Pepeclass="underline" Aha … so! Zu Wassilissa. Gib dir keine Mühe! Was du willst, geschieht nicht!
Wassilissa: Und was ich nicht will, geschieht auch nicht, Wasja!
Pepel droht ihr mit der Faust: Das werden wir sehen! Ab.
Wassilissa vom Fenster verschwindend: Dir will ich 'ne schöne Hochzeit ausrichten!
Kostylew tritt an Luka heran: Na, was treibst du, Alter?
Luka: Nichts treib ich, Alter! …
Kostylew: So … du gehst fort, hör ich?
Luka: 's ist Zeit …
Kostylew: Wohin denn?
Luka: Wohin mich die Augen führen …
Kostylew: Willst wohl 'n bißchen die Dörfer unsicher machen … Scheinst kein rechtes Sitzfleisch zu haben …
Luka: Rastet das Eisen, so rostet es, so sagt das Sprichwort.
Kostylew: Vom Eisen mag das gelten. Ein Mensch aber muß festsitzen an einer Stelle … Es geht nicht, daß die Menschen wie Küchenschaben durcheinanderlaufen … bald dahin, bald dorthin … Ein Mensch muß seinen Ort haben, an dem er zu Hause ist … er darf nicht zwecklos herumkriechen auf der Erde …
Luka: Und wenn einer - überall zu Hause ist?
Kostylew: Dann ist er eben - ein Landstreicher … ein unnützer Mensch … Ein Mensch muß sich nützlich machen … muß arbeiten …
Luka: Was du sagst!
Kostylew: Jawohl! Was denn sonst? … Du nennst dich 'nen Wanderer, 'nen Pilger … Was heißt ein Pilger? Ein Pilger ist 'n Mensch, der seinen eigenen Weg geht - sich absondert, ein Sonderling sozusagen, den andern nicht ähnlich … Das heißt eben - wenn 's ein wirklicher Pilger ist … Er forscht und grübelt … und findet am Ende auch etwas … vielleicht gar die Wahrheit, wer weiß! Mag er seine Wahrheit für sich behalten und - schweigen! Ist er ein wirklicher Pilger - dann schweigt er. Oder er spricht so, daß ihn keiner versteht … Er hat keine Wünsche, mischt sich in nichts ein, verdreht den Leuten nicht die Köpfe … Wie die andern leben - das kümmert ihn gar nichts. Er lebe fromm und gerecht … suche die Wälder auf, die Einöden … wo ihn niemand sieht. Keinem soll er im Wege sein, niemanden verdammen … sondern für alle beten … für alle Sünder dieser Welt … für mich, für dich … für alle! Darum eben flieht er die Eitelkeiten des Lebens - daß er bete. So ist 's … Pause. Und du? Was bist du für ein Pilger? … Nicht mal 'nen Paß hast du … Jeder ordentliche Mensch muß einen Paß haben … alle ordentlichen Leute haben Pässe … ja! …
Luka: Es gibt eben - Leute, und es gibt - Menschen …
Kostylew: Mach keine Späßchen! Gib keine Rätsel auf … ich bin nicht dein Hansnarr … Was heißt das: Leute - und Menschen?
Luka: Wo ist da ein Rätsel? Ich meine - es gibt steinigen Boden, der zur Aussaat nicht taugt … und es gibt fruchtbaren Boden … was man auch darauf sät - das gedeiht … So ist's …
Kostylew: Nun? Was willst du damit sagen?
Luka: Du zum Beispiel … Wenn der Herrgott selbst zu dir sagte: Michailo! Sei ein Mensch! … es wär umsonst, es würde gar nichts nützen … Wie du bist, so bleibst du nun schon mal …
Kostylew: So … und weißt du auch, daß der Onkel meiner Frau bei der Polizei ist? Und wenn ich …
Wassilissa betritt den Platz: Michailo Iwanytsch, komm Tee trinken …
Kostylew zu Luka: Hör mal, du - mach dich aus dem Staube! Fort aus meinem Hause! …
Wassilissa: Ja, schnür nur dein Ränzchen, Alter … Hast eine zu böse Zunge … Wer weiß … bist vielleicht ein weggelaufener Sträfling …
Kostylew: Daß du mir noch heut verduftest! Sonst … sollst mal sehen …
Luka: Rufst sonst den Onkel, was? Immer ruf ihn! Sag ihm: »Hier kannst du 'nen Sträfling fangen, Onkel!« Dann kriegt der Onkel 'ne Belohnung … drei Kopeken …
Bubnow vom unteren Fenster her: Was habt ihr da für Geschäfte? Wofür - drei Kopeken?
Luka: Mich wollen sie verkaufen …
Wassilissa zu ihrem Gatten: Komm schon …
Bubnow: Für drei Kopeken? Sieh dich nur vor, Alter … die verkaufen dich schon für eine Kopeke …
Kostylew zu Bubnow: Glotzt da heraus … wie 'n Kobold aus 'm Ofenloch! Schickt sich mit Wassilissa zum Fortgehen an.
Wassilissa: Wieviel Gesindel es doch auf der Welt gibt … wieviel Schwindler!
Luka: Wünsch euch guten Appetit! …
Wassilissa dreht sich nach ihm um: Nimm dich in acht … du Giftpilz! Ab mit ihrem Gatten um die Ecke.
Luka: Heut nacht - brech ich auf …
Bubnow: Machst du recht, 's ist immer das beste, sich beizeiten zu drücken …
Luka: Ganz richtig …
Bubnow: Ich weiß Bescheid. Hab mich auch mal rechtzeitig gedrückt und bin dadurch um Sibirien rumgekommen …
Luka: Was du sagst!
Bubnow: 's ist wahr. Die Sache war nämlich so: Meine Frau hatte ein Techtelmechtel mit dem Gesellen … Ein tüchtiger Geselle war's, das muß ich sagen … machte aus Hundefellen die schönsten Waschbärpelze … Katzenfelle färbt er in Känguruhs um … in Bisamratten … in was man wollte … Ein sehr geschickter Bursche. Mit dem hatte also meine Frau angebändelt … und so fest hingen sie aneinander, daß ich jeden Augenblick fürchten mußte, sie würden mich vergiften oder sonstwie aus der Welt schaffen. Ich prügelte nun öfters mal meine Frau durch … und der Geselle prügelte mich durch … Ganz barbarisch hat er zugeschlagen! Einmal hat er mir den Bart halb ausgerauft und 'ne Rippe gebrochen. Na, ich war natürlich auch nicht fein … gab meiner Frau eins mit der eisernen Elle übern Schädel … überhaupt war's der richtige Krieg zwischen uns ! Schließlich sah ich: es kommt nichts raus dabei … sie kriegen mich unter! Da faßte ich den Plan - meine Frau um die Ecke zu bringen … fest entschlossen war ich dazu! Aber zur rechten Zeit besann ich mich - und machte mich aus dem Staube …
Luka: 's war besser so! Laß sie dort ruhig aus Hunden Waschbären machen! …
Bubnow: Leider war die Werkstatt auf ihren Namen eingetragen … Nur was ich am Leibe trug, behielt ich! Obwohl ich, ehrlich gesagt, die Werkstatt schließlich versoffen hätte … Ich bin nämlich ein Quartalssäufer, verstehst du …
Luka: Ein Quartalssäufer?
Bubnow: So ist's. Wenn ich richtig in 'n Zug komme, versauf ich alles, bis auf die blanke haut … Und dann bin ich auch faul … nichts ist mir schrecklicher als arbeiten! … Satin und der Schauspieler kommen streitend herein.
Satin: Blödsinn! Nirgendshin wirst du gehen … Alles dummes Zeug, was du da redest! Sag mal, Alter - was hast du diesem Jammerkerl vorgeschwatzt?
Der Schauspieler: Rede keinen Unsinn! Großvater, sag ihm, daß er Unsinn redet! Ich gehe wirklich! Heut hab ich gearbeitet, hab die Straße gefegt … und keinen Schnaps getrunken! Was sagst du nun! Was sagst du nun? Da, sieh her - zwei Fünfzehner, und ich bin nüchtern!
Satin: Wie albern! Gib her, ich will sie versaufen … oder verspielen …
Der Schauspieler: Laß sein! Das ist schon für die Reise!
Luka zu Satin: Höre, du - warum willst du ihn abbringen von seinem Vorsatz?
Satin: »Sag mal, du Zauberer, Liebling der Götter - was soll mit mir noch mal werden?« Ganz blank bin ich, Bruder - alles hab ich verspielt! Noch ist die Welt nicht verloren, alter - noch gibt es Kartenspieler, die geschickter mogeln als ich …
Luka: Bist 'n lustiger Bruder, Konstantin … ein lieber Mensch! …
Bubnow: Du, Schauspieler - komm mal her! Der Schauspieler tritt an das Fenster heran, kauert sich davor nieder und unterhält sich leise mit Bubnow.
Satin: Wie ich noch jung war - da war ich ein fideles Huhn! Mit Vergnügen denk ich dran zurück! … Eine Seele von Mensch war ich … ich tanzte ausgezeichnet, spielte Theater, war ein famoser Gesellschafter … einfach großartig!
Luka: Wie bist du denn abgekommen von deinem Wege - hm?