1 wie aus dem Gesicht geschnitten sein — быть похожим на кого-либо как две капли воды
2 jemandem etwas zuleide tun — обидеть кого-либо
3 zu Olims Zeiten (lat. olim — когда-то) — при царе Горохе
4 Schwein haben (разг.) — иметь удачу, счастье; er hat Schwein — ему везёт
Das ist für mich ein großes Glück. Nur weiß ich nicht, warum «Glück» und «Schwein» Synonyme sind.
K o r n e j e w: Früher war bei Schützenfesten immer das Schwein der höchste Gewinn, der erste Preis.
H e r t a: Da erinnere ich mich an eine komische Geschichte. Ein reicher Baron gab einmal ein Fest. Da war auch ein Ausländer eingeladen, der schlecht Deutsch konnte. Nun hörte er, wie ein Gast zu einem anderen sagte: «Dieser Baron hat großes Schwein. Er hat in der Lotterie gewonnen.» Als der Baron nun zu dem Ausländer trat und ihn begrüßte, sagte dieser: «Herr Baron, ich habe gehört, daß Sie in der Lotterie ein großes Schwein gewonnen haben!»
N a d j a (lacht): Schade, daß ich nicht dabei war und das erstaunte Gesicht des Barons nicht sehen konnte. Alle, die das sahen, hatten wirklich Schwein.
K u r t: Und Sie, Nadja, hatten Pech 1, daß Sie es nicht sahen, nicht wahr?
N a d j a: Pech heißt смола. Pech haben — терпеть неудачу, Pechvogel — неудачник. Das verstehe ich. Wo aber ist der Sinn? Warum bringt Pech Unglück? Mich interessiert, wie diese Redewendung entstanden ist.
K u r t: Wahrscheinlich stammt sie vom Vogelfang. Mit Pech fing man früher Vögel. Die Vogelfänger bestrichen die Zweige mit Pech, die Vögel setzten sich darauf und konnten nicht mehr auffliegen. Sie waren gefangen. Daher auch das Wort «Pechvogel».
H e r t a: Das Pech als Zeichen des Unglücks und der Schande kommt auch in manchen alten Märchen vor. Sie erinnern sich gewiß an das Märchen «Frau Holle», wo das faule Mädchen zur Strafe für seine Bosheit mit Pech übergossen wird.
K o r n e j e w: Glück oder Unglück, Schwein oder Pech — das ist alles interessant, aber wir müssen nach Hause gehen. Morgen ist auch ein Tag!
1 Pech haben — терпеть неудачу; er hat Pech — ему не везёт
Sechster Tag
KUNST UND WISSENSCHAFT
Der sechste und vorletzte Tag! ... Je mehr sich unsere Geschichte dem Ende nähert, desto trauriger wird Nadja, denn Scheiden tut weh 1. Aber desto glücklicher werden die beiden Deutschen, denn sie haben gute Arbeit geleistet. Nach dem Frühstück bespricht man den Tagesplan, und dann geht es an seine Verwirklichung. Kultur, Kunst, Wissenschaft — das Thema des heutigen Tages ist besonders interessant, nicht wahr?
Wohin zuerst? — Natürlich in die Staatliche Tretjakow-Galerie.
1. Episode: MAN SOLL NIE IN ZORN GERATEN 2
Zuerst nimmt Kurt die Fassade des Hauses Lawruschinski Pereulok Nr. 10 auf, wo sich die «Tretjakowka» befindet, wie die Moskauer ihr schönstes Museum liebevoll nennen. Dann gehen Herta, Nadja und Kurt durch die vielen Säle, bleiben vor einigen Gemälden stehen und diskutieren. Natürlich wird deutsch gesprochen. Besonders das Bild von Repin «Iwan der Schreckliche und sein Sohn Iwan» fesselt ihre Blicke 3. Zar Iwan IV. hält seinen toten Sohn in den Armen. Entsetzen malt sich auf seinem Antlitz 4: er war in Zorn geraten und wußte nicht mehr, was er tat. Jetzt sieht er, daß er den eigenen Sohn erschlagen hat. Zu spät!
N a d j a: Wie oft war ich schon hier! Und jedes Mal zieht dieses Bild von neuem meine Aufmerksamkeit auf sich 5.
1 Scheiden tut weh — расстаться тяжело
2 in Zorn geraten — прийти в ярость
3 den Blick fesseln — приковать взгляд
4 Entsetzen malt sich auf seinem Antlitz — его лицо выражает ужас
5 jemandes Aufmerksamkeit auf sich ziehen — привлечь к себе чьё-либо внимание
In diesem Augenblick kommen Kinder in den Saal, eine ganze Klasse mit ihrer Lehrerin. Sie sind nicht mehr als 9, 10 Jahre alt.
K u r t: Nanu? Was machen denn die Kinder da? Ist denn hier ein Kindergarten?
N a d j a: Die Kunst muß man doch von Kindesbeinen an 1 pflegen!
Und wie zur Bestätigung dieser Worte sagt jetzt ein Dreikäsehoch 2 vor einem Bild Puschkins, das Kiprenski (1782 — 1838) gemalt hat: «Schaut mal, das ist unser Puschkin!»
2. Episode: ES WAR KEIN SCHUß INS BLAUE 3
Nach dem Besuch der «Tretjakowka», der etwa zwei Stunden in Anspruch nahm 4, gingen sie ins Kino, wo sie sich den berühmten Film «Die Ballade vom Soldaten» ansahen. Danach war es Zeit, zu Mittag zu essen. Und dann? Was macht man nach dem Mittagessen? Man ruht sich aus, bei schönem Wetter am liebsten im Freien. Nun sitzen sie in einem kleinen Park und plaudern über den Film.
H e r t a: Welche Szenen des Films halten Sie für die besten, Nadja? Aber bitte, sprechen Sie einfach!
N a d j a: In erster Linie die Szene, wo Aljoscha Urlaub bekommt. Er hat Anspruch 5 auf sechs Tage Urlaub. Zwei Tage nimmt die Reise zur Mutter in Anspruch 4, zwei Tage braucht er, um das Dach des Hauses zu reparieren und zwei für die Fahrt zurück.
H e r t a: Geht alles planmäßig?
N a d j a: Nein. Und hier zeigt sich der schöne Charakter des Sowjetmenschen. Hier stellt er unter Beweis...
K u r t: Halt! So geht's nicht. Das ist Juristensprache. So spricht man im täglichen Leben nicht.
N a d j a: Gut. Danke für die Lehre! Also, Aljoscha trifft auf dem Weg in die Heimat Menschen, denen es schlecht geht. Und er hilft ihnen. Er muß ihnen helfen, obwohl er weiß, daß er für seine eigenen Angelegenheiten keine Zeit haben wird.
1 von Kindesbeinen an — с детства
2 der Dreikäsehoch — карапуз
3 ein Schuß ins Blaue — промах; пальцем в небо