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«Überhaupt», fügte Oberst Pikeaway noch hinzu, «wenn Sie nur auf Neuigkeiten aus sind, ich glaube, es werden heute noch ein paar aufregende Neuigkeiten eingehen, speziell für Sie. Streng geheim aus Deutschland, Herr Heinrich Spiess in Person.»

«Wo um Himmels willen haben Sie das denn her? Es soll streng –»

«Wir wissen alles hier», sagte Oberst Pikeaway, und dann seinen Lieblingssatz: «Dazu sind wir da.»

«Er bringt noch irgendeinen zahmen Doktor mit, glaube ich –»

«Ja, einen Dr. Reichhardt, einen Topwissenschaftler, nehme ich an – »

«Nein. Ein Mediziner – Irrenhäuser –»

«Ach je. Ein Psychologe?»

«Wahrscheinlich. Die Leiter von Irrenhäusern sind meist Psychologen. Wenn wir Glück haben, hat man ihn hierhergebracht, um einige unserer jungen Hitzköpfe zu untersuchen. Sie sind alle vollgestopft mit deutscher Philosophie, Black-Power-Philosophie, der Philosophie verstorbener französischer Schriftsteller und so weiter und so fort. Vielleicht soll er auch die Köpfe einiger unserer großen Leuchten von der Justiz untersuchen, die den Gerichten Vorsitzen und uns warnen, sehr vorsichtig zu sein und das Ego junger Männer nicht zu verletzen, sie müssten ja vielleicht noch ihren Lebensunterhalt verdienen. Wir hätten sehr viel mehr Sicherheit, wenn wir ihnen allen Sozialhilfe zahlten. Davon könnten sie dann leben, zurückgehen in ihre Behausungen, nicht arbeiten und sich an weiterer philosophischer Lektüre erfreuen. Aber ich bin nicht auf der Höhe der Zeit. Ich weiß das. Sie brauchen es mir nicht zu sagen.»

«Man muss die neue Denkweise berücksichtigen», sagte Sir George Packham. «Man fühlt – man hofft – nun, es ist schwer zu sagen –»

«Es muss sehr beunruhigend für Sie sein», sagte Oberst Pikeaway. «Wenn es so schwierig ist, es in Worte zu fassen.»

Sein Telefon klingelte. Er lauschte und reichte es dann an Sir George weiter.

«Ja?», sagte Sir George. «Ja? Oh ja. Einverstanden. Ja. Einverstanden. Ich nehme an – nein – nein – nicht das Innenministerium. Nein. Privat, meinen Sie. Nun, ich nehme an, wir benutzen besser – er –»

Sir George sah sich vorsichtig um.

«Dieser Raum ist nicht verkabelt», sagte Oberst Pikeaway freundlich.

«Codewort Blaue Donau», sagte Sir George Packham mit vernehmlichem, heiseren Geflüster.

«Ja, ja, ich bringe Pikeaway mit. Oh ja, natürlich. Ja, ja. Sagen Sie ihm Bescheid. Ja, Sie sagen, Sie wünschen besonders, dass er kommt. Aber behalten Sie im Auge, dass unser Treffen rein privater Natur ist.»

«Dann können wir meinen Wagen nicht nehmen», sagte Pikeaway. «Er ist zu bekannt.»

«Henry Horsham kommt und holt uns mit seinem Wagen ab.»

«Gut», sagte Oberst Pikeaway. «Das ist ja alles sehr interessant.»

«Denken Sie nicht –»

«Was meinen Sie?»

«Ich meine nur – nun, ich – entschuldigen Sie, wenn ich – dürfte ich eine Kleiderbürste vorschlagen?»

«Ach, das.» Oberst Pikeaway klopfte sich leicht auf die Schulter, eine Wolke von Zigarrenasche flog auf und ließ Sir George nach Luft schnappen.

«Nanny», rief Oberst Pikeaway. Er hieb auf einen Summer, der sich auf dem Schreibtisch befand.

Eine Frau mittleren Alters kam mit einer Kleiderbürste, herbeigerufen mit der Blitzgeschwindigkeit des Geistes aus Aladins Wunderlampe.

«Bitte, halten Sie die Luft an, Sir George», sagte sie. «Das beißt ein wenig.»

Sie hielt ihm die Tür auf und er verzog sich nach draußen, während sie Oberst Pikeaway abbürstete. Er hustete und beschwerte sich:

«Verdammte Landplage, diese Leute. Immer wollen sie, dass man sich herausputzt wie ein Stutzer.»

«So würde ich Ihr Aussehen nicht gerade beschreiben, Oberst Pikeaway. Sie sollten sich langsam daran gewöhnt haben, dass ich Sie abbürste. Und Sie wissen auch, dass der Innenminister Asthma hat.»

«Nun, das ist sein Problem. Er tut eben nicht genug gegen die Luftverschmutzung in London. Kommen Sie, Sir George. Lassen Sie uns hören, was unser deutscher Freund uns zu sagen hat. Es hört sich ziemlich dringend an.»

Kapitel 17

Herr Heinrich Spiess

Herr Heinrich Spiess war besorgt. Er gab sich keine Mühe, dies zu verbergen. Er bestätigte im Gegenteil, dass die Situation, die die fünf anwesenden Männer besprechen wollten, in der Tat sehr ernst war. Gleichzeitig wirkte er sehr beruhigend, sehr beschwichtigend, was sein Hauptvorteil bei der Bewältigung der jüngsten schwierigen politischen Situation in Deutschland war. Er war ein solider Mensch, der seinen gesunden Menschenverstand in jede Versammlung einbrachte, an der er teilnahm. Er machte nicht den Eindruck eines brillanten Mannes, allein das war schon beruhigend. Brillante Politiker waren für zwei Drittel der nationalen Krisensituationen verantwortlich, und das in mehr als einem Land. Das andere Drittel wurde von den Politikern verursacht, die, obwohl legal von demokratischen Regierungen gewählt, doch ihren eklatanten Mangel an Urteilsvermögen, gesundem Menschenverstand und allgemeinen Verstandesqualitäten nicht verbergen konnten.

«Dies ist auf keinen Fall ein offizielles Treffen, verstehen Sie», sagte Spiess.

«Ja, sicher, sicher.»

«Es wurde mir eine Nachricht übermittelt, die ich Ihnen meiner Ansicht nach auf jeden Fall mitteilen sollte. Sie wirft ein interessantes Licht auf gewisse Ereignisse, die uns verwirrt und beängstigt haben. Dies ist Dr. Reichhardt.»

Er wurde ringsum vorgestellt. Dr. Reichhardt war ein großer, gemütlich wirkender Mann mit der Angewohnheit, von Zeit zu Zeit ‹ach ja› zu sagen.

«Dr. Reichhardt leitet eine große Institution in der Nähe von Karlsruhe. Er behandelt dort Geisteskranke. Ich gehe doch richtig in der Annahme, dass Sie dort fünf- bis sechshundert Patienten behandeln, oder?»

«Ach ja», sagte Dr. Reichhardt.

«Ich nehme an, Sie behandeln verschiedene Arten von Geisteskrankheit?»

«Ach ja. Wir haben dort unterschiedliche Geisteserkrankungen, aber ich habe ein besonderes Interesse und behandle fast ausschließlich eine spezielle Art von Geistesgestörtheit.» Er fiel ins Deutsche und Herr Spiess gab eine kurze Übersetzung für den Fall, dass einige seiner englischen Kollegen nicht alles verstanden. Das war sowohl nötig als auch taktvoll. Zwei verstanden es teilweise, einer gar nicht, und die beiden anderen waren offensichtlich verwirrt.

«Dr. Reichhardt hatte», erklärte Herr Spiess, «die größten Erfolge bei seiner Behandlung von Megalomanie, was der Laie wohl Größenwahn nennen würde. Die Überzeugung, dass man jemand anders ist als man selbst. Die Einbildung, man sei viel wichtiger als in Wirklichkeit. Vorstellungen von Verfolgungswahn –»

«Ach nein!», sagte Dr. Reichhardt. «Verfolgungswahn, nein, das behandle ich nicht. In meiner Klinik gibt es keinen Verfolgungswahn. Nicht in der Gruppe, für die ich mich besonders interessiere. Im Gegenteil, sie haben ihre Wahnvorstellungen, weil sie glücklich sein wollen. Und sie sind glücklich, und ich kann sie glücklich halten. Wenn ich sie aber heile, sehen Sie, dann werden sie nicht mehr glücklich sein. Also muss ich eine Behandlung finden, die sie in die Normalität zurückführt und doch glücklich bleiben lässt. Wir nennen diesen speziellen Geisteszustand –»

Er murmelte einen langen und sehr deutsch klingenden Ausdruck mit mindestens acht Silben.

«Für unsere englischen Freunde werde ich weiterhin den Ausdruck Größenwahn benutzen», fuhr Herr Spiess schnell fort, «obwohl ich weiß, dass das nicht der Terminus ist, den Sie heute verwenden, Dr. Reichhardt. Also, Sie haben, wie gesagt, sechshundert Patienten in Ihrer Klinik.»

«Zu jener Zeit, auf die ich mich gleich beziehen werde, hatte ich achthundert.»