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»Oh, ich würde dich gern mal mit dem Blauhäher ringen sehen. Er würde dir die Augen auspicken, du Trottel.« Pewters Temperament brauste auf.

»Hey, sie haben direkt beim Bachbett 'ne Spur aufgenommen.« Mrs. Murphy, eine eifrige Jägerin von Wild aller Art, schlenderte aus dem Stall, vorbei an Poptart und Gin Fizz, die sich ärgerten, weil sie nicht selbst bei der Jagd waren. Sie sprang auf den Zaun, postierte sich auf einen Eckpfosten.

Tucker schlenderte um die Ecke der Koppel, setzte sich hin. Pewter kletterte weit weniger enthusiastisch auf einen Zaunpfahl neben Mrs. Murphy.

»Horridoh!« Tucker hüpfte auf allen vieren auf und ab.

»Das ist der Tutweiler-Fuchs. Der wird sie quer über die Weiden führen und nach drei Kilometern abhängen. Er läuft immer durch den Bachdurchlaß am Eingang zur Tutweiler-Farm, dann springt er auf den Zickzackzaun. Ich weiß nicht, warum sie seine Witterung nicht vom Zaun aus aufnehmen können, aber sie kriegen es nicht hin.« Mrs. Murphy genoß den schönen Ausblick.

» Woher weißt du das alles?« Tucker hüpfte immer noch auf und ab.

»Weil er's mir gesagt hat.«

»Wann?«

»Als du geschlafen hast, du dummer Hund. Ich gehe manchmal nachts auf die Jagd. Ganz allein, weil ihr zwei die größten Faulpelze seid, die die Große Katze im Himmel jemals auf die Erde geschickt hat.«

»Hey, seht euch Harry an. Sie hat dieses Hindernis elegant ge­nommen.« Pewter bewunderte das Geschick, mit dem ihre Mutter über Zäune setzte.

»Mit mir hätte sie es noch besser genommen«, grummelte Gin Fizz verdrossen.»Wieso sie sich mit Tomahawk abgibt, werd ich nie be­greifen. Er hat einen zu harten Trab und springt am Zaun zu spät ab.«

Da Gin schon recht betagt war, Mitte zwanzig, aber gut in Form, hüteten sich die anderen Tiere, ihm zu widersprechen.

Poptart, das junge Pferd, das Harry ausbildete, schwieg respektvoll. Die große Stute mit dem weichen Galopp konnte den Tag nicht er­warten, an dem sie Harrys Jagdpferd sein würde. Sie hörte auf Gin, weil er wußte, was Sache war.

Die Tiere sahen Miranda vorfahren, die Kirchendamen im Schlepp­tau. Sie bereitete einmal im Jahr ein Jagdfrühstück für Harry, und dafür zeigte Harry sich mit einer großzügigen Spende an Mirandas Kirche zum Heiligen Licht< erkenntlich. Die Damen, die aus dem Kombi der Kirche stiegen, trugen Platten mit Speisen, Schüsseln mit Suppe, Körbe mit frisch gebackenen Broten und Brötchen. Wenn­gleich es als Frühstück bezeichnet wurde, kommen die Jäger ge­wöhnlich nicht vor zwölf oder ein Uhr mittags zum Essen, deswegen reichte die Speisenauswahl von Eiern über Braten bis zu Keksen, Broten und allen möglichen Schmorgerichten.

Der verlockende Duft von mit Honig geräuchertem Virginia­Schinken drang Tucker in die empfindsame Nase. Sie vergaß, sich über die Jagdhunde zu ärgern. Ihr Entschluß, ihnen nachzulaufen, geriet ins Wanken. Ihre linke Schulter neigte sich langsam Richtung Haus.

»Miranda braucht ganz bestimmt Hilfe«, sagte Tucker in überaus besorgtem Tonfall.

»Aber sicher.« Murphy lachte über sie und beobachtete zugleich, wie Sam Mahanes ruckelnd über ein Hindernis setzte.»Der Kerl reitet wie 'n Kartoffelsack.«

Hinter Sam kam Larry Johnson, der ritt, wie man es seiner Genera­tion beigebracht hatte: vorwärts, im leichten Sitz. Larry schwebte über das Hindernis, ohne daß sein Zylinder wackelte, ein breites Grinsen in seinem frischen, offenen Gesicht.

»Erstaunlich.« Pewter leckte eine Pfote an und putzte sich damit hinter den Ohren.

»Larry?«, fragte Murphy.

»Ja. Weißt du was, die Menschen wären besser dran, wenn sie nicht rechnen könnten. Sie zählen ihre Geburtstage und das schwächt ihren Verstand. Man ist, was man ist. Wie wir zum Bei­spiel.« Aus dem Augenwinkel sah Pewter Tucker zur Hintertür tap­pen.»Glaubst du ihr?«

»Sie kann nichts dafür. Hunde.« Murphy zuckte mit den Achseln. »Wovon hast du gesprochen?«

»Zahlen.« Pewters Stimme dröhnte etwas lauter, als sie beabsich­tigt hatte, und Poptart erschrak.»Tschuldigung, Pop. Okay. Sieh dich an und mich und Mrs. Murphy. Machen unsere Geburtstage uns Sorgen?«

»Nein. Oje, da zieht Little Mim ab. Sie ist gerade an Mutter vorbei­gezischt. Das wird Folgen haben. Ha.« Murphy freute sich auf die Auseinandersetzung; Harry konnte es überhaupt nicht leiden, wenn sie im Feld überholt wurde.

»Tomahawk ist zu langsam.« So verstimmt Gin Fizz auch war, er sprach die Wahrheit.»Sie braucht ein Vollblut. Klar, Little Mim kann sich so viele Jagdpferde kaufen, wie sie will, und der Preis spielt keine Rolle. Mom muß ihre Pferde selbst ausbilden. Das macht sie gut, finde ich.« Gin liebte Harry.

»Aber ich bin nur ein Halbblut«, jammerte Poptart.»Heißt das, wir haben das Nachsehen?«

Gin Fizz tröstete das Jungpferd.»Nein. Du bist ein klasse Jagd­pferd. Wenn die anderen auf der Strecke bleiben, wirst du stark sein, solange du dein Training ernst nimmst. Aber im Flachrennen, nun ja, da wirst du vielleicht überholt. Mach dir nichts draus. Ist nicht so schlimm.«

»Ich will aber nicht überholt werden«, sagte das Jungpferd grim­mig.

Gin Fizz lachte. »Wer will das schon.«

»Kann ich meinen Gedanken jetzt zu Ende führen oder was?«, fauchte Pewter. Sie hatte Pferde gern, aber Pflanzenfresser ödeten sie an. Grasfresser. Wie konnten sie nur Gras essen? Sie aß nur Gras, um sich übergeben zu können, wenn dies nötig war.

»Tschuldigung.« Gin lächelte.

»Wie gesagt«, referierte Pewter,»die Menschen zählen Nummern. Sie zählen Geld, ihre Jahre. Eine schreckliche Besessenheit. Ein Mensch wird dreißig und gerät in Panik. Eine kleine Panik. Er wird vierzig. Die Panik wächst. Ist das nicht absolut blödsinnig? Wie man sich fühlt, darauf kommt es an. Fühlt man sich mies, ist es egal, ob man erst fünfzehn ist. Fühlt man sich großartig wie Larry, was sind da schon fünfundsiebzig? Dämliche Zahlen. Ich finde wirklich, sie sollten die Idee mit den Geburtstagen einfach fallen lassen. Dann wüßten sie's nicht besser und wären glücklicher dran.«

»Sie würden schon einen Weg finden, es zu vermurksen.« Murphy sah zu ihrer grauen Freundin hinüber.»Sie fürchten das Glück wie wir den Blitz. Ich versteh das nicht. Aber ich akzeptiere es.«

»Sie haben solche Angst, daß was Schlimmes passiert, daß sie 's herbeibeschwören. Das glaube ich wirklich.« Trotz aller Vorliebe für Essen und Luxus war Pewter ein intelligentes Tier.

»Ja, ich denke, das tun sie die ganze Zeit und merken es nicht. Sie müssen sich von der Vorstellung befreien, daß sie das Leben beherr­schen können. Sie müssen katzenähnlicher werden.«

»Oderpferdeähnlicher.« Gin lächelte bitter.

»Sie müssen manchmal Fleisch essen, Gin, sind schließlich Alles­fresser«, entgegnete Pewter.

»Ich rede nicht vom Essen, ich rede von der Einstellung. Sieh uns an. Wir haben gutes Futter, einen schönen Ort zum Leben und je­mand, den wir lieben. Ein vollkommenes Leben. Auch wenn wir kei­nen Stall zum Wohnen hätten, wäre es vollkommen. Ich glaube ohne­hin nicht, daß Pferde mit Ställen geboren wurden. Harry muß lernen, mehr zu denken wie ein Pferd. Einfach mit dem Strom schwimmen.« Gin benutzte einen alten Ausdruck aus seiner Jugendzeit.