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1 Bist du noch nicht in den Federn? — Ты ещё не легла?

2 bekannt machen — познакомить

3 ein Steckenpferd haben — увлекаться каким-либо делом

4 (Es ist) kein Wunder..., daß — Не удивительно..., что

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ein und wurde bald die beste Schülerin ihrer Klasse. Ende Mai dieses Jahres beendete sie die zehnte Klasse. Was nun weiter? Viele Wege stehen ihr offen. Welcher aber ist der beste für Nadja? Schwere Frage.

Gerade darüber sprach ich mit ihr vor ein paar Tagen. «Sie wollen wissen, was ich werden möchte?» sagte Nadja. «Übersetzerin oder Lehrerin der deutschen Sprache. Zuerst möchte ich aber praktisch arbeiten. Studieren kann ich ja auch an der Abendfakultät oder als Fernstudentin.»

Damals erzählte mir Nadja auch von ihrem neuesten Steckenpferd: sie sammelt eifrig — Nadja macht immer alles sehr eifrig und genau — deutsche Redewendungen. Sie zeigte mir stolz ein dickes Heft mit Hunderten von Redewendungen. Ich prüfte Nadja und kostatierte, daß sie alle Redewendungen, die in das Heft eingetragen sind, gut kennt. Bravo, Nadja! Wird sie diese Wendungen aber auch immer richtig gebrauchen konnen? Das ist die große Frage!

VIKTOR KORNEJEW KANN GUT DEUTSCH

Jetzt ein paar Worte über Viktor Kornejew. Ich lernte ihn kennen, als er etwa zwanzig Jahre alt war. Das war während des Krieges. Kornejew war damals Student und mein Schüler. In einer Gruppe, wo ich Deutsch unterrichtete, befand sich ein junger Mann, der dieses Fach sehr gern hatte und mir durch seine schöne Aussprache auffiel. Er interessierte sich für alles, was mit der deutschen Sprache in Zusammenhang steht 1. Das gefiel mir, seinem Lehrer, naturlich sehr, und ich stand ihm mit Rat und Tat 2 bei.

Einige Monate später ging Kornejew an die Front. Bald erhielt ich von ihm Briefe, deutsch geschrieben. Nach dem Krieg blieb er ein paar Jahre in Berlin. Wir sahen uns wieder, als er 1948 nach Moskau zurückkehrte, wo er als Film- und Theaterkritiker für eine Zeitung tätig war. Er beherrschte jetzt die deutsche Sprache ausgezeichnet, oder, wie man auch sagt, aus dem Effeff 3. (Diesem Ausdruck, den Nadja liebt, werden wir noch oft begegnen.)

Mit Viktor traf ich mich häufig. Wir plauderten über die verschiedensten Dinge, meist deutsch.

1 in Zusammenhang stehen mit etwas — быть связанным с чем-либо

2 mit Rat und Tat — словом и делом

3 etwas aus dem Effeff verstehen (können, beherrschen) — знать что-либо отлично, «на ять»

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Erster Tag

ERSTE BEKANNTSCHAFT MIT MOSKAU

NADJA, PAß AUF!

Am Morgen, ein Viertel vor zehn, traf ich mich mit Nadja im Zentrum vor dem Großen Theater. Nadja hatte ein hübsches blaues Jackenkleid an. Wir warteten zusammen ein paar Minuten auf Kornejew, der uns ja mit den Deutschen bekannt machen sollte.

«Hast du.keine Angst, Nadja?» fragte ich.

«Angst? Kommt nicht in Frage! 1 Wovor sollte ich denn Angst haben? Oder vor wem? Es ist überhaupt schwer, mir Angst zu machen 2.»

«Setz dich nur nicht aufs hohe Roß 3, Nadja!» erwiderte ich in ihrem Stil. Da wollte sie aber gleich wissen, woher diese Redewendung kommt. Ich mußte es erklären: «Die Feudalherren taten Kriegsdienste, sie dienten im Heer als Reiter. Hoch zu Roß schauten sie stolz auf das gewöhnliche Fußvolk herab. Daher bedeutet diese Redewendung ,auf etwas stolz sein‘ oder ,wichtig tun‘ 4. Also paß auf, Nadja! Denk daran, von einem hohen Roß leicht herunterfallen kann!»

1 (Das) kommt nicht in Frage! — Об этом не может быть и речи! (Никоим образом!)

2 jemandem Angst machen (einjagen, einflößen) — нагнать страху на кого-либо

3 sich aufs hohe R(Pferd) setzen — важничать

4 wichtig tun (sich wichtig machen) — важничать

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Da kam auch schon Kornejew. Ich machte ihn mit Nadja bekannt. Viktor Andrejewitsch fragte Nadja: «Können Sie deutsch sprechen?»

«Soso lala! Es geht! 1» antwortete Nadja lachend. «Ich denke, ich werde die Sache schon drehen 2.»

Ich schaute Kornejew an. Er machte große Augen 3. Er schien von Nadjas Worten nicht begeistert zu sein.

Schweigend gingen wir zu dritt ins Hotel Berlin, wo die Deutschen wohnten.

ICH STELLE VOR — HERTA UND KURT

Die beiden Deutschen, die nach Moskau gekommen waren, arbeiteten in Berlin-Neubabelsberg, in der bekannten Filmgesellschaft DEFA. Herta Möller hatte vor zwei Jahren im Alter von 23 Jahren die Filmhochschule beendet. Bei dem Dokumentarfilm über Moskau sollte sie Regie führen 4. Kurt Bruck, ein Kameramann, war ein Jahr älter als Herta und ihr alter guter Freund. Er war Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Herta und er waren Patrioten ihrer jungen Republik, die zum erstenmal in der Geschichte Deutschlands für den Frieden und für die Freiheit der Werktätigen kämpft.

EIN TREFFEN ZU FÜNFT

Mit diesen zwei jungen Menschen machte uns nun Kornejew im Hotel Berlin bekannt. Und da kam es gleich zu einem Zwischenfall 5. Nadia hatte wohl bemerkt, daß sie mit ihren Redewendungen auf Kornejew keinen guten Eindruck gemacht hatte. Und doch wollte sie die Flinte nicht so schnell ins Korn werfen 6; sie wollte auch im Gespräch mit den beiden Deutschen möglichst viele Redewendungen gebrauchen. Dabei geriet sie wieder in die Tinte 7.

Kaum hatte sie nämlich die Deutschen erblickt, als sie auch schon in schnellstem Tempo begann: «Also, liebe deutsche

1 Sosó lalá! или Es geht! (разг.) — Так себе, не плохо.

2 die Sache drehen (разг.) — справиться с чем-либо

3 große Augen machen — делать большие глаза (от удивления)

4 Regie (lies: re:'ži:) führen — быть режиссёром

5 es kam zu einem Zwischenfall — произошёл инцидент