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Kapitel 79.

Vittoria Vetra saß bei einem Glas Wasser und aß abwesend von dem Teegebäck, das einer der Gardisten hingestellt hatte. Sie hatte keinen Appetit, auch wenn es klüger gewesen wäre, etwas zu essen. Das Amtszimmer des Papstes war voller Menschen, die angespannt durcheinander redeten. Hauptmann Rocher, Oberst Olivetti und ein halbes Dutzend Schweizergardisten bewerteten die Lage und debattierten über ihren nächsten Zug.

Robert Langdon stand abseits am Fenster und starrte hinaus auf den Petersplatz. Er sah niedergeschlagen aus. Vittoria ging zu ihm. »Und? Haben Sie eine Idee?«

Robert schüttelte den Kopf.

»Gebäck?«

Seine Stimmung schien sich aufzuhellen, als er das Gebäck sah. »Ja, gerne. Danke sehr.« Er schlang das Teegebäck in sich hinein.

Die Unterhaltungen hinter ihnen verstummten plötzlich, und zwei Gardisten eskortierten Camerlengo Ventresca in das Zimmer. Der Camerlengo hatte vorher schon erschöpft ausgesehen, nun wirkte er völlig ausgebrannt.

»Was ist geschehen?«, fragte er Olivetti, doch nach seinem Gesicht zu urteilen, wusste er das Schlimmste bereits.

Olivettis offizielles Communique klang wie ein Kriegsbericht. Mit nüchterner Effizienz nannte er die Fakten. »Kardinal Ebner wurde kurz nach acht Uhr tot in der Kirche Santa Maria del Popolo gefunden. Er wurde erstickt und mit einem Ambigramm des Wortes>Erde<in englischer Sprache gebrandmarkt. Vor zehn Minuten wurde Kardinal Lamasse auf dem Petersplatz ermordet. Seine Brust wurde zweimal durchbohrt, Er wurde mit dem

englischen Wort für>Luft<gebrandmarkt, ebenfalls ein Ambigramm. Der Mörder konnte in beiden Fällen entkommen.«

Der Camerlengo durchquerte den Raum und setzte sich hinter den Schreibtisch des Papstes. Er senkte den Kopf.

»Die Kardinale Guidera und Baggia sind noch am Leben.«

Der Kopf des Camerlengos ruckte hoch. Schmerz stand auf seinem Gesicht. »Und das soll ein Trost sein? Zwei Kardinale wurden ermordet, Herr Oberst! Und die beiden noch lebenden werden ebenfalls sterben, falls es Ihnen nicht gelingt, sie vorher zu finden!«

»Wir werden sie finden!«, versicherte Olivetti. »Ich bin zuversichtlich, dass wir sie finden.«

»Zuversichtlich? Woher nehmen Sie diese Zuversicht, Oberst? Bisher hatten wir nichts als Fehlschläge!«

»Das stimmt nicht, Monsignore. Wir haben zwei Schlachten verloren, aber wir werden den Krieg gewinnen. Die Illuminati wollten diesen Abend zu einem Ereignis für die Medien machen. Bisher ist es uns gelungen, ihren Plan zu durchkreuzen. Wir haben die Leichname der beiden Kardinale ohne jeden Zwischenfall geborgen. Darüber hinaus«, schloss Oberst Olivetti, »berichtet Hauptmann Rocher, dass er bei der Suche nach der Antimaterie gute Fortschritte macht.«

Der Hauptmann trat vor. In Vittorias Augen sah er menschlicher aus als die anderen Gardisten - streng, doch nicht so unnahbar und steif. Rochers Stimme klang leidenschaftlich und klar wie eine Violine. »Ich bin guter Dinge, dass wir den gesuchten Behälter innerhalb der nächsten Stunde finden, Monsignore.«

»Hauptmann«, entgegnete der Camerlengo, »bitte entschuldigen Sie, wenn ich mich nicht Ihrem Optimismus anzuschließen vermag, doch ich hatte den Eindruck, dass eine gründliche Durchsuchung der gesamten Vatikanstadt mehr Zeit in Anspruch nehmen würde, als uns zur Verfügung steht.«

»Eine gründliche Suche, das trifft zu, Monsignore. Doch nachdem wir die Situation analysiert haben, gehe ich davon aus, dass der Behälter irgendwo in den weißen Zonen versteckt sein muss den Bereichen des Vatikans, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind, beispielsweise der Petersdom selbst und die Museen. Wir haben bereits den Strom in den entsprechenden Bereichen abgeschaltet und sind dabei, sie zu durchsuchen.«

»Sie wollen nur einen kleinen Bereich der Vatikanstadt absuchen?«

»Jawohl, Monsignore. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass sich ein Eindringling Zutritt in die inneren Bereiche der Vatikanstadt verschaffen konnte. Die Tatsache, dass die verschwundene Kamera aus einem öffentlich zugänglichen Bereich gestohlen wurde - aus einem Treppenhaus in einem der Museumsgebäude - untermauert die Vermutung, dass der Täter nur beschränkten Zugang besaß. Daher kann er die Kamera nur innerhalb der öffentlich zugänglichen Bereiche versteckt haben, womit auch der Behälter dort zu suchen ist. Und genau auf diese Bereiche konzentrieren wir unsere Suche, Monsignore.«

»Aber der Eindringling hat vier unserer Kardinale entführt! Dazu muss er tiefer in Vatikanstadt eingedrungen sein, als es auf den ersten Blick scheint.«

»Nicht notwendigerweise, Monsignore. Wir sollten nicht vergessen, dass die Kardinale einen großen Teil des Tages in den Vatikanischen Museen und im Petersdom verbracht haben -zu den Zeiten, als es keinen Publikumsverkehr gab. Höchstwahrscheinlich wurden die vier preferiti bei einer dieser Gelegenheiten entführt.«

»Aber wie wurden sie aus den Mauern der Vatikanstadt geschafft?«

»Das wissen wir noch nicht, Monsignore.«

»Ich verstehe.« Der Camerlengo atmete tief durch und erhob sich. Er ging zu Oberst Olivetti. »Herr Oberst, ich würde gerne erfahren, wann und wie Sie die Evakuierung durchzuführen gedenken.«

»Wir arbeiten noch daran, Monsignore. Allerdings bin ich fest davon überzeugt, dass Hauptmann Rocher diesen Behälter rechtzeitig finden wird.«

Der Hauptmann schlug angesichts dieser Vertrauensbezeugung seines Vorgesetzten die Hacken zusammen. »Meine Männer haben bereits zwei Drittel der weißen Zonen abgesucht. Wir sind zuversichtlich, Monsignore.«

Der Camerlengo teilte diese Zuversicht ganz offensichtlich nicht.

In diesem Augenblick betrat der Gardist mit der Narbe unter dem Auge das Amtszimmer. Er trug einen Stadtplan und ein Klemmbrett bei sich und kam damit zu Langdon. »Signore Langdon? Ich bringe die Informationen über West Ponente, um die Sie gebeten haben.«

Langdon schluckte den letzten Bissen seines Gebäcks hinunter. »Sehr gut. Dann wollen wir mal einen Blick darauf werten.«

Die anderen redeten weiter, während Vittoria sich zu Langdon und dem Gardisten gesellte. Sie breiteten den Stadtplan auf dem päpstlichen Schreibtisch aus.

Der Gardist deutete auf den Petersplatz. »Wir befinden uns hier. Die mittlere Linie der Windgestalt von West Ponente deutet genau nach Osten, weg von der Vatikanstadt.« Der Gardist zog eine Linie vom Petersplatz über den Tiber und in das Herz des alten Rom. »Wie Sie sehen, führt die Linie beinahe durch ganz Rom hindurch. Es gibt fast zwanzig katholische Kirchen in unmittelbarer Nähe dieser Linie.«

Langdon ließ die Schultern hängen. »Zwanzig?«

»Vielleicht auch mehr.«

»Und wie viele davon befinden sich direkt auf dieser Linie?«

»Einige scheinen näher daran als andere«, erwiderte der Gardist, »doch die exakte Richtung von West Ponente aus lässt einigen Spielraum für Fehler.«

Langdon wandte sich ab und schaute einen langen Augenblick auf den Petersplatz hinunter. Dann strich er sich übers Kinn und runzelte die Stirn. »Wie steht es mit Feuer? Gibt es in einer dieser Kirchen Bernini-Kunstwerke, die mit Feuer zu tun haben?«

Schweigen.

»Was ist mit Obelisken?«, fragte Langdon. »Gibt es einen Obelisken in der Nähe einer dieser Kirchen?«

Der Gardist suchte auf dem Stadtplan.

Vittoria bemerkte einen neuen Hoffnungsschimmer in Langdons Augen und wusste, was er dachte. Er hat Recht! Die beiden ersten Wegweiser hatten sich ganz in der Nähe von Obelisken befunden! Vielleicht waren Obelisken ein wichtiger Hinweis! Hoch erhobene Pyramiden, die den Weg der Illuminati markierten! Je länger Vittoria darüber nachdachte, desto schlüssiger kam ihr der Gedanke vor - vier hoch über das umgebende Rom aufragende steinerne Male als Zeichen für die Altäre der Wissenschaft.