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„Ihr habt die Kraken angegriffen“, rief Varian. „Nicht Orgrimmar.“

„Nein“, nickte sie. „Nicht Orgrimmar.“

Er lächelte schwach. „Ihr habt die Flotte gerettet, Jaina. Dank dafür. Und jetzt – falls dieser Drache die Güte hätte, mich auf einem meiner Schiffe abzusetzen – auf zur Nordwacht!“

27

Die Reste der Allianzflotte segelten ungehindert in die Gewässer vor der Händlerküste. Es schien, als wäre Garrosh wirklich nicht auf den Angriff auf die Messerfaust-Küste vorbereitet gewesen, und die vier Schiffe, die die Flotte angegriffen hatten, waren von ihrem ungefährdeten Posten bei der Nordwacht vermutlich kurzfristig abgezogen worden. Ohne die Kraken unter ihrem Kommando hatte die Horde Varians Streitmacht aber nicht mehr viel entgegenzusetzen gehabt, so schwer beschädigt, wie ihre Schiffe gewesen waren.

Doch das bedeutete natürlich nicht, dass die Horde kampflos aufgeben würde. Inzwischen war genug Zeit gewesen, um die Truppen bei der Feste Nordwacht zu warnen, und als Varians Schiffe dort eintrafen, wurden sie auch schon mit donnernden Kanonen und Felsgeschossen aus Katapulten begrüßt.

„Erwidert das Feuer!“, befahl der König, und die Allianzschiffe vergolten den Feinden die Kanonade von der Küste mit einer vollen Breitseite.

Ein Blick nach oben zeigte Varian, dass sich Kalecgos ebenfalls der Nordwacht näherte, und als der Drache tiefer ging, konnte er auch Jaina sehen, die auf seinem breiten blauen Rücken saß. Da öffnete Kalecgos den gewaltigen Rachen und spie blauen Nebel aus. Einen Moment später ebbte das Kanonenfeuer von der Küste plötzlich ab.

Die Katapulte und Ballisten setzten ihren Beschuss jedoch vehement fort. Varian eilte an die Seite des Schiffes und blickte durch sein Fernrohr. Ein Lächeln verzog seine Lippen. Garrosh war zu überheblich gewesen, zu sehr davon überzeugt, dass die Blockade der Küstenstädte von Kalimdor den Widerstand der Allianz brechen würde. So hatte er nur sehr wenige seiner Krieger hier zurückgelassen, um diesen strategisch bedeutsamen Hafen zu bewachen.

Varian blinzelte, als er einige dieser Krieger sah, wie sie in kleine Boote kletterten und auf das Meer hinauspaddelten. Im ersten Moment glaubte er, sie versuchten zu fliehen, doch dann musste er erkennen, dass sie direkt auf das vorderste der Allianzschiffe zuhielten.

„Beim Licht“, murmelte er, „sie wollen uns entern!“

Es war Selbstmord, aber er konnte nicht anders, als den Mut dieser Trolle und Orcs und Tauren zu bewundern, während sie ihre Waffen über dem Kopf schwenkten und in der gutturalen Sprache der Orcs trotzige Flüche ausstießen. Ihre Bögen und Zauber zeigten sogar eine gewisse Wirkung – Varian sah, wie mehrere Allianzmatrosen mit Pfeilen im Hals auf dem Deck zusammenbrachen oder bei lebendigem Leib verbrannten. Ein brennender Bolzen durchschlug erst einen der Nachtelfen und dann die Segel des Schiffes, die daraufhin Feuer fingen. Doch da sauste schon wieder der gewaltige Schatten des Drachen über ihnen hinweg und löschte die Flammen mit seinem kalten Atem.

Im selben Augenblick formten sich ohne jede Vorwarnung Dutzende Wasserelementare, die sogleich auf die kleinen Boote einstürmten und sie umkippten, und dann packten sie die verzweifelt um sich schlagenden Hordesoldaten mit ihren gefesselten Armen und zogen sie voll Schadenfreude in ihr nasses Grab hinab. Einige andere Elementare rasten der Küste und den Verteidigern dort entgegen. Alarmierte Rufe wurden laut, und Varian sah, wie ein paar Orcs und Trolle die Flucht ergriffen. Doch die meisten hielten ihre Stellung und brüllten todesverachtend bis zu ihrem letzten Atemzug, als ihnen Pfeile, Kanonenfeuer und Zauber den Garaus machten.

Eine ganze Weile herrschte Stille, dann erschallte lauter Jubel vonseiten der Allianzschiffe. Varian grinste und gab seinen Leuten ein wenig Zeit, diesen zweiten Sieg zu genießen, bevor er die Stimme erhob. „An Land! Die Standarte der Allianz soll einmal mehr über der Feste Nordwacht wehen!“

Beiboote wurden zu Wasser gelassen, besetzt mit fröhlich rufenden Seemännern und -frauen. Varian runzelte die Stirn, dann hob er den Kopf. Kalec schwebte über ihm. Der König winkte mit beiden Armen, danach deutete er auf die Küste, und der Drache neigte verstehend den Kopf. Anschließend hastete Varian zur Reling und kletterte in eines der Beiboote, sehr zur Überraschung – aber auch Bewunderung – der Besatzung.

Als der König die Küste erreichte und leichtfüßig an Land sprang, war Kalecgos bereits gelandet und hatte seine zweibeinige Gestalt angenommen. Jaina stand neben ihm, und Varian ging zu den beiden hinüber und reichte erst ihr, dann ihm die Hand zum Gruß.

„Zweimal habt Ihr beide heute die Allianz gerettet“, sagte er. „Und nun haben wir einen verlorenen Stützpunkt in Kalimdor zurückgewonnen.“

„Es freut mich, dass ich Euch helfen konnte“, erwiderte Jaina. „Was nun?“

„Jetzt werden wir tun, womit Garrosh vermutlich schon gerechnet hat“, erklärte Varian mit einem schrägen Grinsen. Jaina blickte ihn verwirrt an. „Ich habe kein Geheimnis daraus gemacht, dass ich mit der Flotte gegen die Blockade der Horde vorgehen will. Nach der empfindlichen Niederlage, die sie gerade eingesteckt haben – und dazu dem Verlust der Feste Nordwacht –, wird Garrosh seine Flotte noch enger um sich zusammenziehen. Was bedeutet, dass wir unsere Hafenstädte ohne weiteres Blutvergießen zurückerobern können.“ Er wurde wieder ernst. „Bislang wurde leider schon zu viel Allianzblut vergossen“, brummte er. „Diese Kraken hätten all unsere Schiffe versenkt, wärt Ihr nicht rechtzeitig gekommen. Und wäre nach der Nordwacht und Theramore auch noch unsere Flotte zerstört worden …“ Er schüttelte den Kopf. „Ich will gar nicht daran denken, was das für die Allianz bedeutet hätte.“

Jaina wirkte beklommen. „Varian, was einige der Dinge betrifft, die ich zu Euch und Anduin sagte …“, begann sie, doch er hob die Hand.

„Ich“, bemerkte er trocken, „bin vermutlich die letzte Person auf dieser Welt, die das Recht hat, andere zu verurteilen, weil sie aus Zorn oder Rachsucht gehandelt haben. Und Anduin hat für Euch gebetet. Ich freue mich schon darauf, ihm mitteilen zu können, dass seine Gebete erhört wurden.“

„Danke“, sagte Jaina aufrichtig.

„Und Ihr? Was habt Ihr nun vor?“, wollte Varian wissen, während er die beiden abwechselnd anblickte. Kalec drehte sich fragend zu Jaina herum.

„Theramore“, flüsterte sie.

Varian nickte. „Sobald wir hier fertig sind, werde ich ein Schiff nach Theramore schicken. Um … das Nötige zu veranlassen.“

Jaina nickte nur. „Dafür wäre ich Euch dankbar. Es gibt viel zu tun.“ Sie wandte sich an Kalecgos. „Gehen wir.“

Garrosh trieb gerade seinen hechelnden Wolf an, um die Feste noch rechtzeitig zu erreichen, da sah er die Standarte der Allianz im Wind über der Nordwacht flattern. Vor Zorn schäumend brachte er sein Reittier zum Stehen, dann riss er den Kopf zurück und brüllte seine Wut hinaus. Malkorok, Baine und Vol’jin, die ihn begleiteten, versuchten gar nicht erst, ihn zu beruhigen, und sie taten gut daran.

Wie konnte das nur passieren?“, grollte der Kriegshäuptling, und seine goldbraunen Augen huschten über die Gesichter der anderen. „Wir hatten doch alle Trümpfe in der Hand! Ich habe Theramore zerstört, um ihren Willen zu brechen. Ich habe ihre Leute hinter einer Blockade gefangen. Ich habe ihnen Elementarwesen und selbst die Monster aus den Tiefen des Meeres entgegengeworfen. Und dennoch haben sie uns besiegt!“

Einer von Baines Fernläufern kam in raschem Tempo näher, bevor er seine Schritte verlangsamte. Dabei schien er alles andere als glücklich zu sein: der sprichwörtliche Überbringer schlechter Nachrichten. Baine bedeutete ihm mit einem Nicken, näher zu kommen, und der betreten dreinblickende Bote ging – sicherheitshalber ein paar Meter von Garrosh entfernt – auf die Knie.

„Kriegshäuptling, ich bringe Euch Neuigkeiten von der Nordwacht“, begann er.