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»Das ist nicht wahr!« unterbrach ihn Howard. »Ich wollte nichts als meine Ruhe haben. Ich habe niemals gegen euch gekämpft.«

»Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, Bruder«, sagte de Laurec. »Aber es ist müßig, wenn wir uns jetzt noch streiten. Du bist hier, das allein zählt. Und ich gebe dir eine Chance, dein Leben zu retten. Deines und das des Mädchens.«

»Das des ...« Howard brach mit einem keuchenden Laut ab, hob die Fäuste und trat drohend einen weiteren Schritt auf den Templer zu. »Was ... was soll das heißen, Sarim? Du hast versprochen, sie freizulassen, wenn ich mich stelle.«

»So, wie du einmal geschworen hast, unserer Loge bis an dein Lebensende treu zu sein«, nickte de Laurec. »Aber höre mich an, ehe du mich einen Betrüger schimpfst, Bruder. Ich stehe zu meinem Wort. Ich tue sogar noch ein übriges - ich gebe dir nicht nur die Chance, ihr Leben zu retten, sondern sogar dein eigenes.«

Er schwieg einen Moment, und als er weitersprach, war in seinen Augen ein Glitzern, das irgend etwas in Howard erstarren ließ. »Sag, Bruder«, fragte er, »spielst du noch immer so gut Schach wie früher?«

»Gehen Sie mir aus dem Weg«, sagte Eisenzahn ruhig. Seine Stimme hatte sich abermals verändert; sie klang jetzt eine Spur zu hoch und zu schrill für die eines Menschen und wurde von einem leisen, wimmernden Jaulen begleitet. Sein rechtes Bein klirrte wie ein Sack voll Metallschrott, als er auf Rowlf zutrat und mit einer befehlenden Geste die Hand hob.

Rowlf ballte die Fäuste, reckte kampflustig das Kinn vor und baute sich breitbeinig vor dem zwei Köpfe kleineren Mann auf. »Isser das?« fragte er, ohne den Blick von Eisenzahn zu wenden.

Ich nickte. Dann fiel mir ein, daß ich hinter Rowlf stand und er die Geste kaum sehen konnte, und ich fügte ein hastiges »Ja« hinzu.

Rowlf schnaubte. »Was wollnse vonem Kleenen?« fauchte er Eisenzahn an. »Wennsem was antun wolln, müssense ers an mir vorbei, Männeken.«

Eisenzahn schwieg einen Moment, und ich glaubte fast zu sehen, wie die Zahnräder - oder was immer er anstelle eines Gehirns hatte - hinter seiner Stirn rotierten. Dann ruckte sein Kopf herum, und sein zerstörtes Gesicht wandte sich wieder mir zu. »Ist das ein Freund von Ihnen, Mister Craven?« fragte er.

»n’ Freund?« Rowlf keuchte. »Das kannste dreimal sagen, Knirps. Un ich mag es gar nicht, wenn einer meine Freunde vom Dach schmeißt!«

»Wenn Sie wirklich Freunde sind, Mister Craven«, fuhr Eisenzahn ungerührt fort, »dann sollten Sie ihm sagen, wie aussichtslos es ist, gegen mich kämpfen zu wollen.« Seine Stimme klang plötzlich bedauernd. »Warum ziehen Sie Fremde mit hinein, Mister Craven? Ihr Freund kann Sie nicht retten. Sie gefährden nur sein Leben, wenn Sie -«

Rowlf brüllte wie ein wütender Stier, raste mit hoch erhobenen Armen auf Eisenzahn zu und schmetterte ihm mit aller Gewalt die Faust vor das Kinn. Eisenzahn machte nicht einmal den Versuch, dem Hieb auszuweichen. Es war auch nicht nötig. Ich ahnte, was geschehen würde, aber mein Warnschrei kam zu spät. Und Rowlf hätte wahrscheinlich sowieso nicht darauf gehört. Seine Faust krachte mit ungeheurer Wucht gegen Eisenzahns Kiefer.

Rowlf war mit Abstand der stärkste Mann, dem ich jemals begegnet war. Ich hatte gesehen, wie er zum bloßen Zeitvertreib Türen einschlug und armdicke Äste zerbröselte wie andere einen Zahnstocher; einmal war ich Zeuge, wie er einen jungen Stier niederschlug: mit einem einzigen Hieb seiner gewaltigen Fäuste. Und Eisenzahns Anblick mußte ihm deutlich genug gesagt haben, daß er keinem ›normalen‹ Gegner gegenüberstand. Diesmal schlug er nicht zu, um den anderen kampfunfähig zu machen, wie er es sonst tat. Diesmal schlug er mit aller Gewalt zu. Der Hieb hätte ein Brauereipferd gefällt.

Eisenzahn erschütterte er nicht einmal.

Dafür brach er sich seine Hand.

Rowlf brüllte vor Schmerz, prallte zurück und schrie gleich darauf ein zweites Mal auf, als sich Eisenzahns Rechte wie eine Stahlklammer um sein Handgelenk schloß. Mit einem kurzen, unglaublich harten Ruck brachte er Rowlf aus dem Gleichgewicht, schleuderte ihn zu Boden und versetzte ihm mit der anderen Hand einen fast sanften Hieb gegen den Hinterkopf. Rowlfs Schmerzgeheul wurde zu einem erstickten Keuchen. Er fiel nach vorne, versuchte sich hochzustemmen und sank mit einem kraftlosen Seufzer zurück.

»Ich werde ihn nicht töten«, sagte Eisenzahn. »Es ist nicht meine Aufgabe.«

»Wie edel«, antwortete ich. Aber meine Stimme zitterte dabei und verdarb den spöttischen Klang, den die Worte eigentlich haben sollten. Eisenzahn kam langsam auf mich zu; im gleichen Tempo wich ich vor ihm zurück. Er schüttelte den Kopf.

»Das hat doch keinen Sinn, Craven«, sagte er sanft. »Sie wissen es. Sie haben längst erkannt, was ich bin.«

»Ja«, antwortete ich, während ich verzweifelt einen Fluchtplan nach dem anderen erdachte und wieder verwarf. »Eine Maschine.«

»Ein Automat«, bestätigte Eisenzahn. Seine Hände hoben sich und wurden wieder zu diesen grauenhaften Klauen. Rasiermesserscharfer Stahl schimmerte durch die zerfetzten Reste des hautfarbenen Materials, das ihn bedeckte.

»Und deine Aufgabe ist es, mich zu töten?« Meine Gedanken überschlugen sich. Ich saß in der Falle. Die Straße endete vierzig, fünfzig Schritte hinter mir vor einer Wand, und den Gedanken, irgendwie an Eisenzahn vorbei zu kommen, um das offene Ende der Gasse zu erreichen, konnte ich gleichfalls vergessen.

»Das stimmt«, bestätigte Eisenzahn. »Um so weniger verstehe ich, weshalb Sie noch immer versuchen, zu entkommen. Sie müssen wissen, daß es keinen Sinn hat. Sie sind schneller als ich, aber ich kenne weder Müdigkeit noch Schwäche. Sie können fliehen, soweit und wohin Sie wollen. Ich werde Sie einholen. Es ist eine reine Vergeudung von Energie und Material, wenn Sie weiter fliehen.«

»Das stimmt«, bestätigte ich. »Aber vielleicht unterscheidet mich das von einer Maschine.«

»Wie Sie wollen, Mister Craven«, sagte Eisenzahn. »Ich wollte es einfacher machen - für uns beide.«

Warnungslos sprang er auf mich zu.

Ich warf mich zur Seite, verlor auf dem regennassen Kopfsteinpflaster den Halt, fiel der Länge nach hin und rollte mich instinktiv zur Seite. Eisenzahns stählerner Fuß krachte dort nieder, wo eine halbe Sekunde zuvor noch mein Gesicht gewesen war, zermalmte den Stein und kam zu einem weiteren Tritt wieder hoch. Ich rollte weiter, entging auch seiner nächsten Attacke um Haaresbreite und kam torkelnd wieder auf die Füße.

Eisenzahn setzte mir lautlos nach. Seine Hände schnappten nach meinem Gesicht, verfehlten es um Millimeter und fetzten ein Stück Stoff aus meiner Jacke. Ich taumelte, schlug mir die Hände an seinem Arm blutig und spürte einen eisigen Luftzug, als ich einem weiteren Faustschlag wie durch ein Wunder entging.

Ich torkelte weiter zurück, stolperte und fühlte plötzlich harten Stein im Rücken. Eisenzahn sprang auf mich zu. Seine Glieder bewegten sich nicht mehr richtig; die Beschädigungen, die er erlitten hatte, mußten sein Koordinationszentrum in Mitleidenschaft gezogen haben. Trotzdem entging ich seinem nächsten Hieb nur um Haaresbreite, duckte mich zur Seite und prallte mitten in der Bewegung zurück, als seine Faust vorschoß und ein kopfgroßes Loch in die Wand schlug, vor der ich stand. Der nächste Hieb würde mich töten, das wußte ich.

Aber der tödliche Schlag, auf den ich wartete, kam nicht. Ein gewaltiger Schatten wuchs hinter Eisenzahns Gestalt in die Höhe. Ich hörte ein Geräusch wie das Knurren eines gereizten Bären, dann schlossen sich Rowlfs gewaltige Arme von hinten um Eisenzahns Körper, verschränkten sich vor seiner Brust - und hoben ihn mit einem unglaublich kraftvollen Ruck in die Höhe.

Für die Dauer eines Atemzuges erstarrte der Maschinenmensch. Wieder erscholl aus seinem Inneren dieses schrille, mißtönende Jaulen, und plötzlich bog sich sein rechter Arm in einer unmöglichen Bewegung nach hinten. Rowlf brüllte auf, als sich Metallfinger in seine Stirn gruben. Blut lief über das Gesicht des rothaarigen Riesen.