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DeVries wollte auffahren, aber Necron schnitt ihm mit einer zornigen Handbewegung das Wort ab und richtete sich ein wenig in seinem Sessel auf.

»Geht, DeVries«, sagte er schneidend. »Nehmt Eure Männer und geht, solange Ihr es noch könnt.«

DeVries wollte auffahren, aber mit einem Male war im Blick des alten Mannes etwas Neues; ein Ausdruck solcher Härte und Gnadenlosigkeit, daß DeVries es nicht wagte, auch nur einen Laut von sich zu geben. Plötzlich spürte er, daß er dem Tod ganz nahe war.

»Geht«, sagte Necron noch einmal. »Aber ich warne Euch. Selbst meine Langmut hat Grenzen. Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, werden wir Feinde sein.«

Ja, dachte DeVries. Das werden wir, alter Mann. Das werden wir sogar ganz bestimmt.

Aber obwohl er es nicht einmal sich selbst gegenüber zugeben wollte, war er ganz und gar nicht sicher, wer von ihnen beiden als Sieger aus dieser Begegnung hervorgehen würde ...

»Du«, flüsterte ich. Meine eigene Stimme klang fremd und furchteinflößend in meinen Ohren. Die Wirklichkeit schien um mich herum zu verblassen. Der Fluß, Shannon, die Bedrohung, die wie ein düsterer Hauch über uns lag - alles wurde unwirklich und unwichtig. Die Welt schien zu einem winzigen kreisförmigen Ausschnitt der Realität zusammenzuschrumpfen, in dessen Zentrum sich die Schattengestalt meines Vaters befand.

Ich hatte die Wahrheit im gleichen Moment begriffen, in dem ich seine Stimme gehört hatte. Aber ich weigerte mich noch immer, sie zu glauben.

»Du?« flüsterte ich noch einmal. »Du hast ... dies ... dies alles war dein Werk?«

Er nickte, eine schwebende, irgendwie irreale Bewegung. Sein Schattenkörper schien zu flackern.

Geh, Robert, wisperte seine Stimme in meinen Gedanken. Geh und laß mich tun, was getan werden muß.

»Aber warum?« stöhnte ich. »Warum hast du das getan? Was -?«

Er muß sterben, unterbrach mich die Geisterstimme. Ich glaubte einen sanften Hauch von Bedauern, ja, fast Trauer darin zu vernehmen.

Geh, Robert. Ich kann dich nicht schützen, wenn er wieder erwacht. Meine Macht schwindet rasch.

»Schützen?« keuchte ich. »Dieser ... dieser Junge hat mir das Leben gerettet! Du kannst ihn nicht töten!«

Ich sprang auf, beugte mich über Shannons Oberkörper und hob seinen Kopf an. Das Wasser hatte sein Gesicht fast erreicht. Noch wenige Augenblicke, und es würde in seinen Mund fließen und ihn ersticken, betäubt und hilflos wie er war.

»Du darfst es nicht tun!« sagte ich noch einmal.

Er ist dein Feind, Robert, erwiderte mein Vater. Er wird dich töten, wenn er erfährt, wer du wirklich bist.

»Töten?« Ich schrie fast. »Er hat mich gerettet, Vater!«

Das war Zufall, antwortete er. Bitte, Robert - sei vernünftig. Ich kann nicht mehr lange bleiben. Meine Kräfte vergehen rasch, wenn ich mich in dieser Welt aufhalte, und was du getan hast, hat mich zusätzlich geschwächt.

Seine Worte lösten ein sonderbares Echo in mir aus. Wie in einer blitzartigen Vision glaubte ich meinen verzweifelten Kampf gegen den Fluß noch einmal zu durchleben, und diesmal wußte ich, daß es seine Kräfte gewesen waren, gegen die ich gekämpft hatte, die entfesselten magischen Gewalten meines eigenen Vaters!

Ich stand auf, trat ihm einen halben Schritt entgegen und hob beide Hände, lautlos die bizarren Worte flüsternd, die er selbst mich gelehrt hatte.

Seine Gestalt schien für einen Moment zu flackern, als seine übersinnlichen Mächte gestoppt und abgedrängt wurden. Zu meinen Füßen hörte der Fluß auf, an Shannons Beinen zu saugen. Das Wasser begann abzufließen, und ein überraschter ungläubiger Ausdruck huschte über die Züge meines Vaters.

»Nein«, sagte ich ruhig. »Du wirst ihn nicht töten.«

Robert, du -

»Du wirst ihn nicht töten«, wiederholte ich, sehr leise, aber so entschlossen, daß er mitten im Wort verstummte und mich eine endlose Sekunde lang mit einer Mischung aus ungläubigem Staunen und Sorge ansah.

Dann tötet er dich, sagte er schließlich.

»Das werde ich zu verhindern wissen«, sagte ich kalt. »Schließlich habe ich genug von dir gelernt, um mich meiner Haut zu wehren.«

Nicht genug für ihn, Robert! Er ist ein Magier! Ein wahrer Träger der Macht, tausendmal besser ausgebildet als du!

»Vielleicht«, antwortete ich. »Es wird sich zeigen. Aber ich lasse nicht zu, daß du ihn umbringst.«

Ich könnte dich zwingen, Robert!

»Versuch es«, sagte ich zornig. »Aber wenn du ihn umbringen willst, mußt du erst mich töten, Vater.«

Diesmal widersprach er mir nicht mehr, nur der Ausdruck von Trauer in seinen Augen wurde stärker. Schließlich senkte er den Blick, trat einen Schritt zurück und sah schweigend zu, wie ich Shannons reglosen Körper aus dem Fluß zog und ein Stück die Böschung hinauf schleppte, in sicherer Entfernung zum Wasser.

Ich war fest davon überzeugt, wieder allein zu sein, als ich mich aufrichtete, aber die Schattengestalt stand noch da, merklich blasser und kraftloser als zuvor, aber noch immer zu erkennen.

»Was willst du noch?« fragte ich. In meinem Innern tobte ein Vulkan einander widerstrebender Gefühle. Meine Stimme zitterte.

Andara schüttelte sanft den Kopf, machte eine Bewegung, als wolle er den Arm heben und mich berühren, tat es aber dann nicht, sondern sah mich nur aus dunklen Augen an.

Du bist sehr stark, Robert, sagte er. Stärker, als ich zu hoffen gewagt habe, nach dieser kurzen Zeit.

»Wundert dich das?« fragte ich böse. »Ich bin dein Erbe, vergiß das nicht, Vater.« Ich erschrak selbst, als ich spürte, wie ich das letzte Wort betont hatte. Es klang wie eine Beschimpfung; etwas Obszönes.

Warum haßt du mich? fragte er.

»Hassen?« Ich schüttelte den Kopf, viel zu heftig, sah auf den reglosen Jungen zu meinen Füßen hinab und sagte noch einmaclass="underline" »Hassen? O nein, Vater, ich hasse dich nicht. Ich verabscheue dich nur. Dich und all die, die sich mit Mächten eingelassen haben, die so etwas tun.« Ich deutete mit einer zornigen Kopfbewegung zum Fluß zurück.

Andara lächelte voller Trauer. Ich verstehe dich, Robert, sagte er. Besser, als du glaubst. Als ich so alt war wie du jetzt, da fühlte ich genauso.

»Warum hast du dann nicht danach gehandelt? Warum hast du deine Macht nicht eingesetzt, um das Böse zu bekämpfen?«

Das habe ich, Robert, antwortete er. Ich tat es und tue es noch. Aber manchmal muß man Dinge tun, die falsch sind, um das Böse zu besiegen.

»Dinge wie ein Mord an einem Wehrlosen?«

Andara schwieg einen Moment. Dann nickte er. Die Bewegung wirkte resignierend. Vielleicht hast du recht, sagte er. Vielleicht ist es gut, daß du mich daran gehindert hast, ihn zu töten. Ich habe schon zu viel Schuld auf mein Gewissen geladen.

»Worte!« schnappte ich. »Nichts als Worte! Ist das alles, was du mir geben kannst - außer dem Fluch, den ich von dir geerbt habe?«

Manchmal muß man Schuld auf sich laden, um größeres Unheil zu verhindern, sagte er sanft. Aber verlange nicht, daß du verstehst, was ich meine. Ich habe nichts von dir zu verlangen, Robert. Vielleicht habe ich schon zu viel von dir verlangt.

Ich wollte nicht antworten, aber ich war nicht mehr vollends Herr meines eigenen Willens. Ich hatte zu lange mit meinem Erbe gelebt, hatte die düstere brodelnde Macht, die lauernd wie ein finsterer Höllenhund am Grunde meiner Seele wartete, zu lange gespürt und bekämpft, um zu schweigen. Plötzlich sprudelten die Worte aus mir hervor, ohne daß ich ihren Fluß zu dämmen imstande war. Ich schrie fast.