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»Zwischen drei und vier Uhr war es noch irgendwo hier«, murmelte sie. »Dann hat Wilden um diese Zeit also noch gelebt …«

»Nicht zwangsläufig«, wandte Tobias ein. »Vielleicht hat der Täter ihn beispielsweise um elf Uhr am Freitagabend erschlagen und in den Brunnen geworfen, und später hat er sich auf die Suche nach dem Handy gemacht. Möglicherweise weil ihm da erst eingefallen ist, dass er es besser beseitigen sollte, da er ihn zuvor angerufen hatte.«

Alexandra grübelte eine Weile über diese Worte nach. »Eins macht mich aber stutzig. Wieso kam das letzte Signal von hier, vom Parkplatz? Ich meine, wenn der Täter Wilden hier niedergeschlagen hat, während der meinetwegen telefonierte, dann hätte der Mörder das Handy doch schnell einstecken und Wilden zum Brunnen schaffen können. In diesem Fall musste er sich beeilen, um nicht beobachtet zu werden. Um das Handy konnte er sich da bestimmt erst später kümmern, nachdem er die Leiche beseitigt hatte. Oder dem Täter fiel erst später ein, dass das Handy möglicherweise noch im Wagen lag. Dann musste er ebenfalls schnell handeln, zum Auto laufen, das Gerät einstecken und das Weite suchen und es erst danach ausschalten. In beiden Fällen wäre das letzte Signal dann aber von woanders gekommen.«

Tobias schaute sie mit fragender Miene an. »Worauf genau willst du hinaus?«

»Dass das Handy vielleicht doch noch im Wagen liegt. Möglicherweise hat der Akku einfach irgendwann zwischen drei und vier Uhr den Geist aufgegeben, und das Gerät hat sich abgeschaltet. Darum kam das letzte Signal von Parkplatz.«

Alexandra kramte in der Türablage, dann hielt sie Wildens Porsche-Schlüssel in der Hand. »Wusste ich doch, dass ich ihn da reingesteckt hatte!«

Auf einmal stieß Kater Brown ein lautes, ungehaltenes Miauen aus. Es schien fast so, als wollte er sagen: Hört auf zu diskutieren und sucht das Handy lieber!

Noch einmal stellten sie den Porsche auf den Kopf und suchten in jedem Fach und in jeder Ablage nach Wildens Mobiltelefon. Kater Brown hatte es sich auf der Motorhaube gemütlich gemacht, die von der Sonne angenehm aufgeheizt war. Die Leine hatte Alexandra ein Stück abgerollt und am Außenspiegel befestigt, damit der Kater ihr nicht entwischen konnte.

»Sieht nicht gut aus!«, seufzte sie entmutigt.

»So ein Mist! Ohne Wildens Handy sind wir so schlau wie vorher.«

»Mag sein. Aber es ist ja auch nur eine Vermutung, dass es uns zum Täter führen könnte.« Sie stützte sich auf dem Fahrersitz ab, um sich aufzurichten, als ihre Fingerspitzen in dem schmalen Raum zwischen Sitz und Mittelkonsole etwas Hartes berührten. Alexandra drückte das Polster zur Seite und schaute in einen nur wenige Millimeter breiten Spalt, in dem etwas Schwarzglänzendes steckte. »Tobias, komm mal!«

Er beugte sich über den Beifahrersitz und linste in den Spalt. »Hm, das gehört wohl nicht dahin.« Tobias schob die Finger in den Zwischenraum. Gleich darauf schüttelte er den Kopf. »Da komm ich nicht ran.«

Hastig schaute er sich um, dann öffnete er das Handschuhfach und nahm ein Taschenmesser heraus. Langsam schob er die große Klinge in den Spalt neben der Mittelkonsole und drückte die Spitze seitlich gegen das schwarze Objekt, um es nach oben zu bewegen. Gerade als er kurz davor war, die äußerste Ecke mit den Fingerspitzen zu fassen zu bekommen, verlor die Klinge den Halt, das schwarze Objekt rutschte zurück in den Spalt … und verschwand dann völlig.

»Nein!«, schimpfte er so laut, dass Kater Brown auf der Motorhaube erschrocken in die Höhe fuhr. Seine Ohren zuckten nervös, als er näher kam und durch die Windschutzscheibe ins Wageninnere schaute.

»Augenblick mal«, murmelte Alexandra und schob tastend die Hand unter den Fahrersitz. Plötzlich hellte sich ihre Miene auf, und sie zog den Arm zurück, um ihren Fund zu präsentieren: ein Smartphone.

Rasch betätigte sie den Ein/AusSchalter. Dann verzog sie den Mund. »Der Akku ist tatsächlich leer. Wir müssen das Handy erst aufladen.«

»Gib mal her!«, sagte er und nahm das Gerät an sich. »Ich glaube, da habe ich genau das Richtige.« Er kramte erneut im Handschuhfach und förderte ein weißes Kabel zutage. »Das Ladekabel«, verkündete er freudestrahlend und verband das Handy mit dem Zigarettenanzünder. Die Anzeige ließ erkennen, dass der Akku geladen wurde, aber als Tobias das Telefon nach einer halben Minute versuchsweise einschaltete, funktionierte es zwar, aber er wurde sogleich nach dem Passwort gefragt. Tobias ließ die Schultern hängen. »Das Handy funktioniert noch, doch ich brauche ein Passwort.«

»Oh Mann, das kann ja alles sein«, stöhnte Alexandra frustriert. »Und jetzt?«

»Tja, da muss Ekki wohl noch mal ran.« Tobias hob eine Hand. »Aber versprich dir nicht zu viel davon! Vielleicht kann er das Passwort ja gar nicht knacken. Jedenfalls wird ihm das nicht in fünf Minuten gelingen.«

»Dann ruf ihn sofort an. Umso schneller kann er sich an die Arbeit machen«, sagte sie. Während Tobias mit dem Kollegen telefonierte, löste Alexandra die Leine vom Außenspiegel. Kater Brown sprang von der Motorhaube und rieb den Kopf an Alexandras Beinen. »Wir können uns ja derweil im Keller umsehen«, schlug sie vor, als Tobias das Gespräch beendet hatte. »Mal schauen, ob wir jetzt unbemerkt an den Schlüsselbund kommen!«

Tobias nickte. »Wildens Handy ist übrigens noch angeschlossen, damit es aufgeladen wird«, ließ er sie wissen. »Ich habe die Konsole geschlossen, damit niemand das Gerät sehen kann und auf die Idee kommt, den Wagen aufzubrechen, um es doch noch verschwinden zu lassen.«

»Okay, alles klar.« Alexandra schloss Wildens Wagen ab, dann gingen sie, jeder mit einer schweren Einkaufstasche bepackt, zum Kloster. Kater Brown trottete in einigem Abstand hinter ihnen her, was dank der Auszugleine kein Problem war.

»Das Geschirr scheint ihn so wenig zu stören wie die Leine«, merkte Tobias an.

»Ja, er ist schon etwas ganz Besonderes, finde ich.« Sie drehte sich um und stutzte. »Wo ist er hin?« Sie folgte dem Verlauf der Leine und stellte fest, dass Kater Brown in den Seitenweg eingebogen war, der zur Kapelle neben dem Kloster führte. »He, du Räuber, komm her!«, rief sie, aber der Kater sah nicht zu ihr zurück, sondern marschierte zielstrebig weiter. Alexandra wartete schmunzelnd, bis das Ende der Leine erreicht war. Kater Brown blieb stehen, als er den Widerstand bemerkte, und drehte sich um. Seine Augen funkelten vorwurfsvoll, und er ließ ein sehr energisches Miauen hören.

»Nein, du kommst jetzt her«, erwiderte Alexandra und zog an der Leine.

Der Kater blieb störrisch stehen, miaute erneut … und warf sich auf den Boden!

»Das darf doch wohl nicht wahr sein«, sagte sie. »Der hinterlistige Kerl weiß ganz genau, dass ich ihn nie und nimmer einfach über den Boden schleifen würde.«

Sie stellte die Einkaufstasche ab und ging zu dem Kater, der auf der Seite lag und sie herausfordernd ansah. Seine Schwanzspitze zuckte hin und her. Kurz bevor Alexandra ihn erreicht hatte, sprang er jedoch auf und jagte weiter in Richtung Kapelle. Alexandra hätte den Stopp-Knopf der Leine drücken können, um Kater Brown aufzuhalten. Doch sie ließ ihn gewähren. Als erneut das Ende der Leine erreicht war, warf er sich wieder auf den Boden.

»Ich schätze, das dauert noch ein bisschen«, rief sie Tobias zu, der das Schauspiel mit einem ausgelassenen Lachen kommentierte.

»Ich bringe schon mal die Taschen hinein und schaue noch einmal nach Assmann. Vielleicht hat er sich ja inzwischen blicken lassen«, erwiderte er und ging davon.

Alexandra trat auf Kater Brown zu, hakte diesmal jedoch die Leine ein, damit er nicht noch einmal entwischen konnte. Der Kater stand auf und kam ihr entgegengelaufen. Aber während Alexandra sich bückte, um ihn auf den Arm zu nehmen, ließ sie den Einraste-Knopf los, und Kater Brown schlug einen Haken, lief zweimal um sie herum und blieb dann stehen.