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Sie, Sir Joe Pritchell, bitte ich, diese Neuigkeiten unverzüglich Ihren ehrenwerten Gästen mitzuteilen. Bitten Sie sie, noch heute abend die Mitglieder des Tribunals zu benennen. Heute abend schicke ich Ihnen einen verläßlichen Mann. Mögen ihm alle furchtlos folgen, auch Toby Allsmine. Sie werden sehen und urteilen.

gez. Triplex«

Joe schwieg. Die Offiziere blickten sich fragend an.

»Ich will sehr gern tun, was Mr. Triplex wünscht«, sagte der Admiral schließlich, »aber eins überrascht mich. Wie kann er wissen, wie die Admiralität entschieden hat?«

Ein beifälliges Raunen bewies, daß sich auch die anderen Offiziere schon das gleiche gefragt hatten.

Pritchell zuckte mit den Schultern.

»Ich weiß es nicht.«

»Aber dieser Brief muß doch schließlich durch jemand überbracht worden sein?«

»Ja, natürlich.«

»Wer ist das?«

»Ich weiß es nicht, ich werde nachfragen.«

Joe drückte auf einen Klingelknopf. Die Tür zum Salon öffnete sich augenblicklich, und herein trat der Bedienstete, der den Brief überbracht hatte. Sein Herr winkte ihn heran.

»Sie haben mir eben einen Brief überbracht«, sagte er.

»Gewiß, Sir.«

»Von wem erhielten Sie Ihn?«

Der Bedienstete schien verwundert.

»Von wem?«

»Ja. Irgend jemand muß Ihnen den Brief doch ausgehändigt haben.«

»Nein, niemand.«

Die Antwort schien Lord Strawberry zu ärgern.

»Wie ist er denn dann in Ihre Hände gelangt?« fragte er gereizt.

»Nun …, wir saßen in der Küche, die Fenster waren offen. Plötzlich fiel dieser Brief herein. Wir sind zum Fenster geeilt und haben nachgesehen …, niemand. Ich habe den Brief an mich genommen, und da er an Sie gerichtet ist, Sir, habe ich ihn sofort hergebracht.«

Noch vor einem Monat hätte dieser Brief für Verwirrung gesorgt. Aber jetzt? Hatte nicht Triplex ankündigen lassen, daß er sich schon heute abend zeigen würde? Ganz gewiß würde der heutige Abend das Ende der Geheimniskrämerei bringen. Am besten wäre, wenn man dem Wunsch des Korsaren entsprechen und die Offiziere auswählen würde, die das Tribunal bilden sollten.

Das war auch schnell getan. Das Gericht setzte sich aus sieben Personen zusammen: Lord Strawberry, dem Präsidenten; zwei Kapitänen der Kreuzer; drei Offizieren und einem Schreiber als Sekretär.

Letzteren schickte man zu dem Admiralsschiff zurück, um ein Peloton von Seeleuten zusammenzustellen, das das Kriegstribunal eskortieren würde. Gegen vier Uhr gingen die Matrosen an Land, stiegen zur Villa empor, bezogen im Park Quartier und erwarteten die Befehle ihrer Vorgesetzten.

Alles war bereit.

In diesem Augenblick meldeten die Offiziere, die das Meer beobachtet hatten, eine Rauchfahne am Horizont. Sofort richtete man alle verfügbaren Gläser auf die bezeichnete Stelle. Bald war kein Zweifel mehr möglich. Das war der nach Sydney entsandte Kreuzer, der dort mit voller Fahrt voraus herandampfte.

Es war tatsächlich die Wing. Nach ihrer Ankunft in Sydney hatte der Kommandant ein Kabelgramm an die Admiralität geschickt und die Lage geschildert.

Man hatte ihm folgende Antwort geschickt:

Sir Toby Allsmine an Bord schaffen und unverzüglich nach der Goldinsel auslaufen. Schnellstens diese Affäre beenden. Zwischenfälle in China und auf den Philippinen erfordern vollste Bewegungsfreiheit für die Flotte. Differenzen klären und Schuldigen nach England bringen.

Ohne zu zögern, hatte sich der Offizier in die Paramata Street begeben. Sein Erscheinen war für Sir Toby wie ein einschlagender Blitz gewesen. Allsmine glaubte sich verloren. Aber er konnte gegen den Befehl nichts machen und war zähneknirschend an Bord gegangen. Am nächsten Morgen war der Kreuzer, nachdem er in Port Jackson seine Kohlenbunker wieder aufgefüllt hatte, nach der Goldinsel ausgelaufen.

Während der Überfahrt fing sich der Polizist wieder. Schließlich gab es keine Beweise für seine Verbrechen; er konnte nur verurteilt werden, wenn er gestand; und er schwor sich, daß ihm nichts auf der Welt ein Geständnis entlocken würde.

Nachdem er diesen Entschluß gefaßt hatte, fühlte er sich unbeschwerter und präsentierte seiner Begleitung ein unschuldiges Gewissen. Er erklärte seine Verwirrung der ersten Stunde durch den Zorn, den er empfand, weil die Admiralität einen Mann seiner Verdienste mit einem Banditen auf die gleiche Stufe stellte.

Nun war man also vor der Goldinsel angekommen. Die Passage zur Bucht öffnete sich, um das Schiff hindurchzulassen, danach schloß sie sich wieder. Es war etwa fünf Uhr, als der Kreuzer nicht weit von den anderen Schiffen entfernt vor Anker ging.

Um fünf Uhr zehn legte ein Beiboot vom Flaggschiff ab. Um fünf Uhr zwanzig bestieg Sir Toby das Beiboot; um fünf Uhr fünfunddreißig legte es am Ufer der Bucht an, wo mehrere Offiziere auf Allsmine warteten. Um sechs Uhr zehn erreichte er die Villa, um halb erklang die Glocke zum Abendessen, und der Chef der Pazifikpolizei nahm inmitten der übrigen Gäste Joe Pritchells an dessen Tafel Platz.

In diesem Augenblick geschah der erste Zwischenfall. Lord Strawberry hielt es für seine Pflicht, den Neuankömmling vorzustellen.

»Sir Joe«, sagte er, wobei er sich erhob, »Ihr Haus war unendlich gastfreundlich. Heute abend beanspruchen wir noch einmal Ihr Entgegenkommen, indem wir Ihnen einen neuen Gast zuführen.« Er zeigte auf den Polizisten. »Erlauben Sie, daß ich Ihnen Sir Toby Allsmine, den Obersten Chef der Pazifikpolizei, vorstelle.«

Höflich grüßte ihn der Eigentümer der Goldinsel und antwortete mit klarer Stimme: »Sir Toby Allsmine sei willkommen im Hause von Sir Joe Pritchell.«

Der Name löste bei dem Polizisten eine unerwartete Reaktion aus. Er schrie kurz auf, wich einen Schritt zurück und wurde fahl im Gesicht.

Joe schien die Verwirrung seines Gastes jedoch nicht wahrzunehmen, denn genauso höflich wie eben sagte er: »Und nun zu Tisch, meine Herren; vergessen wir nicht, daß wir heute noch eine lange Nacht vor uns haben und auch der geheimnisvolle Korsar, dessen Kapriolen mir erlaubt haben, mit Ihnen in Verbindung zu treten, an unserer Zusammenkunft teilnehmen will.«

Wie jedermann hatte auch Lavarède bemerkt, daß der Name von Sir Joe auf Allsmine ungeheuren Eindruck gemacht hatte. Das hatte ihn in einen Abgrund der Nachdenklichkeit gestürzt. Welche Verbindungen – und es mußte welche geben oder gegeben haben, das war offensichtlich – mochten zwischen beiden bestehen?

Wenn er jedoch seinen Gastgeber anblickte, dann war er versucht zu glauben, daß er sich irrte. Pritchell war unglaublich gefaßt und begleitete die Mahlzeit mit seiner gewohnten guten Laune. Wenn Armand allerdings den Polizeichef beobachtete, dann war er seiner Sache wieder sicher. Toby rührte kaum die Speisen an. Wenn er sich unbeobachtet glaubte, warf er Pritchell versteckte Blicke zu, in denen sich sowohl Haß als auch Angst spiegelten. Mehrere Male ließ er sich sein Glas mit reinem Wasser füllen und leerte es auf einen Zug. Ein ungutes Gefühl mußte ihm die Kehle ausgetrocknet haben.

Diese Beobachtung beschäftigte den Journalisten so intensiv, daß er seinerseits ebenfalls kaum die Speisen anrührte, sondern seine Umgebung aufmerksam musterte. Dabei wunderte er sich zutiefst über die in aller Gemütsruhe kauenden, schwatzenden und sicher ausnehmend gelassen verdauenden britischen Offiziere, denen offenbar die Vorstellung, bald dem gefürchteten Korsaren gegenüberzustehen, nichts von ihrem Phlegma nehmen konnte. Plagte denn diese Leute die Neugier gar nicht? Sie wirkten wie simple Maschinen, die zu nichts anderem taugten, als Essen in sich hineinzuschaufeln.

Wie lang ihm jedoch auch die Mahlzeit vorkommen mochte, einmal mußte sie zu Ende gehen. Endlich erhob man sich von der Tafel, und als hätte der Korsar nur bis zu diesem Augenblick gewartet, erschien justament ein Matrose im Salon, das Gesicht mit einer grünen Maske verdeckt, und rief mit weithin schallender Stimme: »Ich bin beauftragt, die Gentlemen zu Kapitän Triplex zu führen!«