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Die Wache benachrichtigte den Doctor, daß aus Süden eine Flotille herannahe, deren Umfang man nur undeutlich in der Finsterniß wahrnehmen könne.

»Der Kriegsrath muß sofort zusammentreten,« sagte der Doctor.

Zehn Minuten später traten der Doctor, Peter, Luigi, die Kapitäne Narsos und Köstrik und die Führer der Miliz zu einer Berathung im Stadthause zusammen. Dort wurde ihnen die Mittheilung von der Beobachtung, welche der Wachposten gemacht hatte. Eine Viertelstunde später hatten sich Alle an den Hafen begeben und auf der äußersten Spitze des großen Dammes, auf dem das Leuchtfeuer aufblitzte, Posto gefaßt.

Von diesem nur wenig über dem Niveau des Meeres gelegenen Punkte aus war es unmöglich, die Flotille zu unterscheiden, was der Beobachtungsposten, der auf dem Centralkegel seinen Platz hatte, wohl konnte. Doch durch Erleuchtung des südöstlichen Horizontes mußte es zweifellos zu ermöglichen sein, die Zahl der Schiffe zu unterscheiden und in welcher Weise sie sich näherten.

Wäre es aber nicht zugleich eine Unvorsichtigkeit gewesen, auf diese Weise die Lage der Insel zu verrathen? Der Doctor glaubte es nicht. Wenn das der erwartete Feind war, so fuhr er auch nicht blind darauf los; er kannte genau die Lage von Antekirtta und nichts war im Stande, ihn von seinem Kurse abzubringen.

Die Apparate wurden also in Thätigkeit gesetzt und mit Hilfe der Tragfähigkeit der beiden in die Weite geschleuderten Strahlenbüschel erleuchtete sich plötzlich ein ziemlich großer Kreisabschnitt des Horizontes.

Die Wachen hatten sich nicht getäuscht. Zweihundert Fahrzeuge wenigstens rückten in einer Linie an, Schebecken, Polaken, Trabacolos, Sacoleven und andere Schiffskörper untergeordneterer Gattung. Kein Zweifel, es war die Flotte der Senusisten, die sich die Seeräuber aus allen Häfen der Küste zusammengeholt hatten. Da keine Brise wehte, so nahten sich die Schiffe mit Hilfe der Ruder der Insel. Für diese verhältnißmäßig kurze Ueberfahrt von dem Festlande nach Antekirtta konnten sie sehr gut der Mithilfe des Windes entbehren. Die Ruhe des Meeres mußte ihren Plänen durchaus förderlich sein, denn sie erlaubte ihnen auch eine Landung unter günstigeren Umständen. Augenblicklich befand sich die Flotte noch vier bis fünf Seemeilen südöstlich vor Antekirtta.

Vor Sonnenaufgang kam sie schwerlich dazu anzulegen. Es wäre aber äußerst unklug gewesen, es dahin kommen zu lassen, das heißt zu einem Erzwingen der Hafeneinfahrt oder einer Landung auf der südlichen Küste Antekirttas, die, wie schon gesagt, höchst ungenügend vertheidigt wurde.

Nach dieser ersten Recognoscirung stellten die elektrischen Apparate ihre Thätigkeit wieder ein und der Himmelsraum tauchte wieder in das Dunkel zurück. Man mußte den Anbruch des Tages abwarten.

Auf Befehl des Doctors sammelte sich sofort die Miliz.

Man mußte sich bereit machen, die allerersten der Coups auszuführen, denn davon hing der ganze Ausgang des Unternehmens ab.

Eines stand jetzt fest, daß nämlich die Angreifer nicht mehr darauf rechnen konnten, die Insel zu überraschen, da das Auswerfen des Lichtes es ermöglicht hatte, sowohl ihre Richtung als auch ihre Anzahl zu erkennen.

Während der ferneren Stunden der Nacht ließ man keine Vorsicht aus den Augen. Der Horizont wurde noch zu verschiedenen Malen beleuchtet, dadurch erhielt man noch genauere Kenntniß von der Position der feindlichen Flotte.

Daß die Angreifer in großer Stärke heranrückten, war nunmehr gewiß. Daß sie mit hinlänglichem Material versehen waren, um das Feuer der Strandbatterien auszuhalten, mußte als selbstverständlich angenommen werden. Artillerie war das einzige, was ihnen vielleicht fehlte. Doch durch die Anzahl der Kämpfer, welche der Oberbefehlshaber der Expedition gleichzeitig an mehreren Punkten der Insel landen konnte, machten sich die Senusisten furchtbar.

Endlich erwachte langsam der Tag und die Strahlen der Sonne begannen die tiefer gelegenen Nebelschichten des Horizontes zu zerstreuen.

Aller Blicke richteten sich auf die offene See hinaus, nach Osten und Süden von Antekirtta.

Die Flotte entwickelte sich jetzt so, daß sie eine lange abgerundete Linie bildete, deren eines Ende sich bestrebte, an die Insel heranzukommen. Wenigstens zweihundert Schiffe konnte man jetzt zählen, darunter einige von dreißig und vierzig Tonnen Tragkraft. Sie konnten vielleicht, Alles in Allem gerechnet, fünf zehnhundert bis zweitausend Mann an Bord haben.

Um fünf Uhr befand sich die Flotte in der Höhe des Eilandes Kencraf. Es mußte abgewartet werden, ob die Feinde dort anlegen und festen Fuß fassen würden, ehe sie die Insel selbst angriffen. Wenn sie das thaten, so lagen die Umstände äußerst günstig. Die vom Doctor ausgeführten Minenarbeiten würden, wenn sie vielleicht auch nicht gleich die ganze Frage zur Entscheidung brachten, dennoch vom Beginn des Gefechtes an eine niederschmetternde Wirkung auf die Senusisten ausüben.

Eine halbe Stunde banger Erwartung verstrich. Man konnte bereits des Glaubens sein, daß die sich nach und nach dem Eiland nähernden Schiffe eine Landung bewerkstelligen würden… Es wurde aber nichts daraus. Kein Fahrzeug hielt sich dort auf, die feindliche Linie zog sich nach Süden hin mehr in die Länge und ließ das Eiland rechts liegen. Es war nun offenbar, daß Antekirtta direct angegriffen oder besser gesagt noch vor Ablauf einer Stunde umzingelt werden sollte.

»Jetzt bleibt uns nur noch die Vertheidigung,« sagte der Doctor zum Führer der Miliz.

Ein Signal ertönte und die gesammte Besatzung schwärmte vom flachen Lande in die Stadt hinein, woselbst sich Jeder auf seinen ihm schon vorher bezeichneten Platz begab.

Gemäß der Anordnung des Doctors übernahm Peter den Befehl über den südlichen Theil der Befestigungswerke, Luigi über den östlichen. Die Vertheidiger der Insel – höchstens fünfhundert Milizen – wurden so vertheilt, daß sie, wo immer nur der Feind versuchen sollte, die Umgürtung der Stadt zu nehmen, diesem die Front zukehrten. Der Doctor behielt sich vor, von Punkt zu Punkt dahin zu eilen, wo seine Gegenwart erforderlich sein würde.

Frau Bathory, Sarah Sandorf, Maria Ferrato mußten in dem Stadthause bleiben. Die anderen Frauen sollten, falls die Stadt eingenommen würde, mit den Kindern in die Kasematten flüchten, so war es beschlossen, woselbst sie nichts zu befürchten hatten, wenn selbst die Feinde einige Feldgeschütze aufpflanzten.

Die Frage bezüglich des Eilandes Kencraf war nun – zum Nachtheile der Belagerten – gelöst, es blieb noch die Frage hinsichtlich des Hafens offen. Wenn die Flotille das Bestreben zeigte, die Einfahrt zu erzwingen, so hielten die sich kreuzenden Feuer der Forts auf den beiden Dämmen, die Kanonen des »Ferrato«, die Electric-Torpedoboote, die in die Einfahrt gesenkten Torpedos die Feinde gewiß in Raison. Es war das eine günstige Chance, wenn der Angriff auf dieser Seite erfolgte.

Allein – und es war das nur zu wahrscheinlich – der Führer der Senusisten kannte vollständig die Vertheidigungsmittel von Antekirtta und wußte nur zu gut, wie leicht ihm im Süden der Insel ein Landen gemacht wurde. Ein directer Angriff auf den Hafen kam einer unmittelbaren und vollständigen Vernichtung gleich. Es war daher in der That der Plan entworfen worden, eine Landung auf der Südseite vorzunehmen, welche sich für diese Operation vorzüglich eignete. Daher ließ man die Einfahrt zum Hafen genau so unbeachtet, wie man das Eiland Kencraf nicht besetzt hatte und die ganze Flotille wendete sich nunmehr mit Hilfe der Ruder dem schwächsten Punkte Antekirtta’s zu.

Der Doctor traf, sobald er das Manöver der Feinde durchschaut hatte, die Maßregeln, welche ihm die jetzige Lage der Dinge vorschrieb. Die Kapitäne Köstrik und Narsos bestiegen je eines der Torpedoboote, die bereits mehrere Matrosen bargen und fuhren mit denselben aus dem Hafen hinaus.