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Sie rannte in die Richtung des BBC-Wagens, und plötzlich tauchte vor ihr in der Menge ein junger Mann mit entschieden militärischer Haltung auf. Ihre Blicke begegneten sich, und beide blieben stehen. Der junge Mann riss ein Walkie-Talkie an den Mund und redete hastig hinein; dann setzte er sich erneut in Bewegung und kam auf sie zu. Chinita wirbelte herum und tauchte mit heftig pochendem Herzen in der Menschenmenge unter.

Während sie durch die Masse aus Leibern, Armen und Beinen stolperte, zerrte sie das Band aus ihrer Kamera. Reines Gold, dachte sie und stopfte es im Rücken unter ihren breiten Gürtel, wo es von der Jacke verdeckt wurde. Zum ersten Mal war sie froh, ein paar überflüssige Pfunde mit sich herumzuschleppen. Günther, wo zur Hölle bleibst du?

Ein weiterer Mann tauchte zu ihrer Linken auf und näherte sich. Chinita wusste, dass ihr nur noch wenig Zeit blieb. Sie wich erneut in die Menge zurück, während sie eine neue, leere Kassette aus ihrem Gehäuse riss und in die Kamera drückte. Jetzt konnte sie nur noch beten.

Sie war noch dreißig Meter vom BBC-Übertragungswagen entfernt, als zwei Männer mit verschränkten Armen direkt vor ihr auftauchten. Ihre Flucht war zu Ende.

»Den Film!«, rief einer. »Sofort!«

Chinita wich zurück und hielt die Arme schützend über ihre Kamera. »Keine Chance.«

Einer der Männer schlug seine Jacke zurück. Darunter kam eine Pistole zum Vorschein.

»Erschießen Sie mich«, fauchte Chinita und staunte über den Trotz in ihrer Stimme.

»Den Film!«, wiederholte der erste Mann.

Wo, zum Teufel, bleibt Günther, dachte sie verzweifelt. Sie stampfte mit dem Fuß auf. »Ich bin Journalistin und arbeite für die BBC!«, rief sie, so laut sie konnte. »Nach Artikel zwölf des Presserechts ist dieser Film Eigentum der British Broadcasting Corporation!«

Die Männer ließen sich nicht beeindrucken. Der mit der Waffe machte einen Schritt auf sie zu. »Ich bin Leutnant der Schweizergarde, und nach den Heiligen Gesetzen, die für den Grund und Boden gelten, auf dem Sie im Augenblick stehen, werde ich Sie festnehmen und einer Leibesvisitation unterziehen.«

Ringsum begann sich eine weitere Menschenmenge zu versammeln.

»Ich werde Ihnen den Film in dieser Kamera nicht aushändigen, bevor ich nicht mit meinem Redakteur in London gesprochen habe!«, protestierte Chinita. »Ich schlage vor,

Sie.«

Die Schweizergardisten hatten offensichtlich die Nase voll. Einer riss ihr die Kamera aus der Hand. Der andere packte sie brutal am Arm und schob sie in Richtung Vatikanstadt. »Grazie«, sagte er und manövrierte sie durch die dicht gedrängte Menge.

Chinita betete, dass man sie nicht durchsuchen und das Band finden würde. Wenn es ihr gelang, den Film lange genug zu schützen, um.

Dann geschah das Undenkbare. Irgendjemand aus der Menge griff von hinten unter ihre Jacke. Chinita spürte, wie die Kassette aus ihrem Gürtel gerissen wurde. Sie wirbelte herum, doch sie verschluckte ihren lauten Protest. Hinter ihr stand ein atemloser Günther Glick, zwinkerte ihr grinsend zu und tauchte in der Menge unter.

Kapitel 77.

Robert Langdon stolperte in das private Badezimmer, das ans Amtszimmer des Papstes angrenzte. Er wusch sich das Blut vom Gesicht und den Lippen. Es war nicht sein eigenes Blut. Es war das Blut von Kardinal Lamasse, der soeben mitten auf dem belebten Platz vor dem Petersdom auf grauenvolle Weise gestorben war. Jungfräuliche Opfer auf den Altären der Wissenschaft. Bis jetzt hatte der Mörder seine Drohungen in die Tat umgesetzt.

Langdon fühlte sich kraftlos, als er in den Spiegel sah. Seine Augen waren verhangen, und auf seinen Wangen zeigten sich Stoppeln. Das Badezimmer um ihn herum war makellos und luxuriös - schwarzer Marmor, goldene Armaturen, Baumwollhandtücher, duftende Seife.

Langdon versuchte, das Bild des blutigen Brandmals zu verdrängen, das er soeben gesehen hatte. Air. Luft. Das Bild blieb beharrlich. Er hatte drei Ambigramme gesehen, seit er an diesem Morgen aufgewacht war - und er wusste, dass noch zwei weitere auf ihn warteten.

Draußen vor der Tür fand eine erregte Debatte statt. Der Camerlengo, Hauptmann Rocher und Oberst Olivetti schienen darüber zu streiten, was als Nächstes zu tun sei. Allem Anschein nach war die Suche nach dem Antimateriebehälter bis zum jetzigen Zeitpunkt erfolglos gewesen. Entweder hatten die Schweizergardisten den Behälter übersehen, oder der Eindringling war tiefer in den Vatikan vorgedrungen, als Oberst Olivetti zugeben wollte.

Langdon trocknete sich Gesicht und Hände ab. Dann wandte er sich um und suchte nach einem Urinal. Es gab keins. Nur eine gewöhnliche Toilettenschüssel. Er hob den Deckel.

Während er dort stand, wich die Anspannung aus seinem Körper, und eine Welle der Erschöpfung breitete sich in ihm aus. Die Emotionen in seinem Innern waren zu widerstreitend, zu viele auf einmal. Er war müde, hatte zu lange nichts mehr gegessen, zu wenig geschlafen und war durch zwei Morde traumatisiert. So hatte er sich die Suche nach dem Weg der Erleuchtung nicht vorgestellt. Langdon spürte wachsendes Entsetzen darüber, was am Ende dieses Dramas möglicherweise herauskam.

Denk nach, spornte er sich an. Doch sein Verstand war leer.

Als er die Wasserspülung betätigte, kam ihm ein unerwarteter Gedanke. Das ist die Toilette des Papstes, dachte er und musste unwillkürlich kichern. Der heilige Thron.

Kapitel 78.

In London nahm eine BBC-Technikerin die Kassette aus dem Satellitenempfänger und rannte eilig damit los. Sie stürmte ins Büro des Chefredakteurs, drückte die Kassette in einen Rekorder und startete die Wiedergabe.

Während das Band lief, berichtete sie ihm von der Unterhaltung, die sie soeben mit Günther Glick in Rom geführt hatte. Zusätzlich hatte sie im Bildarchiv der BBC die Bestätigung für die Identität des Toten auf dem Petersplatz gefunden.

Als der Chefredakteur aus seinem Büro trat, läutete er eine große Glocke neben seiner Tür. Alles unterbrach seine Arbeit und sah zu ihm.

»Live um fünf!«, rief der Chefredakteur. »Ich möchte, dass alles vorbereitet wird! Medienkoordinatoren, holen Sie Ihre Kontakte an die Geräte! Wir haben eine Story zu verkaufen, und wir haben Filmmaterial!«

Die Koordinatoren griffen nach ihren Drehkarteien.

»Filmspezifikation?«, fragte einer.

»Dreißig-Sekunden-Zusammenschnitt«, antwortete der

Chefredakteur.

»Inhalt?«

»Mord. Live.«

Die Koordinatoren sahen hoffnungsvoll auf.

»Lizenzgebühren? Verwendung?«

»Eine Million US-Dollar pro.«

Köpfe ruckten in die Höhe. »Was?«

»Ihr habt mich gehört. Ich will die gesamte Spitze. CNN, MSNBC, die Großen Drei. Bieten Sie ihnen eine Vorschau an.

Geben Sie ihnen fünf Minuten Bedenkzeit, bevor BBC die Sache ausstrahlt.«

»Was ist passiert, verdammt?«, fragte jemand. »Wurde der Premierminister bei lebendigem Leib gehäutet?« Der Chefredakteur schüttelte den Kopf. »Besser.«

In genau diesem Augenblick, irgendwo in Rom, genoss der Hashishin einen flüchtigen Augenblick der Entspannung in einem behaglichen Sessel. Er bewunderte den legendären Raum, in dem er sich befand. Die Kirche der Erleuchtung, dachte er. Ich sitze in der Kirche der Erleuchtung. Im Schlupfwinkel der Illuminati. Er konnte nicht glauben, dass der Raum nach all den Jahrhunderten immer noch existierte.

Pflichtbewusst wählte er die Nummer des BBC-Reporters, mit dem er schon zuvor gesprochen hatte. Es wurde Zeit. Die Welt wusste noch nichts über die schockierendste Neuigkeit von allen.