»Diavolo maledetto! bassa marendete! Zie werden ihn doch nicht allein reiten lassen? ez wird doch einer zein Roß am Zügel führen nach Kriegesbrauch! Wie? ist ez ein Ritter, der kommt?«
»Ein Edelmann so gut wie einer im Reich«, antwortete der Pfeifer; »und der Herzog ist ihm sehr gewogen.« Bei dieser Nachricht standen die Hauptleute auf, denn, ob sie sich gleich nicht wenig einbildeten, Hauptleute zu heißen, so wußten sie doch, daß sie eigentlich nur Landsknechte und dem Ritter jedes Zeichen von Ehrerbietung schuldig seien. Der Oberst aber setzte sich gravitätisch am Fuß der Eiche nieder, strich den Bart, daß er hell glänzte, setzte den großen Hut mit der Hahnenfeder zurecht, stützte sich auf seinen großen Hieber und erwartete so den Ritter.
II
Der Herzog ist gekommen,
Er liegt nicht weit im Feld;
Er hat's dem Feind genommen,
Er bringt 'nen Sack mit Geld.
Dem Platze, wo die Hauptleute und der lange Peter, ihr Oberst, versammelt waren, nahte sich jetzt ein geharnischter Reiter, dessen Pferd von zwei Landsknechten geführt wurde. Der Ritter hatte das Visier seines blanken Helmes herabgeschlagen, die breiten Schultern und die kräftigen Lenden und Beine waren mit Platten und Schienen von Stahl verhüllt, aber die wallenden Federn seines Helmbusches und die wohlbekannten Farben einer Schärpe, die über den Panzer herablief, die Haltung und das edle, kräftige Wesen des Nahenden hatten dem Pfeifer von Hardt längst gesagt, wen er zu erwarten habe. Und er betrog sich nicht, denn einer der Knechte trat jetzt vor den Oberst und berichtete, daß der »Edle von Sturmfeder« mit den Anführern der gesamten Landsknechte etwas zu sprechen habe.
Der lange Peter antwortete im Namen der übrigen: »Zag ihm, er ist willkommen, Peter Hunzinger der Oberst, Ztaberl von Wien, Kunrad der Magdeburger, Balthasar Löffler und der tapfere Muckerle, wohlbestallte Hauptleute erwarten ihn zum Gespräch. – Gott straf mein Zeel, er hat einen schönen Harnisch und einen Helm wie der König Franz; aber zein Gaul dürfte besser zein, Mordblei! er ist an allen vieren steif!«
»Dos ist holt, sog ich, weil er den gonzen Sommer g'stonden ist in Mömpelgard beim Herzog.«
Die Männer belächelten den Witz des Wieners, doch hüteten sie sich, ihre Freude laut werden zu lassen, denn der Ritter hielt nicht allzu ferne. Noch immer machte er aber keine Miene, abzusteigen und sich ihnen zu nahen; er sprach mit dem Knecht, schlug dann das Visier auf und zeigte ein schönes freundliches Gesicht. »Steht dort nicht Hanns der Spielmann?« rief er mir lauter Stimme. »Erlaubet, daß er ein wenig zu mir trete.«
Der Oberst nickte dem Pfeifer zu, er ging und der Junker schwang sich vom Pferde. »Willkommen in Württemberg, edler Herr«, rief der Mann von Hardt, indem er den Handschlag des Junkers treuherzig erwiderte. »Bringt Ihr gute Botschaft? ich seh's Euch an den Augen an, es steht gut mit dem Herzog.«
»Komm! tritt hier ein wenig auf die Seite«, sagte Georg von Sturmfeder mit freudiger Hast. »Wie steht es auf Lichtenstein? denkt sie an mich? hast du einen Brief, ein paar Zeilen? o gib schnell! was läßt sie mir sagen, guter Hanns?«
Der Pfeifer lächelte schlau über die Ungeduld des liebenden Jünglings »Einen Brief hab ich nicht; keine Zeile. Sie ist gesund und der alte Herr auch; das ist alles was ich weiß.«
»Wie!« unterbrach ihn Georg; »keinen Gruß? keine Botschaft? So hat sie dich gewiß nicht ziehen lassen!«
»Als ich vorgestern Abschied nahm, sagte das Fräulein: ›Sag ihm, er soll sich sputen, daß er einziehet in Stuttgart,‹ sie wurde geradeso rot wie Ihr jetzt, als sie dies sprach.«
Der junge Mann errötete voll freudiger Gefühle, sein Auge glänzte und ein freundliches Lächeln zeigte, daß er den Sinn dieser Worte verstanden habe.
»Bald, bald werden wir einziehen, so Gott will«, sagte er. »Aber wie lebten sie diesen langen Sommer; nur dreimal kam uns Botschaft von ihnen zu! Warst du oft auf Lichtenstein, Hanns? War sie traurig? was sprach sie?«
»Lieber Herr«, antwortete der Mann von Hardt, »geduldet Euch noch, auf dem Marsch will ich Euch ein langes und breites erzählen, für jetzt nur so vieclass="underline" sobald der Alte hört, daß Ihr auf Stuttgart ziehet, will er von Lichtenstein aufbrechen und Euch die Braut zuführen. Denn er zweifelt nicht, daß Ihr die Stadt überwältiget. Habt Ihr Heimsheim?«
»Wir haben es; ich jagte mit zwölf Reitern in die Tore, ehe sie sich's versahen. Die Besatzung war zwar etwas stärker, als wir, aber mutlos und unzufrieden. Ich handelte mit ihnen in des Herzogs Namen, da glaubten sie, er liege mit vielen Truppen noch im Hinterhalt und ergaben sich. So weit wären wir nun in Württemberg, aber wie ist der Weg weiterhin?«
»Offen, bis ins Herz offen. Ich bringe Euch wichtige Nachricht vom Ritter von Lichtenstein, daß die gewaltigen Herren aus dem Lande sind, wisset Ihr –«
»Sie halten einen Bundestag in Nördlingen[40], ist's nicht so? freilich wissen wir's, denn auf diese Nachricht, brach der Herzog aus Baden auf.«
»Nun, und wenn die Katzen fort sind, tanzen die Mäuse auf dem Tisch! Die Besatzungen sind überall unbesorgt; an den Herzog denkt kein Bündler mehr, sie sind nur aufmerksam auf den Bundestag, welchen Herrn wir bekommen werden; den Österreicher, den Bayer, den Prinzen Christophel oder ob uns der Städtebund, Augsburg und Aalen, Nürnberg und Bopfingen regieren werde.«
»Welche Augen sie machen werden«, rief Georg lächelnd, »wenn der Stuhl schon besetzt ist, um welchen sie streiten!
sagt's Sprichwort; sie werden ihre Büchsen auf die Schulter nehmen und 's Regieren sein lassen.«
»Und die Württemberger? wie denken sie jetzt vom Herzog? glaubst du, er wird viel Anhang finden? Werden sie uns zu Hülfe ziehen?«
»Was Bürger und Bauern sind, ja. Von der Ritterschaft weiß ich's nicht und der alte Herr zuckte die Achsel, wenn ich ihn fragte und murmelte ein paar Flüche. Ich fürchte, es steht hier nicht alles, wie es soll. Aber Bürger und Bauern, die sind für den Herzog. Es sind allerlei sonderbare Zeichen geschehen, die das Volk aufmuntern. So ist neulich im Remstal ein Stein vom Himmel gefallen, drauf war ein Hirschgeweih eingegraben und die Worte: ›Hie gut Württemberg allweg‹ und auf der andern Seite soll man auf lateinisch gelesen haben: ›Herzog Ulerich soll leben!‹ «[41]
»Vom Himmel gefallen, sagst du?«
»So sagt man. Die Bauern hatten große Freude dran, aber die bündischen Herren wurden zornig, nahmen die Schulzen gefangen und wollten ihnen abpressen, woher der Stein des Anstoßes komme. Und als man bei hoher Strafe verbot, vom Herzog zu sprechen, da lachten die Männer und sagten, jetzt träumen wir von ihm. Alles wünscht ihn zurück, denn sie wollen sich lieber von ihrem anerkannten Herrn drücken als von Fremden die Haut abziehen lassen.«
»Gut; der Herzog und seine Reiter können in wenigen Stunden hier sein. Sein Plan ist, sich gerade durchs Land nach Stuttgart zu schlagen. Ist die Hauptstadt unser, so fällt uns auch das Land zu. Und wie ist es mit den Landsknechten dort? wollen sie mitziehen?«
»Fast hätte ich die vergessen«, sagte Hanns; »sie werden ungeduldig werden, wenn wir sie zu lange warten lassen. Gehet doch recht klug mit ihnen um, es sind stolze Gesellen und lassen sich Hauptleute schelten; aber haben wir die fünfe gewonnen, so sind zwölf Fähnlein des Herzogs. Besonders mit dem Oberst, dem langen Peter, müßt Ihr gar höflich sein.«
»Welcher ist der lange Peter?«
»Der dicke Mann, der unter der Eiche sitzt. Er hat einen steifen Schnauzbart und einen vornehmen Hut auf dem Kopf. Der ist der Höchste unter ihnen.«
40
Der Schwaben- und Frankenbund hielt in diesem Sommer einen Bundestag in Nördlingen. Auch die Herzogin Sabina und der Herzog von Bayern fanden sich dort ein, um hauptsächlich über Württemberg zu entscheiden. Sattler II. §. 15.
41
Die Regentschaft mußte zu jener Zeit viel seltsamer, leichtfertiger und böser Reden hören. Der Keller in Göppingen berichtete einmal, man habe auf der Straße zwischen Grunbach und Heppach einen Kieselstein gefunden, auf dessen einer Seite ein Hirschgeweih mit der Unterschrift: »Hie gut Württemberg alleweg«, auf der andern Seite ein Jagdhorn mit den Worten: »Vive Dux Ulrice« zu sehen waren. Vergleiche Pfaffs Gesch. v. W. I. 306.