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Ein von Goldstein Aufgesuchter und wieder Verlassener war einmal von der Polizei aufgefordert worden, ihn zu Identifizie­rungszwecken zu beschreiben, und mußte ablehnen. Er konnte sich nur an das Taschentuch vor Goldsteins Mund erinnern und brachte ihn damit vorübergehend in den gänzlich unge­rechtfertigten Verdacht, einen Raubüberfall geplant zu haben. Nichts liegt Goldstein ferner. Er erscheint zwar überfallartig, aber er raubt nicht. Im Gegenteil, er läßt etwas zurück: Leitern,

Eimer, Zeitungspapier.

Die Zahl der Goldstein-Opfer beträgt derzeit etwas über hun­dert. Wir haben uns zu einem Verein mit dem Titel »Die Ritter der Türtafelrunde« zusammengeschlossen. Unser Doyen ist ein angesehener Schriftsteller. Er wartet auf Goldsteins Wie­derkunft bereits seit achtzehn Monaten, das geht aus dem Da­tum der bei ihm zurückgelassenen Zeitungen klar hervor.

Zu unseren Diskussionsthemen gehört die Frage, wovon Goldstein lebt und wo er so viele Leitern her hat.

Wir kamen überein, daß er einen Computer haben muß, sonst hätte er längst den Überblick verloren. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er von Vorschüssen.

Nachforschungen unseres Exekutivkomitees ergaben, daß Goldstein an einem für ihn typischen Arbeitsmorgen gleichzei­tig in sieben Wohnungen erschienen war, eine davon im nörd­lichen Nazareth. Angeblich wurde auch Mahmud beim Aus­heben einer Türe in Galiläa gesichtet, während er am Strand Ping-Pong spielte.

Da es mir immer schwerer fiel, mich an ein Leben zwischen Eimern und alten Zeitungen zu gewöhnen, stellte ich in unse­rer letzten Vorstandssitzung den Antrag, Goldstein durch sy­stematische Suchaktionen stellig zu machen. Unsere Mitglie­der sollten miteinander ständig Kontakt halten, zum Teil durch Sprechfunkgeräte, und sobald Goldstein irgendwo aufkreuzte, würden wir ihn mit Suchhunden einkreisen. Friedländer, der über einen kräftigen Bariton verfügt, wurde mit dem Zuruf beauftragt:

»Sie sind umzingelt, Goldstein! Widerstand ist zwecklos! Er­geben Sie sich!«

In den anschließenden Verhandlungen wird Goldstein natür­lich versuchen, sich durch die Zusage, morgen ganz bestimmt zu erscheinen, aus der Schlinge zu ziehen. Aber darauf gehen wir nicht ein. Wir schicken ihm einen Wagen mit Chauffeur. Goldstein windet sich. Er bietet uns Mahmud als Geisel an. Nichts da! Njet und abermals njet. Er braucht Terpentin? Wir werden es zu seiner Arbeitsstätte schaffen.

Am Abend bekommt er zwei Glas Milch, eines für Mahmud. Und übernachten muß er im Badezimmer...

Träumereien. Leere Phantasmagorien. Wenn wir das Haus, in dem wir Goldstein entdeckt haben, endlich stürmen, ist Gold­stein verschwunden. Wahrscheinlich stellt er gerade an der Schwelle eines Wohnzimmers in Herzlia seine Leiter auf. Und Mahmud beginnt im Farbtopf zu rühren. 

Trommeln und Tschinellen

Vor einiger Zeit waren wir wieder einmal bei den Spiegels eingeladen, unseren guten und nahrhaften Freunden. Während wir uns durch das hervorragende Abendessen hindurchkauten, fragte uns die Gastgeberin, ob wir nicht ein wenig stereopho­nische Musik hören möchten. Ohne unsere Antwort abzuwar­ten, schaltete sie den Apparat ein, und im nächsten Augenblick flutete von allen Seiten Musik durch den Raum. Aus dem Lautsprecher in der rechten Ecke des Zimmers drangen gewal­tige Mengen von Blech, von links kamen Zimbeln und Trom­meln in der Stärke von ungefähr 12 Megatoneinheiten. Hastig würgten wir die letzten Bissen hinunter und sausten ab, noch mehrere Straßenzüge lang von dröhnenden Paukenschlägen verfolgt.

Zu Hause wandte sich die beste Ehefrau von allen an mich: »Ephraim - warum haben wirkein Stereo?«

»Erstens«, antwortete ich, »ist unser Plattenspieler sehr gut. Und zweitens«, antwortete ich, »hast du offenbar vergessen, daß wir uns vorgenommen haben, in der nächsten Zeit keine überflüssigen Luxusgüter anzuschaffen.«

Der Tontechniker Avigdor, dem ich am nächsten Tag zufällig in seinem Laden begegnete, dampfte nur so von Höflichkeit und Sachverstand. Er erklärte mir die Nachteile der lächerli­chen altmodischen Plattenspieler, die nichts als Mono hervor­brächten - und das sei in unserem technisch fortgeschrittenen Zeitalter einfach untragbar. Sogar der staatliche Rundfunk sende nur noch Stereomusik, sagte er. Dann führte er mir das neueste, soeben eingetroffene Modell vor, das er als »automa­tischen Stereoplattenspieler« bezeichnete, und händigte mir eine farbige Broschüre ein, die eine genaue Beschreibung des kleinen Wunders enthielt:

»Vertikale und horizontale Tonarmeinstellung«, hieß es dort unter anderem. »Oszillograph-kontrollierter fotoelektrischer Stromkreis mit Servosystem und Digital-Computer auf Patro­nenbasis.«

Ich machte Avigdor darauf aufmerksam, daß ich keinen Ae­roplan kaufen wollte, sondern einen Plattenspieler. Er entgeg­nete mir, daß dieses Modell eines der einfachsten und billig­sten auf dem Markt sei. Ich erwarb es gegen eine erhebliche Anzahlung und 36 Monatsraten.

Zu Hause legte ich unsere einzige Stereoplatte, den Parade­marsch des Nahalregiments, auf den automatischen Stereoplat­tenteller, im folgenden kurz ASP genannt, und wartete. - Nichts geschah. Man hörte nur das leise Summen der Nadel.

Meine Familie reagierte auf die stereophonische Stille durch­aus unfreundlich, und mein Sohn Amir, der bekanntlich rot­haarig ist, gab der Vermutung Ausdruck, daß ich einen Plat­tenspieler für Taubstumme gekauft hätte, hahaha.

Ich rief Avigdor an und teilte ihm mit, daß der ASP, der in seinem Laden so wunderschön geklungen hatte, bei uns zu Hause keinen Ton von sich gab.

»Das darf Sie nicht wundern, lieber Herr«, belehrte mich Avigdor. »Seit wann funktionieren Plattenspieler ohne Laut­sprecher und ohne Verstärker?«

Ein Stereo ohne Verstärker ist, wie sich zeigte, ein Ping ohne Pong. Folglich bestellte ich bei Avigdor einen Verstärker und zwei Lautsprecher für links und rechts.

»18 Watt je Kanal«, verkündete die beigefügte Aufklärungs­broschüre in rotem Druck, »0,03 % Harmonieverzerrung« in Grün, und »20-50000 Hz Frequenzempfänglichkeit« in Ultra­marin. Diese letzte Angabe erläuterte Avigdor wie folgt:

»Der Apparat garantiert einen ungeheuren Umfang der Klangwiedergabe. Sie hören jede Nuance, vom tiefsten Brummen der Baßgeige bis zum höchsten Wimmern der Quer­flöte.«

So ausgerüstet, setzte ich die Wundermaschine aufs neue in Betrieb. Das Ergebnis war von dem vorangegangenen mit freiem Ohr nicht zu unterscheiden. Es belief sich auf 0,0.

Abermals rief ich Avigdor an.

»Kein Wunder«, sagte er abermals. »Sie brauchen einen Vorverstärker.«

»Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt?«

»Andere Kundschaften wissen so etwas von selbst. Ich kann ja nicht an alles denken.«

Der Vorverstärker wirkte sich zwar recht günstig auf die Tonstärke aus, riß jedoch ein gewaltiges Loch in unser bis dahin auf Mono eingestelltes Haushaltsbudget. Außerdem erwies sich, daß das Nahalregiment eines Ton­aussteuerungsschalters bedurfte, um seinen Empfindlich­keitskoeffizienten auf 180000 Hz zu steigern — eine im­posante Ziffer, wie sie den militärischen Erfolgen unserer tap­feren Truppe angemessen ist.

»Jetzt«, sagte Avigdor, »nähern Sie sich der audiophonischen Vollkommenheit.«

Das stimmte nicht ganz. Etwas fehlte noch, zum Beispiel ein wechselseitiger Balanceregulator. Er wurde angeschafft und dem ständig wachsenden Drahtdschungel in unserem Wohn­zimmer angefügt. Aber die von ASP & Co. produzierten Töne blieben immer noch dürftig. Es tröstete uns nicht, daß die Trommeln von links kamen und die Tschinellen von rechts. Und das Schlimmste: Wir konnten die kostspielige Anlage keinem Besucher vorführen. Das aber war doch von Anfang an der ganze Sinn und Zweck unserer Stereoinvestition gewe­sen.

Wir begannen zu experimentieren, stellten den Trommellaut­sprecher auf das Bücherregal und die Tschinellen unter den Tisch, konstruierten eine kunstvolle Verbindung mit dem elek­trischen Mixer in der Küche, schalteten sogar die Waschma­schine ein - aber nichts von alledem half.