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»Sie können auch auf dem Landweg kommen«, knurrte Trollbane. »Vergesst das nicht.«

»Aye, das ist wahr«, stimmte Lothar zu. »Wir haben sie das erste Mal im Osten erwischt. In der Nähe der Sümpfe des Elends. Sie hatten ganz Azeroth durchquert, um Stormwind zu erreichen. Wenn sie sich nach Norden wenden, können sie die Brennenden Steppen und die Berge überqueren und sich Lordaeron von Süden her nähern.«

»Von Süden?«, fragte Genn Graymane. »An uns kommen sie nicht vorbei! Ich werde jeden, der versucht, meine Südküste einzunehmen, vernichten!«

»Ihr versteht nicht.« Lothar sah müde aus und klang auch so. »Ihr seid ihnen noch nicht gegenüber getreten. Ihre Anzahl und ihre Stärke sind deshalb für Euch nur schwer einzuschätzen. Aber ich sage Euch, Ihr könnt nicht gegen sie bestehen.« Er schaute die versammelten Monarchen voller Stolz und Kummer an. »Stormwinds Armee war erstklassig«, versicherte er ihnen. »Meine Krieger waren gut ausgebildet und im Kampf geübt. Wir waren den Orcs schon früher entgegengetreten und hatten sie auch geschlagen. Aber das war nur ihre Vorhut gewesen. Der Horde gegenüber fühlen wir uns wie verwirrte Kinder, wie alte Männer… wie reifes Gemüse.« Seine Stimme war brüchig, seine Worte transportierten eine bittere Überzeugung. »Sie werden über die Berge hinwegströmen und dann über Euch und Eure Länder herfallen.«

»Was sollten wir dann gegen sie tun können?«, fragte Erzbischof Faol. Seine souveräne Stimme beruhigte die aufgeheizten Gemüter im Saal. Niemand wurde gern ein Narr geheißen, erst recht kein König. Und das vor allen Dingen nicht vor Gleichgestellten.

»Wir müssen uns verbünden«, sagte Lothar. »Keiner von Euch kann es allein mit ihnen aufnehmen. Aber wir alle zusammen… könnten es schaffen.«

»Ihr sagt, dass sich diese Bedrohung nähert, und das will ich gar nicht bestreiten«, merkte Perenolde an. Seine glatte Stimme fiel zwischen den anderen Königen auf. »Und Ihr sagt, dass wir uns zusammenschließen müssen, um die Bedrohung zu beenden. – Doch ich frage mich, habt Ihr auch andere Mittel erprobt, um den Konflikt zu lösen? Sicherlich sind diese… Orcs… der Vernunft zugängliche Kreaturen. Sicherlich verfolgen auch sie ein Ziel. Vielleicht können wir ja mit ihnen verhandeln?«

Lothar schüttelte den Kopf. Seine gequälten Gesichtszüge demonstrierten allzu deutlich, für wie töricht er diese Diskussion hielt. »Sie wollen die Welt, unsere Welt«, antwortete er langsam, als würde er mit einem naiven Kind sprechen. »Sie werden sich mit nichts Geringerem zufrieden geben. Wir haben Kundschafter ausgeschickt, Boten, Botschafter.« Er verzog die Lippen zu einem düsteren, harten Lächeln. »Die meisten kamen in Einzelteilen zurück. Wenn sie denn zurückkehrten.«

Khadgar beobachtete, wie sich einige der Könige unterhielten. Aus dem Tonfall der Gespräche schloss er, dass sie das Ausmaß der Gefahr, in der sie alle schwebten, immer noch nicht begriffen hatten. Er seufzte und trat vor. Dabei fragte er sich, warum sie ihm wohl eher zuhören sollten als Lothar. Aber er musste es wenigstens versuchen.

Glücklicherweise trat noch jemand nach vorne. Und obwohl er eher ein Gewand als eine Rüstung trug, strahlte diese Person deutlich mehr Autorität aus.

»Hört mich an!«, rief Antonidas. Seine Stimme war dünn, vermochte aber immer noch in ihren Bann zu ziehen. Er hob seinen geschnitzten Stab, und die Spitze leuchtete, was die anwesenden Männer verwirrte. »Hört mich an!«, verlangte er erneut, und dieses Mal verstummten alle. »Ich habe schon vorher Berichte über diese Bedrohung erhalten«, erklärte der Erzmagier. »Die Zauberer von Azeroth waren zuerst fasziniert und dann entsetzt über das Aussehen der Orcs. Sie sandten uns viele Briefe mit Informationen und der Bitte um Hilfe.« Er runzelte die Stirn. »Ich befürchte, wir haben ihnen nicht gut genug zugehört. Wir erkannten ihre Gefahr, hielten die Orcs jedoch für nur wenig mehr als eine lokale Plage, die sich auf den Kontinent beschränkte. – Offenbar haben wir uns getäuscht. Ich kann euch versichern, dass sie hoch gefährlich sind. Wir haben die Worte des Helden von Stormwind missachtet – und ich vermute, zu unserem eigenen Nachteil.«

»Wenn sie so gefährlich sind, warum haben sich die Zauberer dort nicht um sie gekümmert?«, wollte Graymane wissen. »Warum haben sie nicht ihre Magie benutzt, um dem ein Ende zu machen?«

»Weil auch die Orcs über Magie verfügen«, konterte Antonidas. »Wirksame Magie. Die meisten ihrer Hexenmeister sind zwar schwächer als unsere Magier. Zumindest den Berichten nach, die meine Kameraden übermittelt haben. Doch sie sind uns zahlenmäßig weit überlegen und können zusammenarbeiten. Das ist unseren Leuten leider nie leicht gefallen.«

Khadgar war sicher, dass er einige Bitterkeit in der Stimme des alten Magiers mitschwingen hörte, und er verstand ihn gut. Wenn es etwas gab, was jedes Mitglied der Kirin Tor zu schätzen wussten, dann war es die eigene Unabhängigkeit. Auch nur zwei Zauberer dazu zu bringen, gemeinsam zu arbeiten, war bereits enorm schwierig. Und der bloße Gedanke, mehr als zwei gemeinsam wirken zu lassen, lag jenseits aller Vorstellungskraft.

»Unsere Zauberer haben zurückgeschlagen«, erklärte Lothar. »Sie haben das Ruder in mehreren Schlachten herumgerissen. Aber der Erzmagier hat Recht. Es waren viel zu wenige, um effektiv sein zu können. Für jeden Hexenmeister, den wir töteten, kam einer, der seinen Platz einnahm – und noch zwei weitere mit ihm. Sie reisten mit den Vorhuttrupps und den kleineren Armeen, die sie vor Angriffen schützten. Dabei nutzten sie ihre Magie, um die Kraft der Krieger zu verstärken.« Er runzelte die Stirn. »Unser größter Zauberer, Medivh, verfiel der Finsternis der Horde. Die meisten unserer Magier waren auch verloren. Ich bezweifle, ob Magie allein sie zur Umkehr bewegen kann.«

Khadgar fiel auf, dass Lothar unerwähnt ließ, wie oder warum Medivh gestorben war und bewunderte das Taktgefühl des Kriegers. Ihm entging nicht der scharfe Blick, den Antonidas in seine Richtung warf und unterdrückte ein Seufzen. Irgendwann würde der Rat der Kirin Tor eine vollständige Erklärung der Sachlage verlangen. Khadgar wusste, dass sie sich dann mit nichts weniger als der Wahrheit zufrieden geben würden. Und er vermutete, dass es tödlich für sie alle enden konnte, wenn sie etwas zurückhielten – weil es eng mit der Anwesenheit der Horde und früheren Ereignissen verknüpft war.

»Ich finde es merkwürdig«, säuselte Perenolde, »dass ein Fremder sich so um unser Überleben sorgt.« Er grinste selbstgefällig, als er Lothar ansah.

Khadgar musste sich beherrschen, um den Bart des Königs nicht in Brand zu stecken. »Verzeiht, wenn ich den Daumen in offene Wunden lege. Aber Euer Königreich ist verschwunden, Euer König tot, Euer Prinz noch ein Knabe… und Euer Land wurde überrannt. Stimmt das nicht?«

Lothar nickte zähneknirschend. Es bedurfte einiger Selbstbeherrschung, dem arroganten König nicht den Kopf abzubeißen.

»Ihr habt uns von dieser Bedrohung berichtet, dafür sind wir dankbar. Aber dann sprecht Ihr immer wieder davon, was wir tun müssen und wie wir uns zu vereinigen haben…« Perenolde blickte sich übertrieben auffällig im Thronsaal um.

Varian war nicht anwesend. Terenas hatte ihn aufgenommen und behandelte den aus der Bahn geworfenen Prinzen wie ein Mitglied seiner eigenen Familie. Lothar und Terenas hatten gemeinsam beschlossen, dass der Junge von der weiteren Untersuchung verschont bleiben sollte.

»Ich sehe hier niemanden aus Eurem Königreich. Und Ihr selbst habt gesagt, dass der Prinz noch ein Knabe ist und das Land besetzt wurde. Wenn wir uns also tatsächlich dazu entschließen würden, uns zu vereinen, was könntet Ihr dazu beitragen? Abgesehen von Eurem eigenen Können, selbstverständlich.«

Lothar öffnete den Mund, um voller Wut zu antworten. Aber er wurde erneut unterbrochen. Überraschenderweise von König Terenas.

»Ich toleriere es nicht, wenn meine Gäste derart beleidigt werden«, verkündete Lordaerons Herrscher. Seine Stimme war schneidend wie Stahl. »Dieser Mann hat uns von großer persönlicher Gefahr berichtet und uns damit nichts anderes als Ehre und Hingabe ohne Rücksicht auf seinen persönlichen Kummer bewiesen!«