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Sie glaubte mir kein Wort.

Einmal erinnerte ich sie sogar an Zeus selbst, der seinen Ganymed und seine Hera liebte!

Rasend vor Eifersucht schlug Aspasia mit einem Krug nach mir. Zeus als Beispiel eines liebenden Ehemannes zu nehmen, war wohl auch kein besonders guter Einfall gewesen.

Also versuchte ich es diesmal anders. Ich schwor ihr, Lykons Berührungen interessierten mich nicht, seine Liebkosungen hätten mir von jeher nichts bedeutet; ich versicherte, er habe mich heute nur begleitet, und beteuerte endlich, dass ich ihn ohnehin kaum noch sähe, denn auch Lykon halte nicht mehr wirklich an mir fest. Wir seien eigentlich nur noch Kameraden, wenn auch mit einem gewissen Altersunterschied, und da sei nichts, gar nichts, worauf sie eifersüchtig sein müsse. Und das war beinahe wahr.

Diesmal verfehlten meine Worte ihr Wirkung nicht. Aspasia beruhigte sich in meinen Armen, und ich fühlte sie unter meinen Worten mehr noch als unter meinen Liebkosungen sanfter werden. Aspasias Haut schimmerte matt unter meinen Fingern. Sie duftete nach Granatapfelblüten. Ihr schwarzes Haar fiel in weichen Locken auf das Kissen. Wie sie so vor mir lag ... Ihr Kuss schmeckte nach Honig und Wein.

Ich kam zu ihr, und sie war ganz bei mir. Das Licht warf die Schatten unserer Körper an die Wand, die im Dunkeln sich vereinigten. Aspasias Duft stieg auf und berauschte mich. In ihren Augen sah ich, wie sie sich mir ergab, und ebenso ergab ich mich auch ihr.

Wir lagen noch lange wach und hielten uns in den Armen. Als unsere Leidenschaft verklungen war, fühlte ich, sie war bedrückt.

«Was hast du, mein Liebling?», fragte ich.

«Angst», gab sie mir zur Antwort.

«Ich auch», sagte ich. «Es ist gefährlich. Ich stehe zwischen zwei Feuern. Komme ich einem zu nahe, bin ich verloren.»

«So gefährlich?»

«Ja, so gefährlich.»

«Gut», sagte sie, «ich werde morgen packen, damit wir Athen jederzeit verlassen können. Gib acht und lass uns fliehen, bevor es zu spät ist.»

«Wenn ich die Stadt allein verlasse, geschieht euch nichts. Du könntest bei deinem Vater bleiben», wandte ich ein.

«Ich lasse dich aber nicht allein gehen», sagte sie, und ich wusste, auch diesmal würde sie keinen Widerspruch dulden.

E

meine zwölf Unteroffiziere waren schon versammelt und warteten in der Vorhalle, als ich am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang das Hauptgebäude der Kaserne betrat. Sie teilten mit mir die Aufgabe, die Sicherheit und Ordnung der Polis zu schützen. Wir überwachten die Straßen, die Plätze und die öffentlichen Bauten der Stadt, bei den Gerichtsverhandlungen und den Volksversammlungen sorgten wir für Ruhe; die Gefängnisse und die Gefangenen standen unter unserer Aufsicht. Ich wusste, in ganz Hellas gab es nichts, was mit den To-xotai zu vergleichen war, weder in Sparta oder Theben noch in Korinth oder Kreta.

Unsere Kaserne bestand aus drei länglichen, einfachen Ziegelbauten und einem etwas größeren Haupthaus, die um einen Übungsplatz herum angeordnet waren. Im Haupthaus waren Schreibstube, Waffenkammer und Vorratsräume untergebracht, in den Nebengebäuden Mannschaften und Pferde. Die Kaserne lag innerhalb der Stadtmauern zwischen Nymphenhügel und Piräus-Tor, und so bildete die Innenstadt ganz natürlich den Bereich Athens, den wir am stärksten bewachten. Aber auch Piräus mit seinen drei Häfen und der alte Landeplatz Phaleron gehörten zu unserem Gebiet.

Die Gesichter meiner Männer waren grau wie der Morgen. Sie ahnten wohl, dass ich einen guten Grund haben musste, sie so früh zusammenzurufen, und hätten wenig dafür übrig, wenn ich ihnen etwas vormachte. Ich kam also gleich zur Sache.

«Männer», begann ich, «es gab einen Mord, der die gesamte Polis in Gefahr bringt, und wir müssen den Mörder finden. Gestern früh würde Periander, der Olympiasieger - ihr kennt ihn alle -, am Itonia-Tor tot aufgefunden. Sein Ende war grausam. Er wurde niedergeschlagen und erstickt, mit Sicherheit in der vorherigen Nacht, wahrscheinlich am Tor selbst. Alki-biades hat uns befohlen, den Mörder zu suchen, zu finden und Perianders Familie zu übergeben. Der Friede innerhalb dieser Stadtmauern hängt davon ab.»

Ich machte eine kurze Pause und sah in die Runde. Meine Unteroffiziere hörten gespannt zu. Da war keiner, der nicht bei der Sache war. Ich fuhr fort.

«Periander trug stets einen Ring, der ihm vom Finger gezogen worden ist. Ich habe hier eine Kopie, die ich herumgehen lasse. Zeigt sie euren Männern. Sucht den Ring zunächst bei den Dieben, dann bei den Hehlern, und wenn ihr ihn dann noch nicht gefunden habt, bei den Händlern. Bringt mir jeden, der den Ring berührt hat, hierher in die Kaserne. Haltet ihn fest, bis ich etwas anderes sage. Das wird die Aufgabe von euch fünf.» Und damit zeigte ich auf die ersten Unteroffiziere, die vor mir standen. «Eure Truppen dagegen», und mit diesen Worten deutete ich auf weitere zwei meiner Hauptleute, «eure Mannschaften befragen jeden, der am Itonia-Tor wohnt, arbeitet oder sonst zu tun hat, ob er etwas Verdächtiges gesehen hat. Vergesst nicht die Wachen am Diorneia-Tor. Fragt nach allem und nach jedem, der nachts unterwegs war. Fragt nach gefundenen Lampen oder Fackeln. Periander muss eine Lampe bei sich gehabt haben. Es lag aber keine bei der Leiche. Vielleicht hatte er auch Begleiter. Wir wissen es nicht. - Nehmt alle Männer aus euren Einheiten, die ihr entbehren könnt, ohne die Sicherheit der Stadt allzu sehr zu vernachlässigen!» Die Hauptleute nickten.

«Diejenigen, denen ich keinen Sonderauftrag gegeben habe», sagte ich an die verbleibende Gruppe gerichtet, «übernehmen den normalen Dienst der anderen mit.»

Kein Murren, kaum Fragen. Die Männer waren noch ernster geworden, während ich sprach. Ganz offenbar hatten sie die Gefahr, in der die Stadt schwebte, deutlich erkannt. Jetzt gingen sie auseinander. Ich sah ihnen nach. Sie ließen ihre Leute antreten und gaben die Befehle weiter. Den Ring hatten sie bei sich. Sie mussten ihn auch bei den einfachen Soldaten herumgehen lassen.

Ich ging in die kleine Schreibstube unserer Kaserne. Dort arbeitete seit über zehn Jahren ein Metöke namens Myson. Er war in Pella geboren und schon als Kind mit seinen Eltern nach Athen gekommen, wo er die Schreibkunst erlernt und in vielen Kanzleien gearbeitet hatte. Sein Haar war schon grau, sein Rücken vom Sitzen gebeugt und seine Glieder schmal, aber er bewegte sich viel flinker, als man es ihm zugetraut hätte. Ich zeigte ihm den Papyrus und hörte ihn wie mein Vater die Qualität des Materials und die Schönheit der Schrift loben, aber auch er wusste nicht, wo es geschrieben worden war, geschweige denn wer es verfasst haben könnte. Er meinte aber immerhin, nur ein Lohnschreiber könne der Schrift einen so regelmäßigen Schwung geben, kaum ein Privatmann.

Ich bat Myson, den Text zweifach zu kopieren, denn ich wollte nicht immer das Original aus der Hand geben müssen, und sah ihm dabei zu, mit welchem Ernst und welcher Sorgfalt er zwei Papyri vor sich legte, einen Binsenstängel von seinem Tisch auswählte, ihn anspitzte und die Tinte mit ruhiger und sicherer Hand auf das Blatt auftrug. Als die Papyri trocken waren, wickelte er sie auf kleine Lesestöcke und reichte sie mir. Eine Kopie ließ ich aber in seiner Obhut. Dann machte ich mich auf den Weg zu dem Mann, von dem mein Vater glaubte, er sei der Weiseste in unserer Stadt. Die Meinungen über Sokrates gingen freilich sehr auseinander. Die einen - zu ihnen gehörte mein Vater - bewunderten ihn wegen seiner Ehrlichkeit und seines Tiefsinns. Die anderen dagegen hielten ihn für einen nichtsnutzigen Alten, der den Menschen und den Göttern mit unsinnigen Fragen die Zeit stahl. Einmal hat ihn Aristophanes in einer Komödie auftreten lassen, und halb Athen hielt sich den Bauch vor Lachen über den komischen Alten. Sokrates schien dies aber gar nicht weiter zu stören. Er lief nur weiter über den Marktplatz und fragte: «Was ist Wahrheit? Was ist Tugend?» Worüber er denn auch den lieben langen Tag mit jedem sprach, der ihm nur zuhören wollte, sei dies ein Fischhändler oder ein Gelehrter.