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Der fragliche Pokal war ein reich verzierter, graziös langgezogener Kelch, fünfundvierzig Zentimeter hoch und zweifellos aus reinem Silber.

«Wofür ist er denn?«fragte ich.

«Weiß ich noch nicht. Muß ich mir erst überlegen.«

«Aber. die Gravur?«

«Mhm. Der Coochie-Pembroke-Memorial-Challenge-Pokal. Ziemlich gut, meinst du nicht?«

«Doch«, sagte ich.

Er warf mir einen Seitenblick zu.»Wußte ich, daß dir das gefällt. «Er strebte wieder zur Tür hin.»Also los, ein Pferd.«

Ganz wie in alten Zeiten, dachte ich mit beinahe vergessenem

Vergnügen. Die plötzlichen Impulse, die sich vielleicht als durchaus vernünftig erwiesen, vielleicht auch nicht, die ungezügelte Begeisterung, die sofort befriedigt werden wollte… und nachher mitunter die Abkehr von einem Debakel, als wäre es nicht geschehen. Der Coochie-Pembroke-Memorial-Challenge-Pokal konnte zu einem international begehrten Ehrenpreis werden, er konnte aber auch auf einem Dachboden verstauben, ohne jemals präsentiert worden zu sein — bei Malcolm war das immer völlig offen.

Ich nannte ihn wie alle seine Kinder Malcolm, weil er uns dazu aufgefordert hatte, und es war für mich von jeher selbstverständlich. Andere Jungs mochten ihren Dad haben, ich hatte meinen Vater, Malcolm.

Kaum hatten wir das Geschäft verlassen, fragte er:»Wie läuft denn die Sache? Wie fängt man das an?«

«Ehm…«, sagte ich.»Heute ist der erste Tag der HighflyerAuktion.«

«Na und?«fragte er, als ich einhielt.»Weiter.«

«Du mußt dir darüber im klaren sein… daß die mit einem Eröffnungsgebot nicht unter 20000 Guineen anfangen.«

Es schockte ihn nur minimal.»Eröffnungsgebot? Für wieviel verkaufen sie denn?«

«Von hunderttausend aufwärts. Heute hast du Glück, wenn du einen Jährling der Spitzenklasse für unter einer Viertelmillion bekommst. Es ist der teuerste Tag des Jahres.«

Er geriet nicht weiter ins Wanken.»Dann komm«, sagte er.»Gehen wir rein und bieten.«

«Du mußt dir zuerst die Abstammung ansehen«, sagte ich.»Dann mußt du sehen, ob dir die Tiere gefallen, und dann brauchst du die Hilfe und den Rat eines Agenten.«

«Ian«, sagte er mit gespieltem Kummer,»ich habe keine Ahnung von Stammbäumen, ich kann grad feststellen, ob so ein

Roß vier Beine hat, und Agenten traue ich nicht. Also komm, laß uns bieten.«

Für mich hörte sich das verrückt an, aber es war sein Geld. Wir traten in die Auktionshalle, wo die Versteigerung bereits in Gang war, und Malcolm fragte mich, wo die reichsten Bieter zu finden seien, diejenigen, die es wirklich ernst meinten.

«In den Sitzbänken links von den Versteigerern, oder hier am Eingang, oder auch da drüben links.«

Er schaute und hörte zu, dann ging er mir voran zu einer Sitzreihe, von wo er die Plätze, auf die ich hingewiesen hatte, beobachten konnte. Das Amphitheater war schon zu mehr als drei Vierteln besetzt, und später würden sich die Leute hier auf die Füße treten, zumal wenn ein besonders begehrtes Objekt an die Reihe kam.

«Die allerhöchsten Preise werden wahrscheinlich heute abend geboten«, sagte ich halb neckend zu ihm, doch er meinte nur:»Dann sollten wir vielleicht warten.«

«Wenn du zehn Jährlinge kaufst«, sagte ich,»kommen unter Umständen sechs davon auf eine Rennbahn, drei gewinnen eventuell ein Rennen, und einer ist unter Umständen ziemlich gut. Wenn du Glück hast.«

«Der vorsichtige Ian.«

«Du«, sagte ich,»bist vorsichtig mit Gold.«

Er sah mich aus halbgeschlossenen Augen an.»Das sagen nicht viele Leute.«

«Du bist schnell und hitzig«, sagte ich,»aber du wartest und paßt den richtigen Moment ab.«

Er grunzte nur und wandte seine Aufmerksamkeit voll dem gegenwärtigen Geschehen zu, wobei er sich nicht auf die Verkaufsobjekte konzentrierte, sondern auf die Bieter auf der anderen Seite des Ringes. Die Auktionatoren in der Loge zu unserer Linken waren entspannt und elegant; derjenige, der gerade am Mikrophon war, gab sich unbeeindruckt von den in Umlauf gesetzten Vermögen.»Fünfzigtausend, danke, Sir; sechzigtausend, siebzig… achtzig? Soll ich achtzig sagen? Achtzig, danke, Sir. Gegen Sie, Sir. Neunzig? Neunzig. Einhunderttausend. Es wird verkauft. Ich verkaufe jetzt. Gegen Sie, Sir? Nein? War es das? War es das?«Eine Pause für einen Rundblick, um sicherzugehen, daß nicht ein neuer Bieter irgendwo wild winkte.»Zuschlag also. Verkauft an Mr. Siddons. Einhunderttausend Guineen. Der nächste Posten…«

«Es wird verkauft«, sagte Malcolm.»Das heißt wohl, da lag der Mindestpreis?«

Ich nickte.

«Bis der Bursche sagt: >Es wird verkaufte, kann man also ruhig mitbieten, weil man weiß, daß man nicht kaufen muß?«

«Dein Gebot könnte gerade das sein, das den Mindestpreis erreicht.«

Er nickte.»Russisches Roulett.«

Wir beobachteten die Verkäufe noch den ganzen Nachmittag, doch er setzte sich keine Pistole an den Kopf. Er fragte nach den Leuten.»Wer ist dieser Mr. Siddons? Das ist schon das vierte Pferd, das er gekauft hat.«

«Er arbeitet für eine Vollblutagentur. Er kauft für andere.«

«Und der Mann in Dunkelblau, mit dem finsteren Blick. Wer ist das?«

«Max Jones. Er besitzt sehr viele Pferde.«

«Jedesmal, wenn die alte Frau da bietet, bietet er gegen sie.«

«Das ist eine bekannte Fehde.«

Er rümpfte die Nase.»Muß beide ein Vermögen kosten. «Er blickte über die Tribüne in das ständig wechselnde Publikum aus Züchtern, Trainern, Besitzern und lediglich Interessierten.»Auf wessen Urteil würdest du am meisten geben?«

Ich nannte mehrere Trainer und die Agenten, die eventuell in ihrem Auftrag handelten, und er bat mich, ihm Bescheid zu sagen, wenn jemand mit guter Sachkenntnis bot, und ihm die Leute zu zeigen. Ich tat das viele Male, und er hörte schweigend zu.

Nach einiger Zeit gingen wir hinaus, um zu verschnaufen, und genehmigten uns einen Ebury-Scotch, ein Sandwich und frische Luft.

«Du weißt wahrscheinlich«, sagte Malcolm beiläufig, während er zusah, wie etliche Jährlinge an der Hand ihrer Betreuer vorbei tänzelten,»daß Moira und ich uns scheiden lassen wollten?«

«Ja, davon habe ich gehört.«

«Und daß sie das Haus und die Hälfte meines Eigentums verlangt hat?«

«M-hm.«

«Und die Hälfte meiner künftigen Einnahmen?«

«Konnte sie das denn?«

«Sie wollte darum kämpfen.«

Ich sprach nicht aus, daß Moiras Mörder Malcolm einen großen Gefallen getan hatte, aber gedacht hatte ich es mehr als einmal.

Statt dessen sagte ich:»Immer noch keine Anhaltspunkte?«

«Nein, nichts Neues.«

Er sprach ohne Bedauern. Wenn man seiner bissigen zweiten Frau — meiner Mutter Joyce — glauben durfte, hatte seine Enttäuschung mit Moira angefangen, sobald er aufgehört hatte, Coochie zu vermissen; und da Joyce ebenso kritisch aufmerksam wie gehässig war, glaubte ich ihr.

«Die Polizei hat sich alle Mühe gegeben, nachzuweisen, daß ich es war«, sagte Malcolm.

«Hab ich gehört.«

«Von wem? Wer steckt dir so was?«

«Alle miteinander«, sagte ich.

«Die drei Hexen?«

Ich mußte lächeln. Er meinte seine drei lebenden Exgattinnen Vivien, Joyce und Alicia.

«Ja. Und die ganze Familie.«

Er zuckte die Achseln.

«Sie waren alle besorgt, du könntest es getan haben«, sagte ich.

«Warst du auch besorgt?«fragte er.

«Ich war froh, daß man dich nicht verhaftet hat.«

Er brummte vor sich hin.»Wahrscheinlich weißt du auch, daß die meisten deiner Geschwister, ganz zu schweigen von den Hexen, der Polizei gesagt haben, daß du Moira nicht ausstehen konntest?«

«Das haben sie mir selbst erzählt«, bestätigte ich.»Aber es stimmt ja.«