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»Die treten mir auf den Schwanz«, murrte Pewter, die von der um­zäunten Veranda zu ihnen kam und, kaum zu glauben, schon wieder hungrig war.

Mrs. Murphy kicherte.»Weil er so dick ist wie der Rest von dir.«

»Katzen haben keine dicken Schwänze«, erwiderte Pewter hochmü­tig.

»Du schon«, lachte Murphy, dann sprang sie aufs Sofa, wälzte sich herum, alle viere in der Luft, und verdrehte den Kopf so, daß sie ihre graue Freundin im Blick hatte, die beschloß, sich an sie heranzupir­schen.

Pewter duckte sich, schob sich vorwärts, und als sie beim Sofa an­kam, wackelte sie mit dem Hinterteil, katapultierte sich in die Luft und auf die lauernde Murphy.

»Bonsai. Tod dem Kaiser!«, rief Pewter, die zu viele alte Filme ge­sehen hatte.

Die Katzen wälzten sich herum und plumpsten schließlich auf den Boden.

»Was ist denn in euch zwei gefahren?«, rief Harry lachend aus der Küche.

»Sie, ich habe Leute sagen hören, daß Tiere die Persönlichkeit ihrer Besitzer annehmen«, sagte Miranda mit blitzenden Augen.

»Tatsächlich?« Harry trat ins Wohnzimmer; die Katzen setzten ih­ren Ringkampf unter gespieltem Fauchen und Keuchen fort.

»Es muß stimmen, Harry. Du legst dich aufs Sofa und wartest, daß dich jemand bespringt.« Susan lachte.

»Witzig, haha. Klein, kläglich, aber nichtsdestoweniger ein Anflug von Humor.« Harry mochte es, wenn ihre Freundinnen sie aufzogen.

»Ist das wahr?« Miranda tat empört. »Sie sind eine Sexbombe?« Das Wort Sexbombe aus Mirandas Mund wirkte so unpassend, daß Harry und Susan in Lachen ausbrachen und sich nicht genau erklären konnten, warum.

Tucker, die im Flur vor dem Schlafzimmer tief schlief, hob lang­sam den Kopf, als die Katzen voneinander abließen, zu ihr liefen und aus beiden Richtungen über sie hinweg sprangen. Dann biß Pewter Tucker ins Ohr.

»Pewter, das war gemein.« Mrs. Murphy lachte.»Beiß auch ins andere.«

»Autsch.« Tucker schüttelte den Kopf.

»Kommt, ihr Faulpelze. Laßt uns was spielen. Und wißt ihr was, es sind noch Reste da«, meldete Pewter aufgeregt und leicht verzückt, ehe sie wieder ins Wohnzimmer stürmte, aufs Sofa sprang, sich von dort abstieß und wunderbarerweise tatsächlich dort landete, wo sie hinwollte, auf dem Bücherregal.

Mrs. Murphy folgte ihr. Sobald sie und Pewter auf demselben Bord waren, hatten sie eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen: welche Bücher sie auf den Boden werfen sollten.

Harry, die ihre Absicht ahnte, lief zu ihnen. »Tut das ja nicht.« »Tun wir wohl.« Mrs. Murphy zog>Der achte Schöpfungstag< von Thornton Wilder heraus.

Es krachte.

»Du kriegst was auf die Pfoten.« Harry wollte ihre gestreifte Teufe­lin packen, die aber entwich ihr mühelos.

Pewter war so vernünftig hinunterzuspringen, aber nicht ohne einen silbernen Pokal runterzustoßen, den Harry vor Jahren bei einem Ge­länderennen gewonnen hatte. Weil der Katze das Klirren in den Oh­ren hallte, drehte sie sich herum, schlitterte um den Schaukelstuhl, stürmte in die Küche, wo Miranda die Reste des mit Honig geräu­cherten Schinkens mit Frischhaltefolie abdeckte, stibitzte ein Stück­chen und duckte sich unter den Küchentisch, um es zu fressen.

»Ich habe alles gesehen.« Miranda schüttelte den Kopf.

»Wildfänge.« Susan kniete sich hin, als Tucker in die Küche spa­zierte. »Bist du nicht froh, daß du kein verrücktes Kätzchen bist?«

»Hat sich 'n Stück Schinken genommen«, stellte Tucker ernst fest.

Harry schaute sich prüfend im Haus um. »Alles wieder picobello.«

Mrs. Murphy gesellte sich zu Pewter unter dem Tisch.

»Ich geb dir nichts ab, hab 's ganz allein stibitzt, ohne deine Hil­fe.«

»Hab keinen Hunger.«

»Lügnerin«, sagte Pewter.

Harry schaute unter den Tisch. »Radikal.«

»So sind wir eben«, schnurrte Murphy zurück.

Harry begutachtete den Schinken, bevor Miranda ihn in den Kühl­schrank legte. »Sie hat hier ein Stück rausgebissen, ja?«

»Vor meinen Augen. Der kleine Wildfang.«

»Dann schneid ich das Stück am besten runter.« Harry hob die Fo­lie an der Ecke an und schnitt das Stück ab. Sie teilte es in drei Hap­pen, einen für jedes Tier. »He, will jemand Kaffee, Tee oder was Stärkeres? Kaffee ist noch da. Tee dauert eine Sekunde.«

»Ich hätte gern 'ne Tasse.« Miranda deckte die letzten Speisen mit Folie ab, dann nahm sie den irischen Tee heraus, den Harry für be­sondere Gelegenheiten aufbewahrte. »Wie wär's hiermit?«

»Meine Lieblingssorte.« Sie fragte Susan: »Was möchtest du?«

»Äh, ich trink den Kaffee aus und werde die ganze Nacht aufrecht im Bett sitzen. Das macht Ned wahnsinnig, aber mir ist gerade nach 'ner Tasse. He, eh ich's vergesse, ist das Opossum noch auf dem Heuboden?«

»Ja, wieso?«

»Ich hab Schokoladenbröckchen für ihn aufgehoben.«

»Das wird ihn freuen. Er ist ein Leckermäulchen.«

»Ich weiß nicht, wie Simon« - Mrs. Murphy nannte das Opossum mit seinem richtigen Namen -»Schokolade essen kann. Der Ge­schmack ist widerlich.«

»Ich finde ihn nicht übel.« Tucker verputzte ihren Schinken.»Al­lerdings sollten Hunde keine Schokolade essen. Aber sie schmeckt ganz gut.«

»Du bist ein Hund.« Murphy schüttelte den Kopf für den Fall, daß noch kleine Essensreste in ihren Schnurrhaaren hingen. Anschlie­ßend strich sie mit der Vorderpfote darüber.

»Und?«

»Du ißt alles, ob's gut für dich ist oder nicht.«

Tucker beäugte Mrs. Murphy, dann richtete sie ihre schönen brau­nen Augen auf Pewter.»Sie ißt alles.«

»Ich esse keinen Sellerie«, widersprach Pewter entschieden.

Wie die Tiere so plauderten auch die Menschen. Die Jagd war an­regend gewesen, das Frühstück ein großer Erfolg, das Haus war auf­geräumt, die Stallarbeit erledigt. Sie saßen und sprachen Miranda und sich selbst zuliebe noch einmal alles durch, was sich bei der Jagd ereignet hatte. Dann erzählten sie sich gegenseitig, was sie auf der Frühstücksparty gesehen und gehört hatten. Sie lachten darüber, wer beschwipst gewesen war, wer wen beleidigt, wer mit wem geflirtet hatte (jeder mit jedem), wer es ernst nahm, wer nicht, wer ein Pferd zu verkaufen versucht (wiederum jeder), wer ein Pferd zu kaufen versucht hatte (die Hälfte der Anwesenden), wer versucht hatte, Mi­randa Rezepte zu entlocken, wer diverse Theorien über Hank Bre­vard von sich gegeben hatte und wer gut ausgesehen hatte und wer nicht.