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Van der Groot stöhnte, als Howards Fingerspitzen über sein angeschwollenes Kinn tasteten. »Das ... tut verdammt weh«, murmelte er.

»Es hört gleich auf.« Howard hielt den Kopf des anderen mit der linken Hand, tastete mit den Fingerspitzen der rechten weiter über sein Kinn, suchte einen bestimmten Nervenknoten und drückte kurz und hart zu, als er ihn gefunden hatte. Van der Groot schrie auf, schlug seine Hand beiseite und machte plötzlich ein sehr verblüfftes Gesicht.

»Was ... haben Sie gemacht?« stammelte er. »Die Schmerzen sind weg!«

Howard grinste und lehnte sich zurück. »Nichts Weltbewegendes«, antwortete er. »Nur ein kleiner Trick. Vielleicht lernen Sie ihn auch noch einmal, wenn Sie lange genug leben, um über den Rang eines bezahlten Killers hinauszukommen.«

Die Augen des Holländers wurden schmal vor Zorn. »Sie wissen ganz genau, daß ich kein bezahlter Mörder bin, Lovecraft«, sagte er.

»Ach?« machte Howard. »Und was hatten Sie vor, mit Rowlf und mir?«

»Jedenfalls keinen Mord.«

»Nennen Sie es, wie Sie wollen«, antwortete Howard. »Es läuft aufs gleiche hinaus.«

»Das tut es nicht«, protestierte van der Groot. »Sie sind zum Tode verurteilt worden und haben sich der gerechten Strafe entzogen. Wundern Sie sich, wenn man Männer hinter Ihnen herschickt?«

»Nein«, erwiderte Howard trocken. »Es kränkt mich allerdings, daß man dazu solche Nieten einsetzt wie Sie und diesen angeblichen Doktor Gray.« Er blickte van der Groot ernst an und fügte hinzu: »Verurteilt? Von welchem Gericht, van der Groot?«

»Vom Rat der Ordensherren. Und über ihnen steht die höchste Gerichtsbarkeit der Schöpfung.«

»Und daran glauben Sie, wie?«

Van der Groot schien für einen Moment nicht mehr zu wissen, was er antworten sollte. Howards Stimme war frei von Spott oder Hohn gewesen.

»Natürlich«, sagte er schließlich. »Warum fragen Sie, Lovecraft? Sie wissen, daß keiner von uns aus Gewinnsucht oder anderen niederen Beweggründen handelt. Sie waren selbst einer von uns, bevor Sie ... bevor Sie den Orden verraten haben.« Der letzte Teil des Satzes klang irgendwie trotzig. Er blickte an Howard vorbei auf den schwarzgekleideten Drachenkrieger, aber seine Augen schienen etwas anderes zu sehen.

»Verrat?« Howard betonte das Wort auf sonderbare Weise. »Welche Art von Verrat meinen Sie, van der Groot?«

Der Holländer druckste herum. »Nun«, sagte er. »Ich ... man hat mir gesagt, daß Sie den Orden verraten haben, und man hat mir das Urteil gezeigt, unterzeichnet und besiegelt vom obersten Ordensherrn selbst.«

»Und das reicht, nicht wahr?« Howard lächelte, aber es wirkte irgendwie traurig. »Nun - es spielt vermutlich keine Rolle mehr, ob Sie mir glauben oder nicht, van der Groot, aber ich versichere Ihnen, daß ich weder den Orden noch einen seiner Brüder in irgendeiner Form verraten habe. Ich habe das Schweigegelübde gehalten. Nicht einmal Rowlf weiß von meiner ... Vergangenheit.«

»Das glaube ich Ihnen nicht«, antwortete van der Groot verstockt. »Der Ordensherr würde kein Fehlurteil sprechen.«

»Das hat er ja auch nicht«, sagte Howard. »Von seinem Standpunkt aus hatte er gar keine andere Wahl, als mich eliminieren zu lassen. Ich verstehe ihn sogar, auch wenn ich seine Meinung verständlicherweise nicht ganz teilen kann. Ich hasse ihn deswegen nicht.«

»Was haben Sie dann getan, wenn Sie den Orden nicht verraten haben?« wollte van der Groot wissen.

»Etwas viel Schlimmeres«, antwortete Howard. »Ich habe die Wahrheit erkannt, van der Groot. Ich habe erkannt, daß der Orden unrecht tut, und daß seine Regeln auf den falschen Grundsätzen aufgebaut sind. Die Ziele seiner Brüder mögen gerecht sein, aber auf schlechtem Boden wachsen keine guten Bäume, was immer der Orden tut, wird Übles hervorbringen.« Van der Groot erbleichte. »Das ist ... Gotteslästerung!« krächzte er.

»Nein«, erwiderte Howard. »Nur die Wahrheit. Aber ich glaube, wir sollten uns nicht darüber streiten. So, wie die Dinge liegen, wird wohl keiner von uns noch lange Gelegenheit haben, der einen oder anderen Seite zu dienen.«

»Sie ... glauben, Necron wird uns umbringen?« flüsterte van der Groot.

Howard schwieg, und nach einer Weile wandte sich der Holländer wieder um und starrte in die grauen Schlieren, die den Keller in zwei ungleiche Hälften teilten. Necron und seine Jünger waren auf der anderen Seite dieser Barriere. Nur einer der Drachenkrieger war als Wächter bei ihnen zurückgeblieben, nachdem der Alte gegangen war und Rowlf mitgenommen hatte.

Rowlf ...

Howard hätte viel darum gegeben, nur einen Blick durch den Nebelvorhang werfen zu können. Necron hatte mit keinem Wort angedeutet, was er mit Rowlf zu tun beabsichtigte. Howard glaubte nicht, daß er ihn töten wollte. Necron war grausam, aber nicht dumm, und wie seine Männer tötete er niemals ohne Grund - wenngleich ihm schon der geringste Anlaß einen solchen bieten konnte.

Nein, Howard fürchtete nicht um Rowlfs Leben. Nicht im Moment. Aber er hatte das bedrückende Gefühl, daß der Tod vielleicht nicht das Größte aller Übel sein mochte, das seinem Diener und Freund im Moment zustoßen konnte. Es gab Dinge, die schlimmer waren als der Tod.

Er seufzte und wandte sich wieder an van der Groot. »Wissen Sie«, sagte er, »wenn es nicht so traurig wäre, würde ich laut darüber lachen. Sie und Ihre Brüder sind vielleicht die einzige Macht auf der Welt, die die GROSSEN ALTEN noch aufhalten könnte. Und statt mit dieser Macht zusammenzuarbeiten, laufe ich vor Ihnen und Ihresgleichen weg, und Sie setzen Himmel und Hölle in Bewegung, um mich umzubringen.«

»Es gibt keine Gemeinsamkeit zwischen uns«, antwortete van der Groot kalt. »Sie sind ein Verräter. Ganz gleich, wie Sie es nennen. Ihr Todesurteil wird vollstreckt werden. Wenn nicht jetzt, dann später.« Er lachte böse. »Warum fragen Sie nicht Necron? Seine Seele gehört dem Teufel doch schon. Vielleicht arbeitet er mit Ihnen zusammen. Wir brauchen Männer wie Sie nicht, Lovecraft. Gott wird uns die Kraft geben, die Dämonen, die Sie die GROSSEN ALTEN nennen, zu schlagen, ohne daß wir deshalb einen Handel mit dem Satan eingehen müßten.«

»Sie glauben nicht an sie, was?« fragte Howard.

»An wen? Die GROSSEN ALTEN?«

Howard nickte.

»Nein«, sagte van der Groot nach kurzem Überlegen.

»Aber haben Sie nicht selbst gerade erst gesagt, daß Ihr Ordensherr die Anwesenheit Cthulhus gespürt hat?«

»Das stimmt«, gestand van der Groot unbeeindruckt. »Wenn Sie diese Art von Dämonen meinen - an die glaube ich. Ich weiß, daß es sie gibt. Es sind die üblen Geister und finsteren Mächte, die in der Seele der Menschen hausen.« Er überlegte einen Moment, blickte den Drachenkrieger durchdringend an und fuhr fort: »Ich glaube an die Existenz des Bösen an sich. Wenn Sie das meinen, haben Sie recht. An Wesen wie Ihre GROSSEN ALTEN glaube ich nicht.«

»Sie Narr«, sagte Howard. »Haben Sie so wenig gelernt in den Jahren, die Sie ausgebildet wurden, ehe Sie in den Orden aufgenommen werden konnten? Oder sind die Regeln so gelockert worden, seit ich ausgeschieden bin? Zu meiner Zeit war es eine Ehre, sich Tempelherr nennen zu dürfen!«

»Das ist es auch noch!« protestierte van der Groot. »Aber ich glaube nicht an Geschichten, mit denen man kleine Kinder und Idioten erschrecken kann. Dämonen aus der Urzeit - das ist doch lächerlich!«

»Und was war das für ein Wesen, das uns in der Bibliothek angegriffen hat?« fragte Howard ruhig.

Van der Groot schien einen Moment verunsichert. »Täuschung«, sagte er, aber der Klang seiner Stimme bewies, daß es nur eine Ausrede war, an die er selbst nicht glauben konnte. »Finstere Magie und Teufelszeug.«

»Nennen Sie es, wie Sie wollen«, sagte Howard. »Aber es ist -« Er stockte, blickte den dunkelhaarigen Holländer einen Moment verwirrt an und stand dann mit einem Ruck auf. Er ging auf die Nebelbarriere zu und hob beruhigend die Hand, als sich der Krieger spannte. »Ruf deinen Herrn«, sagte er, »ich muß ihn sprechen.«