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Der Kessel begann zu pfeifen, und Jaina stand auf, um ihn zu holen, dann schenkte sie ihnen beiden Tee ein. „Wirklich? Was hat er denn noch gesagt?“

„Fräulein Kinndy schien mir nicht die richtige Einstellung zu haben, um es unvoreingenommen aufzunehmen.“

Sie reichte ihm die Tasse und nahm wieder Platz. „Habe ich denn die richtige Einstellung?“

Ein merkwürdiger Ausdruck huschte über sein Gesicht. „Vielleicht.“

„Dann erzählt schon!“

Er schloss die Augen. Seine Stimme veränderte sich wieder, wurde tiefer, wurde … zu der Stimme eines anderen.

„Ich bin sicher, ihr werdet erkennen, dass mein Geschenk an euch nicht nur eine bedeutsame Pflicht ist – und das ist sie durchaus – sondern ebenso eine Freude. Auch das ist sie! … Mögt ihr eure Pflicht erfüllen … und dabei Freude empfinden.“

Bei diesen Worten spürte Jaina ein seltsames Stechen in ihrem Herzen, und erst als Kalec die blaue Augenbraue nach oben zog, um sie zu einer Entgegnung aufzufordern, wurde ihr bewusst, dass sie mehrere Sekunden lang schweigend in seine Augen gestarrt hatte. Sie blickte auf ihre Schale hinab und stocherte in dem Haferbrei herum.

„Was ich Kinndy erzählt habe, traf zu. Ich habe es genossen zu lernen“, sagte sie schließlich, ein wenig zögerlich. „Ich habe es sogar geliebt, um die Wahrheit zu sagen. So, wie ich alles an Dalaran geliebt habe.“ Ihre Mundwinkel wanderten nach oben, als sie sich erinnerte. „Ich weiß noch … ich habe gesummt, während ich meine Arbeiten erfüllte“, fuhr sie fort und lachte, als die Hitze der Scham in ihre Wangen stieg. „Die Gerüche, der Sonnenschein, das Vergnügen, wenn ich Zaubersprüche erlernte und übte und sie dann schließlich meisterte, wenn ich mich mit Käse und Äpfeln und Schriftrollen zurückzog …“

„Freude“, kommentierte Kalec leise.

Vermutlich war es das gewesen, ja. Sie verweilte in dieser Erinnerung, genoss ihren süßen Geschmack. Doch da kristallisierte eine weitere Erinnerung in ihrem Geist … wie Kael’thas sie eines Tages angesprochen hatte, und dann später … Arthas. Das Lächeln verschwand.

„Was ist geschehen?“, fragte Kalec sanft. „Die Sonne ist hinter einer Wolke verschwunden.“

Jaina presste die Lippen zusammen. „Es ist nur … wir alle haben Geister, die uns verfolgen. Drachen vermutlich auch.“

„Ah!“, sagte er mit einem Blick in ihr Gesicht. „Du denkst an jene, die du geliebt und verloren hast.“ Sie zwang sich, mehr Haferbrei zu essen, auch wenn das für gewöhnlich so köstliche Frühstück nun in ihrem Mund wie Schlamm schmeckte, und nickte stumm. „Geht es vielleicht um … Arthas?“

Jaina schluckte hart und öffnete den Mund, um das Thema zu wechseln, doch da fuhr Kalec bereits fort. „Wir alle haben Geister, Jaina. Selbst Drachen. Sogar Aspekte. Die Trauer um ihren Geist hat einst beinahe Alexstrasza zerstört, die große Lebensbinderin selbst.“

„Korialstrasz“, murmelte Jaina. „Krasus. Ich sah ihn oft, als er in Dalaran war, aber ich habe ihn nie richtig kennengelernt. Ich hatte keine Ahnung, wer er wirklich war.“

„Das wusste kaum jemand. Und ja, du hast recht, Korialstrasz war dieser Geist. Er gab sein Leben, um uns alle zu retten, und wir hielten ihn zunächst für einen Verräter.“

„Selbst du und Alexstrasza?“

„Wir wollten es nicht glauben, aber die Zweifel stahlen sich auch in unsere Herzen.“ Kalec gestand das nur zögernd ein. „Selbst ich habe einen solchen Geist, Jaina. Es ist ein Menschenmädchen. Mit blondem Haar“, fügte er mit einem leichten Nicken hinzu, „und einem großen Herzen. Aber sie war … so viel mehr als nur ein Mädchen. Sie war etwas Wunderschönes und Tiefgründiges und unbeschreiblich Mächtiges, doch ihre Zeit als einfache junge Frau bereicherte diese Macht um Mitgefühl und Liebe.“

Jaina blickte ihn nicht an. Sie wusste, von wem er sprach – Anveena, die einst die reinkarnierte Kraft des Sonnenbrunnens gewesen war. Und sie wusste auch, was mit ihr geschehen war. Das Mädchen, das kein Mädchen war, hatte diese Gestalt für ihr wahres Wesen aufgegeben, und dadurch ihr Leben geopfert.

„Dann gibt es da noch einen Geist, ein Drachenweibchen, so lieblich wie Eis und Sonnenlicht, das einst mein Partner werden sollte.“ Erst jetzt schien ihm wieder aufzufallen, dass Jaina ihm gegenüber saß, und er warf ihr rasch ein Lächeln zu. „Ich denke nicht, dass Ihr Euch sonderlich gut mit ihr verstündet. Sie hat nie begriffen, warum ich solches Interesse an den, ähm …“

„Niederen Rassen?“

„Niemals habe ich Euch so genannt“, erklärte Kalec, und zum ersten Mal sah Jaina einen Funken von Zorn in den Augen des blauen Drachen. „Nur weil jemand kein Drache ist, heißt das noch nicht, dass er ein niederes Wesen ist. Es hat lange gedauert, bis Tyrygosa dies begriffen hat. Ihr seid einfach … anders als wir. Und in mancherlei Hinsicht vielleicht sogar besser.“

Jaina zog die goldenen Brauen in die Höhe. „Wie um alles in der Welt könnt Ihr so etwas nur sagen?“

Er lächelte. „Käse, Äpfel und Bücher“, antwortete er. „Ihr kanntet wahre, einfache Freude, bevor noch Euer zweites Lebensjahrzehnt angebrochen war. Das macht Euch … bemerkenswert.“

6

Es dauerte nicht lange, bis sie ihre eindeutigen Befehle erhielten. Baine hasste, was er nun tun musste, aber falls er sich weigerte, würde sich Garrosh mit der gesamten Macht der restlichen Horde gegen ihn wenden – und gegen die Tauren. Er machte sich keine Illusionen über den Idealismus der Verlassenen, der Blutelfen oder der Goblins; sie verfolgten ihre eigenen Pläne. Die Orcs waren traditionell Freunde der Tauren, doch gab es nur wenige unter ihnen, die an ihrem neuen Kriegshäuptling Kritik übten, und die Trolle, nun, die konnten es sich nicht leisten, ein solches Risiko einzugehen. Falls die Tauren also offen Position gegen Garrosh bezogen oder sich weigerten, seine Befehle auszuführen, würde niemand ihnen helfen.

Baine zerknüllte das Schreiben in seiner Hand und wandte sich mit grimmiger Miene zu Hamuul Runentotem um. „Bereiten wir uns vor“, sagte er. „Zumindest dieser Teil des Krieges, in den uns Garrosh da hineinzieht, hat den Hauch einer Berechtigung.“

Die Befehle waren unmissverständlich gewesen. Baine sollte „mindestens zwei Dutzend tapfere Krieger“, Kodos und Waffen mobilisieren und sich von Westen aus der Feste Nordwacht nähern. Die Trolle würden sich ihnen anschließen, auch wenn der Weg von den Echoinseln nach Mulgore ein sehr langer war. Die Orcs würden derweil von Orgrimmar aus losmarschieren, und nachdem sie sich in Ratschet mit den Verlassenen, den Goblins und den Blutelfen zusammengetan hatten, die auf dem Seeweg dorthin reisen sollten, würden sie schnell vorstoßen und vor der Feste Nordwachte mit den Tauren zusammentreffen.

Einst hatte es im Brachland zwischen Mulgore und Nordwacht außer ödem, trockenem Land und einem kleinen Dorf namens Camp Taurajo nichts gegeben, und das größte Problem der Einwohner war es gewesen, die Stacheleber auf Distanz zu halten. Jetzt würde Baine seine Leute an den Ruinen von Taurajo vorbeiführen müssen, und dann durch die Region, die inzwischen als die Felder des Blutes bekannt war.

Gemäß den Anweisungen, die er so verabscheute, versammelte Baine seine Krieger unauffällig auf ihrer Seite des Großen Tores. Schweigend, wie er es ihnen befohlen hatte, standen die Tauren da, und nur das gelegentliche Knarzen einer Rüstung oder das Hufscharren eines Kodos durchbrach die Stille. Baine konnte die Anspannung fühlen, und er fragte sich, ob die Allianz auf der anderen Seite der Mauer sie nicht vielleicht auch wahrnehmen würde. Er hatte mehrere Späher vorgeschickt, um sicherzugehen, dass sie die Kundschafter der Allianz mit ihrem Angriff überraschen würden. Sie waren alle mit der Nachricht zurückgekehrt, dass zu dieser Stunde nur wenige Wachen ihrer Feinde patrouillierten. Zwei Tauren, wohl darauf bedacht, unbemerkt zu bleiben, kletterten von den Aussichtsplattformen herab und eilten davon, um tiefer im Feindesland die Lage auszukundschaften. Sie konnten im Dunkel besser sehen als die Menschen, und davon abgesehen waren ihre Feinde oft dumm genug, die Lagerfeuer auch nachts brennen zu lassen.