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„Natürlich“, rief Jaina. „Ich hole den Erzmagier Tervosh, dann können wir alle gemeinsam nach einer Lösung suchen.“

„Wie wäre es vorher mit einem Frühstück?“, fragte Kinndy.

„Natürlich“, nickte Kalecgos. „Wer kann sich schon mit einem leeren Magen konzentrieren?“

Langsam fasste Jaina wieder Mut, zumindest ein wenig. Kalec konnte dem Weg des gestohlenen Artefakts folgen, und er war bereit, Hilfe anzunehmen – mehr noch, er bat sogar darum. Zudem hatte er recht: Wer konnte sich schon mit einem leeren Magen konzentrieren?

Ihre Blicke trafen sich, und als er lächelte, fühlte sich Jaina gleich noch ein wenig besser. Sie mussten daran glauben, dass sie die Iris rechtzeitig finden konnten. Gemeinsam mit Kalecgos und Kinndy ging sie ins Speisezimmer, und jetzt hatte sie die Hoffnung, dass es ihnen wirklich gelingen würde.

Zu fünft – Jaina, Kalecgos, der Erzmagier Tervosh, die Leidende und Kinndy – machten sie sich an die Arbeit, mehr herauszufinden. Kinndy würde aus diesem Grunde wieder nach Dalaran zurückkehren, wo sie mit Rhonins Erlaubnis Zugang zu der Bibliothek erhalten sollte. Jaina beneidete sie um dieses Privileg.

„Ich erinnere mich noch an die Zeit, als das meine Aufgabe war“, erzählte sie dem Gnomenmädchen, nachdem sie es zum Abschied kurz umarmt hatte. „Nichts tat ich lieber, als mich in diesen alten Bänden und Schriftrollen zu vergraben und einfach nur zu lernen.“ Sie spürte einen kurzen Stich; das neue Dalaran war wunderschön, aber sie gehörte nicht mehr dorthin.

„Vermutlich macht so etwas mehr Spaß, wenn einem dabei nicht das Schicksal der Welt auf den Schultern lastet“, bemerkte Kinndy verdrießlich. Jaina konnte ihr nicht widersprechen.

Die Leidende, die Jainas Netzwerk von Spionen überwachte, brach ebenfalls auf, nachdem sie von den Ereignissen erfahren hatte. „Ich werde mich selbst unter die Leute mischen und herausfinden, was ich kann“, erklärte sie. „Meine Spione sind fleißig, aber vielleicht wissen sie nicht, wonach sie in dieser Situation Ausschau halten müssen.“ Ihr Blick wanderte zu Kalecgos hinüber. „Ich hoffe, Ihr seid hier sicher mit dieser … Person.“

„Ich denke doch, meine eigenen Fähigkeiten und die Talente eines ehemaligen Aspekts sollten ausreichen, mich zu beschützen, für den Fall, dass wir uns einer Gefahr gegenübersehen“, entgegnete Jaina, wobei sie aber jegliche Ironie aus ihrer Stimme verbannte. Sie wusste genau, wie ernst die Leidende ihre Pflichten nahm. Die Augen der Nachtelfin huschten noch ein letztes Mal zu Kalec und wieder zurück, dann salutierte sie.

„Lady.“

Nachdem Kinndy und die Leidende losgezogen waren, um ihre jeweiligen Aufgaben zu erfüllen, wandte sich Jaina Tervosh und Kalecgos zu und sagte mit einem kurzen Nicken: „Dann wollen wir uns mal an die Arbeit machen. Kalec – vorhin habt Ihr erwähnt, dass Ihr die Fokussierende Iris fühlen könnt. Warum seid Ihr dieser Spur nicht einfach gefolgt? Warum habt Ihr stattdessen mich aufgesucht?“

Er senkte den Blick, sah aber aus, als wäre ihm übel. „Ich sagte, ich konnte fühlen, wohin sie gebracht wurde. Aber die Spur … sie ist verschwunden, kurz nachdem ich Kalimdor erreichte.“

„Wie?“ Tervosh war irritiert. „Eine solche Verbindung kann nicht einfach abbrechen.“

„Doch“, sagte Jaina mit schwerer Stimme. „Es gibt eine Möglichkeit. Wer immer dieses Artefakt gestohlen hat, sie müssen auf große Macht zurückgreifen können, sonst wären sie nicht in der Lage gewesen, fünf Drachen zu besiegen. Aber zum Zeitpunkt des Diebstahls wussten sie noch nicht genug über die Iris, um sie vollständig verbergen zu können. Darum konnte Kalec sie bis hierher verfolgen.“

„Genau das denke ich auch“, bestätigte Kalec. „Entweder haben sie selbst einen Weg gefunden, die Aura der Iris vor mir zu verbergen, oder sie haben einen Magier gefunden, der mächtig genug war, es für sie zu tun.“

Tervosh vergrub einen Moment lang das Gesicht in den Händen. „Das – müsste aber wirklich jemand sehr Mächtiges sein.“

„Richtig“, stimmte Jaina zu. Trotz dieser schlechten Neuigkeiten schob sie das Kinn vor. „Sie mögen einen mächtigen Zauberer auf ihrer Seite haben, vielleicht auch mehr als nur einen, aber das Gleiche gilt für uns. Außerdem haben wir einen Vorteiclass="underline" Wir kennen jemanden, der alles über die Fokussierende Iris weiß. Kalec sollte uns also erst einmal auf den neuesten Stand bringen.“

„Was möchtet Ihr denn wissen?“

„Alles“, antwortete sie mit fester Stimme. „Erzähl uns nicht nur das Wesentliche! Wir brauchen alle Einzelheiten. Selbst das, was du zum jetzigen Zeitpunkt für unbedeutend hältst, könnte sich als nützlich erweisen. Tervosh und ich müssen alles wissen, was du weißt.“

Kalecgos lächelte reuevoll. „Das könnte eine Weile dauern.“

Und das tat es auch. Er erstattete Bericht, bis es Zeit fürs Mittagessen war, und nachdem sie eine kurze Pause gemacht hatten, um sich zu stärken, erzählte er bis zum Abendessen weiter, doch auch dann war er noch nicht fertig. Selbst die Stimme eines Drachen, so schien es, konnte heiser werden, wenn man sie überforderte. Es wurde spät, und in jener Nacht schlurften sie alle drei mit schweren Lidern in ihre jeweiligen Schlafgemächer. Jaina wusste nicht, wie die anderen schliefen, aber sie jedenfalls hatte schreckliche Albträume.

Als sie am nächsten Tag aufwachte, fühlte sie sich benommen und alles andere als erholt. Diesmal konnte ihr das morgendliche Ritual keine Zuversicht schenken, und der Himmel draußen war wolkenverhangen und unheilvoll. Jaina spürte, wie sich ein schweres Gewicht auf ihre Brust herabsenkte – und seufzte. Sie wollte nicht in diesen grauen Tag hinausblicken müssen, und so schob sie die Vorhänge wieder zu und ging nach unten.

Kalecgos schenkte ihr ein freundliches Lächeln, als sie den kleinen Salon betrat, doch dann fiel ihm auf, wie blass sie war, und das Lächeln verschwand wieder.

„Habt Ihr gut geschlafen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Und Ihr selbst?“

„Es ging. Auch wenn ich von schlechten Träumen geplagt wurde. Aber daran hat sicher Euer Koch Schuld. Das Abendessen war zwar köstlich, doch irgendwo muss sich da in diesem vorzüglichen Mahl ein Bissen halbgare Kartoffel versteckt haben.“

Obwohl der Ernst der Lage nur allzu deutlich war, musste Jaina kichern. „Dann könnt Ihr von jetzt an selbst all unsere Gerichte zubereiten. Das wird Euch lehren, Euch zu beschweren!“, tadelte sie ihn.

Er warf ihr einen Blick gespielten Entsetzens zu, doch als sie diesem Blick begegnete, wurden sie rasch wieder ernst.

„Es fühlt sich … falsch an, in einer solchen Situation Scherze zu machen“, sagte sie mit einem weiteren Seufzen, dann bereitete sie den Tee vor, mit dem präzisen Augenmaß, das sie schon immer gehabt hatte, und stellte den Kessel auf den Ofen.

„Es mag sich falsch anfühlen“, stimmte Kalec ihr zu, während er sich an den Eiern, der Eberwurst und dem heißen Haferbrei gütlich tat, ungeachtet seiner vorherigen, scherzhaften Kritik an den Fähigkeiten des Kochs. „Aber es ist nicht falsch.“

„Allerdings – sicher ist Humor doch unangebracht in solchen Zeiten.“ Jaina füllte ihren eigenen Teller und setzte sich neben Kalec.

„Manchmal“, erwiderte er und nahm einen Bissen Eberwurst. „Aber Freude ist nie unangebracht. Zumindest nicht, wenn es echte Freude ist – die Art von Leichtigkeit in der Seele, die unsere Last erträglicher macht.“ Während er kaute und schluckte, blickte er sie aus den Augenwinkeln an. „Ich habe Euch und Kinndy nicht alles berichtet, was Norgannon damals … nun, erzählt ist nicht das richtige Wort. Wohl eher, was er uns übermittelt hat.“