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Kyles Schreckensschrei wurde zu einem entsetzten Keuchen. Er sackte zurück, schlug die Hände vor das Gesicht und stöhnte leise.

»Verdammt!« sagte Skudder. »Das hätte nicht passieren dürfen!«

Er fuhr herum und blickte wütend auf den Megamann herab. »Wohin führt dieser Transmitter?« herrschte er ihn an.

Kyle sah zu dem Hopi auf. Sein Gesicht verriet kein Gefühl.

Aber plötzlich glaubte Charity, wieder dieses tiefe, grenzenlose Entsetzen in seinen Augen zu lesen.

»Nirgendwohin«, antwortete er leise.

Skudder machte eine ärgerliche Handbewegung. »Was soll das heißen - nirgendwohin?«

»Es ist nur ein Empfänger«, murmelte Kyle. »Das hier ist Shai. Ein Ort, in den nur Wege hineinführen. Keine hinaus.«

Der Hopi blickte Kyle weiter verständnislos an, während Charity abermals ein eisiges Entsetzen fühlte, als sie begriff, was die Worte des Megamannes bedeuteten.

»Du meinst, es ... gibt keinen ... keinen zweiten Empfänger?« vergewisserte sie sich.

Kyle schüttelte den Kopf. »Nein«, murmelte er. »Der Transmitter führt ... nirgendwohin.«

»Soll das heißen, daß sie tot ist?« fragte Skudder.

Kyle nickte, ohne ihn anzusehen.

»Er lügt!« quengelte Gurk. »Glaubt ihm kein Wort!«

»Wenn du so sicher bist, Knirps«, sagte Net freundlich, »dann sollten wir dich vielleicht hinterherwerfen, damit du nachsiehst, was auf der anderen Seite wirklich ist.« Was natürlich nicht ernst gemeint war - aber es reichte, Gurk endgültig zum Verstummen zu bringen. Er zog eine Grimasse, streckte der Wasteländerin die Zunge heraus und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

»Also los«, sagte Skudder, »verschwinden wir von hier.«

Sie halfen Kyle dabei, aufzustehen. Seine Haut fühlte sich sehr weich an, fast schwammig. Gleichzeitig war sie so heiß, daß ihre Berührung beinahe schon weh tat. Offensichtlich war der unheimliche Heilungsprozeß seines Metabolismus nur äußerlich abgeschlossen. Charity fragte sich flüchtig, was ein Biologe des 20. Jahrhunderts wohl dafür gegeben hätte, diesen Mann auch nur für eine Stunde unter seine Röntgengeräte und Scanner zu bekommen. Wahrscheinlich hätte er schlichtweg den Verstand verloren, wäre es ihm gelungen.

Sie warf einen nachdenklichen Blick auf die Tür, durch die die Ameisen und die Priesterin hereingekommen waren. Der Gang war noch immer leer. Sie hätte eine Menge darum gegeben, einen Blick hinter eine der zahllosen anderen Türen zu werfen, die von dem schlecht beleuchteten Korridor abzweigten. Dieses war aber ganz eindeutig ein von Menschen erbautes Gebäude und doch ... Sie fühlte wieder dieses unheimliche Schaudern, das sie jedesmal überkam, wenn sie sich den Wesen oder Maschinen von Moron näherte. Sie wandte sich rasch ab.

»Also los.« Sie deutete auf Kyle. »Du gehst voraus.«

Der Megamann nickte. Die kränkliche Blässe seiner Haut schien noch zuzunehmen, als er durch die niedrige Tür ging und in das unheimliche, türkisfarbene Licht dieses falschen Himmels geriet. Charity sah, wie Gurk hinter den Megamann treten wollte, und verstellte ihm mit einem raschen Schritt den Weg. Ungeachtet der Tatsache, daß sie sich fast ununterbrochen stritten, genoß der Zwerg ihr uneingeschränktes Vertrauen. Aber im Augenblick hätte es sie nicht sehr überrascht, hätte er ihren Befehl schlichtweg mißachtet und Kyle bei der ersten sich bietenden Gelegenheit in die Tiefe gestoßen.

Die Tür führte auf die Überreste eines kleinen Balkons hinaus, der vor Urzeiten einmal ein Geländer gehabt haben mochte, jetzt aber an drei Seiten von nichts anderem als grün leuchtender Luft eingerahmt wurde. Eine schmale, rostige Metalltreppe führte in die Tiefe. Als dieses Haus noch ein Haus und keine Ruine gewesen war, mußte es sich wohl um eine Feuertreppe gehandelt haben. Die altersschwache Konstruktion ächzte und wankte bedrohlich unter ihrem Gewicht, und mehr als einmal mußten sie haarsträubende Klettereien über ein Gewirr aus zerborstenen, halb zerschmolzenen und halb durchgerosteten Stahltrümmern hinter sich bringen. Sie kamen an mehreren Balkonen vorbei, deren Türen offenstanden oder gar nicht mehr vorhanden waren. Charity warf neugierige Blicke ins Innere des Hauses. Die meisten Räume waren leer, voller Staub und Unrat. Aber hinter einigen gewahrte sie auch fremdartige Konstruktionen, Errungenschaften einer Technik, die ihr vollkommen fremd waren und deren bloßer Anblick sie mit Unbehagen und Furcht erfüllte.

Endlich hatten sie die Straße erreicht und blieben keuchend stehen, um wieder Atem und Kraft zu schöpfen. Selbst Skudder wankte vor Müdigkeit, und Kyle taumelte kraftlos gegen eine Wand und sackte langsam zu Boden.

Charity blickte sich schaudernd um. Das Licht war hier am Grunde der grün-violett überwucherten Straßenschlucht merklich dunkler, und die falschen Farben und die Düsternis füllten die Ruinen und den fremdartigen Dschungel mit Bewegungen, die nicht wirklich existierten. Selbst aus der Nähe betrachtet, waren die Häuser zum Teil kaum noch als das zu erkennen, was sie einmal gewesen waren. Überall bedeckten Pflanzen als dünne, aber fast lückenlose Decke den Boden. Es gehörte nicht sehr viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, daß sie sich wirklich in einer fremden Welt befanden. Und im Grunde war es auch so. Dieser Planet hatte kaum mehr Ähnlichkeit mit der alten, vertrauten Erde. Welcher Natur die Veränderung auch immer war, die die Moroni mit diesem Stück der Welt vorgenommen hatten, sie war schrecklicher und grundlegender als alle Zerstörungen, die ihr erster Überfall hinterlassen hatte.

»Wohin jetzt?« fragte Skudder.

Charity sah sich noch einmal unschlüssig um. Verdammt! Sie hatte keine Ahnung, wo sie waren, geschweige denn, wohin sie gehen sollten. Schließlich zuckte sie mit den Achseln und deutete mit einer wenig entschlossenen Geste auf die Silhouette des Eiffelturmes. »Dorthin!« Es gab keinen bestimmten Grund für diese Entscheidung, es war nur der Versuch, irgend etwas zu unternehmen.

»Nein!«

Aller Blicke wandten sich überrascht Kyle zu. Der Megamann hatte sich wieder aufgerichtet, lehnte aber noch immer an der Wand. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß. »Nicht dort hin. Ihr würdet ihnen ... direkt in die Arme laufen.« Er hob den Arm und deutete nach Westen. »Die Freie Zone liegt dort.«

»Freie Zone? Was soll das sein?«

Kyle antwortete nicht auf Skudders Frage. Und Gurk nutzte die Gelegenheit, wieder zu einer seiner Tiraden anzusetzen:

»Der Kerl lügt doch! Wahrscheinlich ist das die einzige Richtung, in denen wir seinen Freunden direkt entgegengehen.«

»Möglich«, antwortete Charity achselzuckend. »Aber weißt du was, Gurk? Es gibt eine todsichere Methode, das herauszufinden - wir probieren es aus.«

3

Der Dschungel war im Laufe der letzten beiden Stunden immer dichter geworden. Jean hatte sich noch nie so weit von der Freien Zone entfernt. Er hätte vermutlich schon auf der halben Strecke hoffnungslos die Orientierung verloren, hätte er nicht den kleinen Kompaß gehabt, den er aus der Festung mitgenommen hatte. Aber trotz dieses Gerätes blieb er immer öfter stehen und sah sich unschlüssig um.

Einerseits war er völlig sicher, sich nicht verirrt zu haben. Andererseits war da diese Stimme in seinem Inneren, die ihm erklärte, daß er ein kompletter Idiot sei und den Rückweg niemals finden würde. Es gab eine Menge Gründe, dieser Stimme zu glauben. Viele, die in den Dschungel gegangen waren, kehrten nie wieder zurück.

Zu allem Überfluß war er in der letzten halben Stunde fünfmal angegriffen worden - das letzte Mal von einer Kreatur, die er niemals zuvor zu Gesicht bekommen hatte und der er nur entkommen war, weil sie offensichtlich genauso blöd wie stark sein mußte. Als der chitingepanzerte Koloß auf seinen vielen Beinen herangewirbelt kam, war Jean zurückgetaumelt und über eine Wurzel gestolpert. Er war gestürzt und einen Moment benommen liegengeblieben, und offensichtlich hatte schon diese Reglosigkeit ausgereicht, das Riesenvieh jegliches Interesse an der Zwischenmahlzeit verlieren zu lassen, die der kleine Zweibeiner für sie darstellte.