Anrufers keinen Sinn. »Auf der Webseite finden sich keine Kontaktinformationen«, widersprach Langdon herausfordernd. »Da bin ich ganz sicher.«

»Ich verfüge über eine Reihe von Mitarbeitern, die sehr geschickt sind, wenn es darum geht, Userinformationen aus dem Web zu beschaffen.«

Langdon blieb skeptisch. »Hört sich so an, als wüssten Sie und Ihre Leute eine ganze Menge über das Web.«

»Das sollten wir auch«, schoss der andere zurück. »Wir haben es erfunden.«

Irgendetwas in der Stimme des anderen verriet Langdon, dass