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»Erstens habe ich Ahnung, wie man ein erfolgreiches Geschäft führt!«, konterte er. Beim Wort erfolgreich verzog sie spöttisch das Gesicht.

»Zweitens weiß ich zufällig ganz genau, was ich von einem solchen Club erwarte, wenn ich dort als zahlender Kunde auftauche.«

»Wie kannst du auch nur die geringste Vorstellung davon haben, was man von einem Country Club erwarten kann?«, schnaubte sie. »Schließlich warst du ja noch nie in einem.«

Jack starrte auf sein Bier. »Na ja«, erwiderte er, »sorry, aber das beweist nur wieder, dass du keine Ahnung hast. Ich war schon mal mit Harry Whiteman im Kenosha Golf Club, und als wir den Kongress für Schalldämpfer-Händler in Madison organisiert haben, bin ich im Mud Lake Tennis and Racquet Club abgestiegen.«

»Oh, das hätte ich fast vergessen«, antwortete Maggie. »Der Mud Lake Tennis and Racquet Club. Ein halbes Dutzend bierbäuchiger Männer in Hawaiihemden, die versuchen, Plastikfederbälle über eine Reihe von Klappstühlen zu schlagen.«

»Das Netz wurde gerade repariert!«, protestierte er und dachte dann: Scheiße, sie kriegt mich immer mit den Details dran.

»Das ist also deine Idealvorstellung von einem Country Club? Mud Lake?«

Jack hob den Kopf und warf ihr einen finsteren Blick zu, doch er schaffte es, die Beherrschung nicht zu verlieren. Er hatte sie enttäuscht, das war ihm schon klar. Seit sie geheiratet hatten, bot er ihr nichts als eine Serie von Enttäuschungen. Sie hatte ihn für einen anderen gehalten, für eine andere Sorte von Mann. In elf Jahren Ehe war es ihm nicht gelungen, herauszufinden, welche Erwartungen genau sie an einen solchen Mann stellte.

Er hatte versucht, hinter das Geheimnis zu kommen, indem er sie immer dann, wenn er zu tief ins Glas geschaut hatte, anbrüllte: »Was zum Teufel willst du von mir?« Doch sie antwortete ihm nie. Sie verschanzte sich in solchen Situationen einfach im Schlafzimmer und rollte ihr Haar in Lockenwickler ein. Wahrscheinlich wusste sie es selbst nicht so genau.

Doch sie liebten sich noch immer, obwohl es Jack schwerfiel, diese Liebe in Worte zu fassen. Sie machten einen auf Traumpaar, wenn sie zusammen ausgingen. Jack war groß und schlank, hatte kastanienbraunes Haar, das immer aussah, als müsste es mal geschnitten werden, und eines dieser gutmütigen, makellosen Gesichter, das man nie wirklich ernst nehmen konnte – so wie das von Dick Van Dyke. Er zog sich öfter mal zu gut an und trug eine Krawatte, wenn alle anderen sich mit einem Hemd begnügten. Selbst im Alter von 43 Jahren hatte er es noch nicht geschafft, die übermächtige Förmlichkeit abzulegen, die er von seinem Vater geerbt hatte. Viel zu spät war ihm bewusst geworden, dass dessen Förmlichkeit kein Anzeichen für Traditionalismus und Stärke gewesen war, sondern er seine Schüchternheit und chronische Unsicherheit damit kaschierte.

Maggie (oder Margaret-Ann, wie er sie nannte, wenn er sich wirklich über sie ärgerte) war ein Milwaukee-Eigengewächs mit deutschen Wurzeln in zweiter Generation. Ihr Haar war silberblond, die Augen smaragdgrün und ihr Kinn stark ausgeprägt, typisch deutsch und stark gespalten wie das ihres Vaters. Wenn es ihr gut ging, trat ihre weibliche Seite in den Vordergrund. Dann wirbelte sie ausgelassen auf ihren vollschlanken nackten Füßen durch die Wohnung. Doch bei einem Wutausbruch kam das Männliche in ihr durch. Sie hatte große Brüste und stämmige Arme. Im Sommer war ihr Körper über und über mit Sommersprossen bedeckt. Und immerzu beschwerte sie sich über ihre zu breiten Hüften.

Ihr Vater war ein Drucker im Ruhestand, der schon immer unter der Trugvorstellung gelitten hatte, ein europäischer Intellektueller zu sein. Seine Bücherregale quollen über mit Literatur wie Narziss und Goldmund oder Die Fahrt der Beagle und er war treuer Abonnent von Psychology Today. Er rauchte Zigarillos und schwadronierte von »Welten in Welten«.

Maggie, die irgendwann mal ziemlich zufrieden mit ihrem Teilzeitjob als Klavierlehrerin an der Marquette University gewesen war, schien seit einiger Zeit unter ähnlichen Wahnvorstellungen zu leiden. Sie hatte sich an der Abendschule für einen Kurs in Expressionismus eingeschrieben, der im März beginnen sollte. Jack wusste nicht einmal, was sich hinter dem Begriff verbarg. Er sagte immer nur: »Was zum Teufel ist Expressionismus überhaupt?«, doch sie wollte es ihm nicht sagen oder konnte es nicht.

»Wir könnten einen Lebensstil pflegen, wie du ihn dir in deinen kühnsten Träumen nicht erhofft hast«, erklärte Jack ihr.

»Findest du unseren aktuellen nicht schlimm genug?«, konterte sie, während sie von einer Seite der Küche zur anderen marschierte.

»Findest du ihn schlimm?«, erkundigte er sich. »Du findest unsere Art zu leben wirklich schlimm?«

»In Gottes Namen, Jack, ich hab’s nicht so gemeint. Nicht so schlimm. Ich meinte eher, keine Ahnung ... stressig.«

»Was denn für ein Stress?«, wollte er wissen. »Was für ein Stress? Der einzige Stress ist, dass wir keinen haben. Es gibt keine Herausforderungen.«

»Und du hältst die Leitung eines Country Clubs für eine Herausforderung? Herrgott! Manche Leute haben wirklich komische Vorstellungen.«

Sie trabte sechs Schritte in die eine, dann wieder sechs Schritte in die andere Richtung. Vor genau fünf Monaten und vier Tagen hatte sie von einem Tag auf den anderen das Rauchen aufgegeben. Die Vorderseite des Eichenholzschranks im Kolonialstil war durch Wasserflecken verschandelt. Die elektrische Wanduhr hing nie ganz gerade und so wirklich genau ging sie auch nicht.

Jack schüttelte den Kopf und versuchte, sie mit einer mitleidigen Miene zu mustern, weil sie ihn ganz offensichtlich nicht verstand. »Schatz, dieses Gebäude … es ist wie aus einem Märchen. Kannst du dich an Dornröschen erinnern? Das von Dornen umrankte Schloss? Du musst es dir ansehen, damit du verstehst, was ich meine.«

»Ich will es gar nicht sehen«, klärte Maggie ihn auf. »Ich hab überhaupt nicht das geringste Interesse daran. Die ganze Geschichte, diese Idee – es kommt mir vor, als hättest du deinen Verstand verloren. Es ist so, als wärst du hier reingeplatzt und hättest mir eröffnet, dass du an AIDS erkrankt bist oder so.«

»AIDS?« Er musste sich beherrschen, um nicht zu schreien. »AIDS? Es ist ein Haus, Maggie. Es ist ein riesiges altes Grundstück mitten im Wald. Es hat so viel Potenzial, dass es kaum zu fassen ist! Es hat alles, was man sich nur wünschen könnte! Jetzt mach mal halblang, Herrgott noch mal!«

Er hielt inne, schüttelte sich und sagte dann: »AIDS, du meine Güte!«

Maggie hörte auf durch die Küche zu marschieren und drückte eine Hand an die Schläfe. »So etwas Blödes hab ich echt noch nie gehört«, spöttelte sie, als ob sie gerade mit jemandem telefonieren würde. »Ich kann’s nicht glauben, dass du mit zweieinhalb Stunden Verspätung nach Hause kommst und mir dann erzählst, dass du einen Country Club eröffnen willst. Vielleicht wache ich morgen früh auf und stelle fest, dass es nur ein durchgeknallter Traum war.«

Jack stand auf. Vater im Himmel, bitte. Er war kurz vorm Durchdrehen. »Maggie«, begann er in möglichst versöhnlichem Tonfall. »Glaubst du allen Ernstes, dass ich 25 Jahre Reed Muffler & Tire für eine Schnapsidee opfern würde? Glaubst du das wirklich? Ich bin kein Volltrottel, Maggie. Ich bin jemand, der die Dinge anpackt. Du musst mir schon zugestehen, dass ich über eine gewisse Vorstellungskraft verfüge. Ich habe einen Traum. Auch wenn ich schon 43 bin, habe ich doch immer noch Träume.«