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John Norman

Kajira von Gor

1

»Siehst du es nicht?« fragte der Mann.

»Ja«, antwortete der Mann, der ihn begleitete.

»Unglaublich!« rief ein dritter.

»Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend«, meinte der zweite Mann.

»Bitte drehen Sie uns das Profil zu, Miß Collins, und heben Sie das Kinn«, sagte der erste Mann.

Ich kam der Aufforderung nach.

Ich befand mich im Studio eines Fotografen.

»Sie können sich hier drinnen umziehen«, hatte der Mann vorhin gesagt und in einen kleinen Nebenraum gedeutet. Dazu hatte er mir Holzschuhe, eine weiße Seidenbluse und schwarze Shorts gereicht, die ziemlich kurz und sehr eng waren.

Verwirrt hatte ich es dann geschehen lassen, daß mehrere Porträtaufnahmen von mir gemacht wurden, Frontal- und Profilansichten, und zwar vor einer Art Linienkarte, deren Netz vermutlich Meßhilfen gab. Meiner Schätzung nach entsprachen die Abstände aber weder Zoll noch Zentimetern.

Ich hatte mich in eine weite, flache Schale voller Sand stellen müssen, dazu wurde hinter mir eine Art Strandszene auf den großen Schirm projiziert. Der Fotograf ließ mich sodann schnell und professionell eine Reihe von Posen einnehmen und knipste fleißig. Männern schien es Freude zu machen, so sagte ich mir, eine Frau derart herumzukommandieren. Einige Stellungen waren fast kühn zu nennen. Ich erhob allerdings keine Einwände, tief drinnen hatte ich sogar Spaß an der Sache. Ich halte mich für ziemlich hübsch.

Nun stand ich im Sand, die linke Seite den Männern zugewandt, das Kinn erhoben. Die Scheinwerfer waren heiß.

»Sie ist hübsch«, sagte einer der Männer.

»Hübsch genug für eine Kajira!« sagte ein anderer.

»Sie wird bald eine sein!« rief ein dritter lachend.

Ich wußte nicht, wovon gesprochen wurde.

»Stell den Ventilator an!« sagte der erste Mann.

Und schon spürte ich einen kühlen Hauch auf der Haut; die Erfrischung war mir in der Hitze der Scheinwerfer sehr willkommen.

»Diese Münze, dieses Metall, was immer es ist, stellt mich vor ein Rätsel«, hatte der freundliche, brillentragende Mann gesagt und das Stück mit weißen Baumwollhandschuhen an der Kante hochgehalten und wieder auf den Filz zwischen uns gelegt. Er war ein Münzenfachmann, zu dem ich von einem Numismatiker geschickt worden war. Er nahm keine Schätzungen vor, sondern urteilte zu Fragen der Echtheit und Herkunft und Beschaffenheit.

»Ist das Stück denn echt?« fragte ich.

»Wer hat Ihnen die Münze verkauft?« fragte der Mann. »Haben Sie sie von privater Seite? Was haben Sie dafür bezahlt?«

»Sie wurde mir von einer Privatperson geschenkt«, sagte ich.

»Das ist äußerst interessant«, antwortete der Mann.

»Warum?« wollte ich wissen.

»Weil damit eine offenkundige Hypothese nicht in Frage kommt«, sagte der Mann. »Sie wäre auch zu töricht gewesen.«

»Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«

»Verwirrend«, sagte er nachdenklich und betrachtete den Gegenstand. »Dieses Objekt ist nicht mit maschinell gravierten Stempeln geschlagen worden. Offensichtlich ist sie nicht das Produkt zeitgenössischer Münztechniken. Diese Münze ist mit der Hand geprägt worden«, fuhr er nach kurzem Zögern fort. »Sehen Sie hier, wie die Darstellung ein wenig schief steht?«

»Ja.«

»So etwas findet sich beinahe stets bei sehr alten Münzen«, sagte er. »Die Münzplatte wird angewärmt, um das Metall weicher zu machen. Dann kommt das Stück zwischen die Stempel, und der obere Teil des Stempels wird mit einem Hammer niedergebracht, wodurch sich auf beiden Seiten der Münze die Abdrücke gleichzeitig einprägen.«

»Dann ist dies also eine historische Münze?«

»Das erscheint mir unwahrscheinlich, auch wenn es dem äußeren Anschein nach eine ist. Sehen Sie nur, wie die Dicke der Münzplatte dem Entwurf eine besondere Tiefe und Kontrastschärfe gibt, wie sie bei flachen, mechanisch hergestellten Geldstücken unmöglich ist, die zudem stapelbar sein müssen. Welche Freiheit das dem Künstler gibt!«

»Können Sie die Münze identifizieren?«

»In seiner Tiefe und Schönheit erinnert mich das Stück an alte Münzen«, fuhr der Experte fort. »Trotzdem glaube ich nicht, daß es eine ist.«

»Was für eine Münze ist es dann?«

»Schauen Sie hier«, sagte er. »Sehen Sie, daß die Münze hier am Rand flacher, glatter zu sein scheint, anders als der übrige Rand?«

»Ja.« Allerdings mußte ich genau hinschauen, um zu sehen, was er meinte.

»Dieses Objekt ist abgeschält oder gespänt worden«, erklärte der Mann. »Ein Teil des Metalls ist abgeschnitten worden. Da solche Münzen meistens nicht gewogen, sondern nach ihrem Nennwert beurteilt wurden, konnte der Verantwortliche das abgeschälte Metall einstecken. Tut er so etwas eine gewisse Zeit lang mit zahlreichen Münzen, könnte er auf diese Weise Metall zusammensammeln, das soviel wert ist wie eine oder mehrere der ursprünglichen Münzen.«

»Dann ist dieses Ding eine Münze?« wollte ich wissen.

»Das weiß ich eben nicht genau. Es könnte vielerlei sein. Eine Symbolgabe, eine Medaille. Vielleicht ein Mitgliedsabzeichen für eine Organisation oder ein sonstiges Identifikationsmerkmal. Vielleicht handelt es sich um ein Kunstwerk, das in ein Schmuckstück eingearbeitet werden sollte. Vielleicht ist das Objekt auch nur als Stein für irgendein Spiel gedacht.«

»Können Sie es identifizieren?« fragte ich.

»Nein.«

Das Objekt maß etwa anderthalb Zoll im Durchmesser und hatte eine Dicke von drei Achtel Zoll. Es war gelb und für seine Größe überraschend schwer.

»Was ist mit dem Buchstaben hier?« fragte ich.

»Das muß nicht unbedingt ein Buchstabe sein«, gab er zu bedenken. »Vielleicht ist es ein freies graphisches Zeichen. Wenn es sich um einen Buchstaben handelt, entstammt er einem Alphabet, das ich nicht kenne.«

»Auf der anderen Seite ist ein Adler abgebildet«, sagte ich.

»Ach, wirklich?« Er wendete die Münze auf dem Filz.

Ich schaute mir den Vogel genauer an.

»Das ist kein Adler«, sagte er. »Das Wesen hat einen Zierkamm.«

»Was für eine Art Vogel ist das?« wollte ich wissen.

Er zuckte die Achseln. »Vielleicht entstammt er irgendeiner Sagenwelt«, sagte er. »Vielleicht ist er auch nur der Phantasie eines Künstlers entsprungen.«

Ich betrachtete den furchteinflößenden Kopf des Vogels. »Sieht mir nicht wie eine Erfindung aus«, sagte ich.

»Nein, nicht wahr?« gab er lächelnd zurück.

»Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?«

»Nein, außer daß das Stück uralten Münzen ähnelt. Gleichwohl sieht es aus wie ein Zahlungsmittel. Es ist so hergestellt worden, wie früher in der klassischen Welt Geld produziert wurde. Es ist außerdem abgeschält worden, was nur Münzen widerfährt, die durch viele Hände gehen. Das Objekt weist sogar Beutelkerben auf.«

»Was ist denn das?«

»Bei diesem allgemein vorzüglichen Zustand der Münze sind, sollte es sich um ein altes Stück halten, kleine Einkerbungen akzeptabel. Und die gibt es hier – ein Zeichen, daß die Münze mit vielen anderen lose in einem Kasten oder einem Beutel aufbewahrt wurde.«

»Dann könnte es also irgendwo eine große Anzahl dieser Münzen geben?« Diesen Gedanken fand ich sehr interessant.

»Gewiß«, erwiderte der Mann. »Andererseits könnten diese Zeichen auch andere Gründe haben.«

»Dann deutet alles darauf hin, daß es sich um ein Geldstück handelt?«

»Der entscheidendste Beweis spricht dagegen«, widersprach er mir. »Er paßt zu keiner bekannten Münzart.«

»Ich verstehe«, sagte ich.

»Soweit ich feststellen kann, wurde diese Münze von keiner bekannten Stadt, keinem Königreich, keiner Nation oder Zivilisation der Erde hervorgebracht.«

»Dann ist es kein Geldstück«, sagte ich.

»Soviel scheint mir klar zu sein«, sagte er. »Nein – Sie brauchen mich nicht zu bezahlen.«

Ich steckte meine Geldbörse wieder ein.

»Es ist ein faszinierender Gegenstand«, fuhr er fort. »Ihn nur untersuchen zu können, ist Bezahlung genug.«