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In gleichmütig trockenem Ton fuhr Colquhoun fort:»Da wir aber die Seewege und Versorgungsrouten beherrschen, können weder die Franzosen noch der verdammte Papst uns hindern, auf dem Festland überall die Kontrolle zurückzugewinnen.»

Er wandte sich langsam um. Die Sonne blitzte auf den goldenen Tressen seines Rockes.»Stimmen Sie mir zu?»

Bolitho wandte sich in seinem Stuhl um:»Ich bin ganz Ihrer Meinung, Sir. Aber.»

«Aber ist kein Wort, das mir zusagt«, schnappte Colquhoun.»Entweder Sie stimmen zu, oder Sie lehnen ab.»

«Ich denke, es sollte mehr getan werden, um die Kaperschiffe in ihren Stützpunkten aufzuspüren und zu vernichten, Sir. «Er unterbrach seine Worte und wartete auf eine bissige Bemerkung. Dann redete er weiter:»Wir haben zu wenig Schiffe für den Geleitschutz. Jeder von zwei oder mehr Schiffen energisch geführte Angriff auf Nachschubeinheiten kann eine einzelne Eskorte zum Teufel schicken.»

«Wahrhaftig, Sie überraschen mich!»

Bolitho biß sich auf die Lippen. Er hatte sich hinreißen lassen. Vielleicht hatte Colquhoun gehofft, daß einer seiner Freunde oder Schützlinge das neue Kommando erhalten würde, und betrachtete Bolitho nun als Eindringling. Wo auch immer die Ursache liegen mochte, an einer gewissen Feindseligkeit schien kein Zweifel zu bestehen.

«Ich habe natürlich von Ihrer Familie gehört, Bolitho. Seefahrerrasse. Keiner von euch hat sich jemals gefürchtet, Kopf und Kragen zu riskieren. Auch jetzt brauchen wir hier draußen die besten Offiziere, die wir kriegen können.»

Er wandte sich plötzlich dem Fenster zu.»Kommen Sie her!»

Bolitho ging quer durch den Raum zu seinem Vorgesetzten und schaute auf die vor Anker liegenden Schiffe hinunter.

«Sieht ziemlich eindrucksvoll aus, nicht wahr?«Colquhoun stieß die Luft aus seinen Lungen. Es klang wie ein Seufzer.»Aber draußen auf See in alle vier Windrichtungen zerstreut sind sie nur eine Handvoll. Die Franzosen in unserem Rücken bedrohen England. Wir sind weit über unsere Sicherheitsgrenzen hinaus angespannt. «Mit einer weiten Handbewegung deutete er über den Hafen hin. Dort unten wurde eine Fregatte überholt. Stark gekrängt lag sie auf einer Seite. An ihrem Kiel wimmelte es von Arbeitern, ihre nackten Rücken glänzten im Sonnenlicht wie Mahagoni.

«Die Bacchante, sechsunddreißig Kanonen«, sagte Colquhoun sachlich.»Mein Schiff! Zum ersten Mal, seit ich das Kommando übernommen habe, kann ich die notwendigen Reparaturen unter der Wasserlinie durchführen lassen.»

Bolitho warf ihm einen raschen Blick zu. Seit seinen ersten und einzigen Erfahrungen auf der kleinen, mit achtundzwanzig Kanonen bestückten Destiny hatte er immer davon geträumt, einst eine Fregatte zu befehligen. Auf solch einem wendigen und schnellen Schiff alles außer den mächtigen Linienschiffen mit allem Schneid eines jungen Kapitäns anzugreifen! Welch eine verlockende Vorstellung.

Aber Colquhoun schien nicht in diese Rolle zu passen. Er war zart gebaut und hatte das blasse, empfindliche und gute Aussehen eines echten Aristokraten. Seine Kleidung war von hervorragendem Schnitt, und der Degen an seiner Hüfte mochte an die zweihundert Guineen wert sein.

Colquhoun hob seinen Arm.»Schauen Sie dort hin. Hinter meinem Schiff können Sie den Rest unsrer Flottille ausmachen. Mit diesen paar Schiffen soll ich Patrouillen fahren, den Feind auskundschaften, Depeschen überbringen und jedem weichlichen Kaufmann die Tränen aus den Augen wischen, wenn ein verdächtiges Segel über dem Horizont auftaucht. Fünfmal so stark sollten meine Streitkräfte sein, und selbst dann würde ich mir noch mehr wünschen.»

Mit einem prüfenden Blick wandte er sich Bolitho zu, der auf das blinkende Wasser hinunterstarrte.

«Drei Korvetten«, sagte Bolitho langsam. Dahinter sah er einen winzigen bewaffneten Schoner. Sollte dies sein Schiff sein? Er schluckte hart.»Und ein Schoner.»

«Richtig. «Colquhoun ging zum Tisch und ergriff eine schwere Karaffe. Während er sie gegen die Sonne hielt, fuhr er fort:»Sie erhalten die Sparrow, Bolitho. Achtzehn Geschütze und erst zwei Jahre alt. «Er musterte ihn flüchtig.»Nach meiner Fregatte das beste Schiff unter meinem Kommando.»

Bolitho konnte ihn nur anstarren.

«Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Sir.»

Der andere zog eine Grimasse.»Dann sagen Sie eben nichts!«Er goß zwei Gläser Brandy ein.

«Ich zweifle nicht an Ihrer Befähigung zum Seeoffizier, Bolitho. Ihre letzte Beurteilung ist mir Beweis genug. Gehorchen und Be-fehle auszuführen, ohne zu fragen, ist jedoch nur die eine Seite. Leute zu führen, ihr Geschick und ihr Leben in der Hand zu halten, ohne sie jemals aus dem Griff zu lassen, ist aber etwas ganz anderes.»

Er bot ihm ein Glas an.»Auf Ihr erstes Kommando, Bolitho. Ich wünsche Ihnen noch mehr von jenem Glück, das Sie auf Ihrem Weg ins Jahr 78 begleitet hat. Denn das kann ich Ihnen versprechen, Sie werden es dringend brauchen!»

Der Brandy brannte wie Feuer, aber Bolitho wirbelte immer noch so sehr der Kopf, daß er es kaum bemerkte. Eine neue Korvette! Die beste in Colquhouns Flottille! Ein Traum? Würde er nicht im nächsten Augenblick an Bord der Oktavia erwachen, und der heutige Tag würde erst beginnen?

«Ihr Vorgänger auf der Sparrow ist kürzlich gestorben«, sagte Colquhoun mit ruhiger, gleichmütiger Stimme.

«Oh, das tut mir leid, Sir!»

«Hm. «Colquhoun betrachtete ihn gedankenvoll.»Fieber, sein Erster Leutnant ist zu jung im Dienstrang, selbst für ein nur vorübergehendes Kommando. «Er zuckte die Achseln.»Durch Ihre Ankunft genau im rechten Augenblick, durch die Gnade unsres hochverehrten Admirals und natürlich, Bolitho, auch durch Ihre augenscheinlichen Qualitäten für dieses Kommando fiel die Wahl sofort auf Sie, eh?«Kein Lächeln erhellte seine Züge.

Bolitho schaute zur Seite. Es schien ihm sicherer zu sein, wenn er sich von vornherein darauf einstellte, daß Colquhoun keinen Sinn für Humor besaß.

«Ich will mein Bestes tun, Sir.»

«Selbstverständlich. «Colquhoun zog seine Uhr aus der Tasche und klickte den Deckel auf.»Die Besatzung der Sparrow ist vollzählig. Ich werde Ihre Prisenbesatzung auf andere Schiffe, wo sie dringend gebraucht wird, verteilen müssen. Es sei denn, Sie hätten irgendeinen besonderen Mann, von dem Sie sich nicht trennen möchten.»

«Ja, Sir, einen. Ich bin Ihnen sehr dankbar.»

Colquhoun seufzte.»Sie sind eine sonderbare Mischung. Es handelt sich wohl um einen Mann aus Cornwall?»

«Jawohl, Sir!»

«Nun gut. «Er sprach den Satz nicht zu Ende. Statt dessen sagte er:»Ich habe ein Boot angefordert. Es wird Sie in einer halben Stunde abholen. Bis dann werden Ihre Dokumente fertig sein.»

Bolitho wartete. Er wußte nicht, ob er sich noch andere Ratschläge anzuhören hätte.

Colquhoun schien seine Gedanken zu erraten und meinte ruhig:»Von Zeit zu Zeit werden Sie schriftliche Instruktionen erhalten. Aber man wird Ihnen nur sagen, was Sie zu tun haben. Wie Sie die Befehle ausführen und Erfolg erzielen, wird einzig und allein Ihre Bürde bleiben. «Er wandte sich wieder dem Fenster zu, seine Augen ruhten auf der gekrängten Fregatte.»Ich hatte bisher vier Kommandos. Das erste war natürlich das aufregendste, aber soweit ich mich erinnere, auch das einsamste. Ich konnte meine Kameraden in der Offiziersmesse nicht mehr um Hilfe bitten. Auch außerhalb meiner Dienststunden konnte ich keine Freiheit finden. In früheren Jahren hatte ich geglaubt, ein Kapitän sei so etwas wie ein Gott, der auf die Erde gesandt sei, um Befehle zu erteilen und die Durchführung mit all den Schwierigkeiten und Sorgen seinen Untergebenen aufzuhalsen. Jetzt weiß ich es besser. Auch Sie werden das noch erfahren.»

Bolitho griff nach seinem Hut.»Ich werde versuchen, mich daran zu erinnern, Sir.»

Colquhoun blickte an ihm vorbei.»Das werden Sie nicht tun! Sie werden denken, daß Sie alles besser wissen als alle anderen. So ist das eben, und so muß es auch wohl sein. Aber irgendwann unterwegs, zwischen den Zähnen eines Orkans oder im Feuer feindlicher Breitseiten oder meinetwegen auch in den Kalmen, wenn Ihre Leute auf dem Schiff vor Durst fast wahnsinnig werden, dann, Bolitho, werden Sie die wahre Bedeutung der Kommandogewalt erfahren. Wenn Sie Hilfe und Rat am nötigsten brauchen, werden Sie allein sein. Wenn alle anderen zu Ihnen aufs Achterdeck hinaufschauen und Sie die Macht über Leben oder Tod in Ihren Händen halten, dann, glauben Sie mir, werden Sie die Verantwortung eines Kapitäns kennenlernen. «Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu:»Sie können im Zimmer neben dem Eingang warten.»