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«Ich dachte, das wäre am besten so. Ich meine, dass er Sie hier aufsucht. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass die Dinge nicht überall verbreitet werden.»

«Ach», sagte Colonel Pikeaway, «aber das werden sie, nicht wahr?»

«Wie bitte?»

«Sie werden es», wiederholte Colonel Pikeaway.

«Ich weiß nicht, wie viel Sie – ähm – nun, über diese letzte Geschichte wissen.»

«Wir wissen alles hier», erwiderte Colonel Pikeaway. «Dazu sind wir schließlich da.»

«Oh – Oh ja, natürlich. Wegen Sir S. N. – Sie wissen, wen ich meine?»

«Vor Kurzem ein Passagier aus Frankfurt», sagte Colonel Pikeaway.

«Eine äußerst ungewöhnliche Geschichte. Man kann sich kaum vorstellen…»

Colonel Pikeaway hörte höflich zu.

«Was soll man nur über diese Geschichte denken?», fuhr Sir George fort. «Kennen Sie ihn persönlich?»

«Ich bin ihm ein- oder zweimal begegnet», sagte Colonel Pikeaway.

«Man kommt nicht umhin, sich zu fragen –»

Colonel Pikeaway unterdrückte unter Mühen ein Gähnen. Er war der Gedanken, Fragen und Vorstellungen von Sir George reichlich müde. Er hatte sowieso eine schlechte Meinung von Sir Georges geistigen Fähigkeiten. Ein vorsichtiger Mann, von dem man sicher sein konnte, dass er auch seine Abteilung sehr vorsichtig führte. Kein Mann von sprühendem Intellekt. Vielleicht, dachte Colonel Pikeaway, war das auch besser so. Jedenfalls sind die, die immer nur nachdenken und nichts Genaues wissen, meist ziemlich sicher auf den Posten, wo Gott und die Wähler sie hingesetzt haben.

«Man kann die Enttäuschungen, die wir in der Vergangenheit erlitten haben, nicht völlig vergessen», fuhr Sir George fort.

Colonel Pikeaway lächelte freundlich.

«Charleston, Conway und Courtfold», sagte er. «Voll im Vertrauen, geprüft und genehmigt. Alle mit C, alle betrügerisch wie die Sünde.»

«Manchmal frage ich mich, ob man überhaupt noch jemandem trauen kann», sagte Sir George unglücklich.

«Das ist leicht zu beantworten», sagte Colonel Pikeaway. «Man kann es nicht.»

«Nehmen wir Sir Stafford Nye», sagte Sir George. «Ausgezeichnete Familie, ich kannte seinen Vater und seinen Großvater.»

«Es gibt oft einen Ausrutscher in der dritten Generation», sagte Colonel Pikeaway.

Diese Bemerkung half Sir George kaum weiter.

«Ich muss leider bezweifeln… Ich meine, manchmal erscheint er wirklich unseriös.»

«Einmal habe ich meine beiden Nichten mitgenommen, um die Loireschlösser zu besichtigen, als ich ein junger Mann war», sagte Colonel Pikeaway unerwartet. «Ein Mann angelte irgendwo am Ufer. Ich hatte auch meine Angelrute dabei. Er sagte zu mir: ‹Vous n’etes pas un pecheur sérieux. Vous avez des femmes avec vous.›»

«Denken Sie, Sir Stafford –?»

«Nein, nein, er hatte niemals viel mit Frauen zu tun. Sein Problem ist die Ironie. Er liebt es, die Leute zu überraschen. Er kann sich einfach nicht helfen, er muss sich auf Kosten anderer amüsieren.»

«Nun, das ist nicht sehr zufriedenstellend, oder?»

«Warum nicht? », fragte Colonel Pikeaway. «Sich kleine Scherze zu erlauben, ist besser, als ein Geschäft mit einem Überläufer zu machen.»

«Wenn man nur sicher sein könnte, dass er wirklich zuverlässig ist. Was ist Ihre persönliche Meinung?»

Colonel Pikeaway lächelte freundlich. «Ich würde mir an Ihrer Stelle keine Sorgen machen», sagte er.

III

Sir Stafford Nye schob seine Kaffeetasse zur Seite. Er nahm die Zeitung, sah sich die Schlagzeilen an und öffnete sie dann sorgfältig auf der Seite mit den Kleinanzeigen. Er hatte diese Rubrik schon seit sieben Tagen durchgesehen. Es war enttäuschend, aber nicht überraschend. Warum in aller Welt sollte er erwarten, eine Antwort zu bekommen? Seine Augen glitten langsam abwärts über verschiedene Skurrilitäten, die diese Seite in seinen Augen immer recht faszinierend machten. Sie waren nicht immer persönlich. Die Hälfte oder mehr als die Hälfte waren verbrämte Werbeanzeigen oder Angebote von Dingen, die zum Verkauf standen oder gesucht wurden. Sie hätten wahrscheinlich in einer anderen Rubrik erscheinen sollen, aber sie hatten ihren Weg hierher gefunden, unter der Annahme, dass sie hier mehr Aufmerksamkeit finden würden. Hier standen ein oder zwei von der hoffnungsvollen Variante.

«Junger Mann, der nicht hart arbeiten und ein angenehmes Leben führen möchte, sucht einen passenden Job.»

«Junge Frau möchte nach Kambodscha reisen. Bitte keine Kinderbetreuung.»

«Feuerwaffe, in Waterloo verwendet. Gebote erwünscht.»

«Wunderbarer Webpelzmantel. Sofort zu verkaufen. Besitzerin geht ins Ausland.»

«Kennen Sie Jenny Capstan? Ihre Kuchen sind super. Kommen Sie in die Lizzard Street Nr. 14, S.W. 3.»

Für einen Augenblick hielt Stafford Nyes Finger inne. Jenny Capstan. Der Name gefiel ihm. Gab es eine Lizzard Street? Das nahm es an. Er hatte jedoch nie davon gehört. Mit einem Seufzer bewegte er seinen Finger weiter die Rubrik entlang nach unten und hielt fast sofort wieder an.

«Passagier aus Frankfurt, Donnerstag, 11. November, Hungerford-Brücke, 7.20.»

Donnerstag, 11. November. Das war – ja, das war heute. Sir Stafford lehnte sich in seinem Stuhl zurück und trank noch etwas Kaffee. Er war aufgeregt, richtiggehend nervös. Hungerford, die Hungerford-Brücke. Er stand auf und ging in die kleine Küche. Mrs. Worrit schnitt Kartoffeln in Streifen und warf sie in eine große Schüssel mit Wasser. Sie sah leicht erstaunt auf.

«Wünschen Sie irgendetwas, Sir?»

«Ja», sagte Sir Stafford Nye. «Wenn jemand Sie zur Hungerford-Brücke bitten würde, wo würden Sie dann hingehen?»

«Wo ich hingehen würde?» Mrs. Worrit überlegte. «Meinen Sie, wenn ich da hingehen wollte?»

«Wir können von dieser Annahme ausgehen.»

«Nun, dann würde ich wohl zur Hungerford-Brücke gehen, nicht wahr?»

«Heißt das, Sie würden nach Hungerford in Berkshire fahren?»

«Wo ist denn das?», fragte Mrs. Worrit.

«Acht Meilen hinter Newbury.»

«Von Newbury habe ich schon einmal gehört. Mein Alter hat dort letztes Jahr auf ein Pferd gewettet. Hat auch gewonnen.»

«Also würden sie nach Hungerford bei Newbury fahren?»

«Nein, natürlich nicht», sagte Mrs. Worrit. «Den ganzen Weg dorthin – warum? Ich würde natürlich zur Hungerford-Brücke gehen.»

«Sie meinen –?»

«Nun, die ist bei Charing Cross. Sie wissen sicher, wo die ist. Über die Themse.»

«Ja», sagte Sir Stafford Nye, «ja, ich weiß ganz gut, wo das ist. Vielen Dank, Mrs. Worrit.»

Das war, hatte er das Gefühl, wie einen Penny um Kopf oder Zahl zu werfen. Eine Anzeige in einer Morgenzeitung in London ließ auf die Hungerford-Eisenbahnbrücke in London schließen. Es war anzunehmen, dass sich die Anzeige darauf bezog. Aber wegen der Person, die die Anzeige aufgegeben hatte, war sich Sir Stafford Nye durchaus nicht sicher. Ihre Vorstellungen waren, nach dem flüchtigen Eindruck, den er von ihr hatte, von besonderer Art. Sie entsprachen nicht den normalen Reaktionen, die man erwartete. Aber was sollte er sonst tun? Außerdem gab es womöglich noch andere Hungerfords in den verschiedensten Regionen Englands, die wahrscheinlich auch Brücken hatten. Aber heute… Nun, er würde sehen.

IV

Es war ein kalter, windiger Abend mit gelegentlichen Schauern von dünnem nebligen Regen. Sir Stafford Nye schlug den Kragen seines Regenmantels hoch und trottete weiter. Es war nicht das erste Mal, dass er die Hungerford-Brücke überquerte, aber es war ihm nie als Vergnügungsspaziergang erschienen. Unter ihm war der Fluss, und eine Menge hastender Gestalten wie er überquerten die Brücke. Die Regenmäntel fest geschlossen, die Hüte heruntergezogen, hatten alle den ernsthaften Wunsch, sobald wie möglich nach Hause zu kommen, um dem Wind und Regen zu entgehen. Es würde nicht einfach sein, dachte Sir Stafford Nye, irgendjemanden in dieser wuselnden Menge zu erkennen. 7 Uhr 20. Keine gut gewählte Zeit für jegliche Art von Rendezvous. Vielleicht war es doch die Hungerford-Brücke in Berkshire. In jedem Fall war es sehr seltsam. Er trottetet weiter. Er hielt die gleiche Geschwindigkeit, überholte niemand, der vor ihm ging, drückte sich an denen, die ihm entgegenkamen, vorbei. Er ging schnell genug, um nicht von den Leuten hinter ihm überholt zu werden, obwohl sie die Möglichkeit hatten, wenn sie es wollten. Vielleicht war es ein Scherz, dachte Sir Stafford Nye. Nicht gerade seine Art von Scherz.