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Das Stimmengemurmel verstummte, als Herb die Tür hinter dem Chorpult öffnete. Zwei Altardiener saßen bereits, einer beim Chor­pult, der andere bei der Kanzel. Als Herb eintrat, standen die Ver­sammelten auf. Er ging in die Mitte, hob die Hände, und die Ver­sammelten setzten sich.

Während des Gottesdienstes für den Verstorbenen spürten diejeni­gen, die den guten Reverend kannten, die Kraft seiner Stimme, die aufrichtige Rührung. Als er seine Predigt las, die mit Pfotenabdrücken seiner Katzen gesprenkelt war, da wußten die Leute, dies war die großartigste Predigt, die Herb je gehalten hatte.

Er vermied die üblichen einfachen Worte, daß der Verschiedene bei den Engeln sei. Er sprach von einem Leben, das gut gelebt worden war, einem Leben im Dienste der Mitmenschen, einem Leben, das dem Lindern von Schmerzen, dem Heilen, der Freundschaft gewid­met gewesen war. Er sprach von der Fuchsjagd und von der Fliegen­fischerei, Larrys liebsten Freizeitbeschäftigungen. Er erinnerte an seine Zeit bei der Marine, seine Praxis als junger Arzt, sein Verhält­nis zu seinen Mitmenschen. Herb rechtete wahrhaftig mit Gott.

»Herr, warum hast du deinen gläubigen Diener von uns genommen, wenn wir ihn auf Erden doch so sehr brauchen?« Er las Psalm ein­hundertzwei:»>Herr, höre mein Gebet und laß mein Schreien zu dir kommen! Verbirg dein Antlitz nicht vor mir in der Not, neige deine Ohren zu mir; wenn ich dich anrufe, so erhöre mich bald! Denn mei­ne Tage sind vergangen wie ein Rauch, und meine Gebeine sind ver­brannt wie ein Brand. Mein Herz ist geschlagen und verdorrt wie Gras, daß ich auch vergesse, mein Brot zu essen.<«

Während Herb mit dem Psalm fortfuhr, sprach Mrs. Hogendobber leise mit; ihre Kenntnis der Bibel war eine Quelle des Trostes für sie und der Verwunderung für andere.

Am Ende des Gottesdienstes bat Herb die Menschen, sich an den Händen zu fassen und mit ihm die Gebete zu sprechen. »Larry hat sein Leben lang Menschen zusammengebracht. Wer immer zu eurer Rechten ist, wer immer zu eurer Linken ist, denkt daran, daß Dr. Larry Johnson euch selbst noch im Tode zusammengebracht hat.«

Nach dem Gottesdienst öffneten sich die Kirchentüren. Die Men­schen verließen die Kirche langsam, beinahe unwillig, weil die Be­wegung, die sie drinnen hielt, so stark war.

Mim, die sich wieder in der Gewalt hatte, ging zum Auto. Von hier würde sich die Schlange zum Friedhof im Südwesten der Stadt win­den.

Harry kam zu ihrem Transporter, trat zum Einsteigen aufs Trittbrett und bemerkte ein totes Huhn, das mit gebrochenem Genick auf der Ladefläche lag.

Sie deckte eine alte Leinenplane über den Vogel. Sie konnte doch nicht mit fliegenden Federn zur Beisetzung fahren.

Sie spürte es in ihren Knochen, daß dies eine schäbige Warnung war.

29

Mrs. Murphys Schwanz lugte unter der Plane auf der Ladefläche des Transporters hervor.

»Schmeiß es mir runter.« Tucker sah ihre Katzenfreundin mit fle­hendem Blick an.

»Kommt nicht in die Tüte.« Die Tigerkatze senkte ihre Fangzähne in ein rotes Bein, rutschte rückwärts unter der Plane hervor und zog das schwere Huhn mit sich.

Pewter, die ebenfalls auf der Ladefläche saß, rief:»Wir sind doch nicht blöd, Tucker.«

»Will bloß mal dran schnuppern. Ich kann euch sagen, wie lange es schon tot ist.«

»Du lügst.« Murphy inspizierte den Kadaver.»Ist seit heute Mor­gen tot.«

»Es ist kalt. Vielleicht gibt's Frost«, rief Tucker von unten.

»Vielleicht.« Murphy sprang seitlich aus dem Transporter und lan­dete weich auf der Erde.

Pewter wählte den weniger sportlichen Weg. Sie kletterte vorsich­tig über die geschlossene Ladeklappe, stellte die Hinterpfoten auf die Stoßstange. Dann ließ sie sich auf die Vorderpfoten fallen und sprang auf die Erde.

Die Tiere hatten den Bericht von der Beerdigung und dem toten Huhn gehört, als Harry und Miranda zur Arbeit gekommen waren. Der Vordereingang des Postamtes war immer unverschlossen, aber den Hintereingang und die Trennklappe am Schalter konnte man abschließen. Es gab eine Rolltür, ähnlich wie ein Garagentor, die sich bis zur Trennklappe herunterziehen und auf der Rückseite ver­schließen ließ. Weil Briefmarken wertvoll waren, hatten Miranda und Harry alles dichtgemacht, bevor sie zur Beerdigung gegangen waren. Nicht, daß jemand schon mal etwas anderes als Gummibän­der und Stifte aus dem Postamt hatte mitgehen lassen, aber die Mor­de veranlaßten sie zur Vorsicht. Die Katzen und den Hund hatten sie in dem abgeschlossenen Bereich gelassen, mit einer großen Schale Wasser sowie einer Schüssel Katzenknusperkost auf dem kleinen Tisch außerhalb von Tuckers Reichweite. Das Tiertürchen am Hin­tereingang des Postamtes hatte Harry ebenfalls abgeschlossen.

Gewöhnlich stürmten die Tiere nach draußen, wenn die Menschen zurückkamen, heute aber wollten sie hören, was los gewesen war. Kaum hatte Harry das mit dem Huhn erzählt, als sie hinaussausten, und nun saßen sie da, das Fell aufgeplustert gegen die Kälte und den wirbelnden Nordwestwind. Harry wollte das Huhn mit nach Hause nehmen, um damit den Fuchs zu füttern, der auf ihrem Grundstück hauste.

»Ich sage, wir gehn ins Krankenhaus.« Tucker war fest ent­schlossen.»Wenn wir joggen, sind wir in fünfzehn Minuten da.« Tucker zog ein bißchen von der Zeit ab, um den Lauf attraktiver zu machen.

»Die schmeißen uns nach fünf Minuten raus. Du weißt, wie etepete­te die Menschen in Krankenhäusern sind. Richtig beleidigend. Wir sind sauberer als sie. Die vielen Leute mit lauter Krankheiten.« Pew­ter schauderte angewidert.

»Wir gehn nicht vorne rein.« Tucker wußte, daß Pewter versuchte, sich dem Weg durch die Kälte zum Krankenhaus zu entziehen.

»Oh.« Die graue Katze duckte sich unter den Transporter, um dem Wind zu entkommen. Das war eine gute Idee, doch der Wind peitschte unter den Transporter und wirbelte zugleich um ihn herum.

»Wir gehn zum Hintereingang.«

»Tucker, der Hintereingang ist abgeschlossen.« Pewter gefiel die­ser Vorschlag kein bißchen.

»Die Laderampe nicht«, dachte Murphy laut.»Wir könnten uns da reinschleichen und von dort in den Keller.«

»Und wenn wir eingeschlossen werden? Wir könnten da drin ver­hungern.«

»Pewter.« Mrs. Murphy lächelte boshaft.»Du könntest ausrangier­te Körperteile essen. Wie wär's mit frischer Leber?«

»Ich hasse dich«, fauchte Pewter.

»Na schön, du Dickwanst. Dann bleibst du eben hier. Wir gehn.« Tucker wollte endlich los.

»Na klar, und dann muß ich mir die nächsten elf Jahre von euch anhören, was für ein ängstliches Huhn ich bin.« Sie dachte einen Moment an das Huhn, dann fuhr sie fort:»Außerdem merkt ihr nicht alles. Ich sehe Sachen, die euch entgehen.«

»Dann halt die Klappe und komm. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Harry macht um fünf hier Schluß und es ist schon halb zwei.« Mrs. Murphy sah am Straßenrand nach links und rechts, dann lief sie schnell hinüber und in nördlicher Richtung zum Krankenhaus, den Wind im Gesicht.

Die drei Tiere hielten sich abseits der Straße, sausten über Rasen­flächen, sprangen über Bäche und wichen dem einen oder anderen Haushund aus, der sich aufregte, weil drei Tiere seinen Rasen über­querten.