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«Vor ein oder zwei Jahren, als ich Sie das letzte Mal gesehen habe, wollten Sie von so etwas nichts hören. Sie sagten, sie wären zu stolz zuzugeben, dass sie einen bräuchten.»

«Nun, heute muss ich etwas von meinem Stolz aufgeben, Philip. Kommen Sie, setzen Sie sich zu mir und erzählen Sie mir, warum Sie mich plötzlich so dringend besuchen wollten. Sie haben mich im letzten Jahr ziemlich vernachlässigt.»

«Nun, es ging mir selber nicht besonders gut. Außerdem war ich mit ein paar Dingen beschäftigt. Sie wissen schon, was für Dinge. Man wird um Rat gefragt, aber keiner hat auch nur die geringste Absicht, darauf zu hören. Sie können die Marine nicht in Ruhe lassen. Sie müssen immer irgendwas damit anstellen, diese verflixte Bande.»

«Sie sehen sehr gut aus», sagte Lady Matilda.

«Sie selbst sehen auch nicht schlecht aus, meine Liebe. Sie haben ein tolles Funkeln in den Augen.»

«Ich höre schlechter, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Sie müssen lauter reden.»

«In Ordnung. Ich werde lauter sprechen.»

«Was möchten Sie, Gin Tonic, Whisky oder Rum?»

«Sie sind offensichtlich bereit, starke Getränke aller Art auszuschenken. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, hätte ich gern einen Gin Tonic.»

Amy stand auf und verließ den Raum.

«Und wenn sie ihn gebracht hat», sagte der Admiral, «dann schicken Sie sie bitte wieder weg. Ich möchte allein mit Ihnen reden. Es ist dringend.»

Als die Getränke serviert waren, winkte Lady Matilda rasch mit der Hand und Amy entschwand mit der Haltung einer Person, die aus freien Stücken geht und nicht nur auf Geheiß ihrer Arbeitgeberin. Sie war eine taktvolle junge Frau.

«Ein nettes Mädchen», sagte der Admiral, «sehr nett.»

«Haben Sie mich deshalb gebeten, sie wegzuschicken und darauf zu achten, dass sie die Tür schließt? Damit sie nicht hören kann, wenn Sie etwas Nettes über sie sagen?»

«Nein, ich wollte Sie um Rat fragen.»

«Worüber denn? Über Ihre Gesundheit oder wo man neues Personal herbekommt oder über Gartenbau?»

«Ich möchte Sie ganz ernsthaft um Rat fragen. Ich hoffe, Sie können sich für mich an etwas erinnern.»

«Mein lieber Philip, wie rührend, dass Sie glauben, ich könnte mich überhaupt noch an etwas erinnern. Mein Gedächtnis wird jedes Jahr schlechter. Ich bin zu der Einsicht gekommen, dass man sich nur an die erinnert, die man seine Jugendfreunde nennt. Sogar an unausstehliche Mädchen, mit denen man zur Schule gegangen ist, erinnert man sich, obwohl man das gar nicht möchte. Ich bin tatsächlich noch einmal dort gewesen.»

«Wo waren Sie? In Ihrer alten Schule?»

«Nein, nein. Ich habe eine alte Schulkameradin besucht, die ich seit dreißig – vierzig – fünfzig, so langer Zeit –»

«Wie war sie denn?»

«Enorm fett und noch unausstehlicher und schrecklicher, als ich sie in Erinnerung hatte.»

«Sie machen eigenartige Dinge, das muss ich schon sagen, Lady Matilda.»

«Nun, dann verraten Sie mir einmal, an was ich mich erinnern soll.»

«Ich wüsste gern, ob Sie sich an einen anderen Freund erinnern, an Robert Shoreham.»

«Robbie Shoreham? Natürlich.»

«Der Wissenschaftler. Ein herausragender Wissenschaftler.»

«Natürlich. Kein Mann, den man je vergisst. Ich frage mich, wie der Ihnen plötzlich in den Sinn kommt.»

«Es gibt ein öffentliches Interesse.»

«Komisch, dass Sie das sagen», befand Lady Matilda. «Neulich habe ich dasselbe gedacht.»

«Was haben Sie gedacht?»

«Dass er gebraucht wird. Oder jemand wie er – wenn es noch so jemanden gibt.»

«Das gibt es nicht. Hören Sie, Matilda. Die Leute reden mit Ihnen. Sie berichten Ihnen alle möglichen Dinge. Ich selbst habe Ihnen schon so manches erzählt.»

«Ich habe mich immer gefragt, wieso, denn Sie können wohl kaum annehmen, dass ich das verstehe oder wiedergeben könnte. Und bei Robbie war das noch mehr der Fall als bei Ihnen.»

«Ich berichte Ihnen doch keine Marinegeheimnisse.»

«Nun. Er hat mir auch keine wissenschaftlichen Geheimnisse mitgeteilt. Ich meine, nur sehr allgemein gesprochen.»

«Aber er hat mit Ihnen darüber gesprochen, nicht wahr?»

«Nun, er erzählte mir manchmal gerne Dinge, die mich in – Erstaunen versetzten.»

«Nun, also. Ich möchte gern wissen, ob er jemals, als er noch richtig sprechen konnte, der arme Teufel, mit Ihnen über das sogenannte Projekt B. gesprochen hat.»

«Projekt B.?», Matilda Cleckheaton dachte nach. «Das hört sich irgendwie bekannt an», sagte sie. «Er hat manchmal über dies oder jenes Projekt, über dies oder das Unternehmen gesprochen. Aber wissen Sie, ich habe nichts davon wirklich verstanden, und das wusste er. Aber er liebte es – wie soll ich es sagen? –, mich in Erstaunen zu versetzen. Mir Dinge zu beschreiben wie ein Zauberer, der drei Kaninchen aus dem Hut zaubert, ohne dass man merkt, wie er das angestellt hat. Projekt B.? Ja, das war vor recht langer Zeit… für eine Weile war er sehr aufgeregt. Ich habe ihn manchmal gefragt: ‹Wie steht es um das Projekt B.?›»

«Ich weiß, ich weiß, Sie sind eine einfühlsame Frau. Sie erinnern sich immer daran, was die Leute gerade tun oder woran sie interessiert sind. Auch wenn sie keine Ahnung davon haben, zeigen Sie immer Interesse. Ich habe Ihnen einmal eine neues Marinegeschütz beschrieben und Sie müssen sich riesig gelangweilt haben. Aber Sie haben so interessiert zugehört, als hätten Sie Ihr Leben lang darauf gewartet, es zu hören.»

«Wollen Sie mir sagen, ich war immer eine einfühlsame Frau und eine gute Zuhörerin, auch wenn ich nicht viel Verstand habe?»

«Nun, ich möchte ein bisschen mehr darüber hören, was Robbie über Projekt B. gesagt hat.»

«Er sagte – es fällt mir sehr schwer, mich daran zu erinnern. Er hat es erwähnt, nachdem er von einem Unternehmen gesprochen hat, das mit der Manipulation am menschlichen Gehirn zu tun hatte. Wissen Sie, bei Leuten, die tief melancholisch waren und an Selbstmord dachten und so gestört und nervenkrank waren, dass sie starke Angstzustände bekamen. Solche Dinge, wie sie in Zusammenhang mit Freud diskutiert werden. Er sagte, die Nebenwirkungen seien grauenhaft. Die Menschen seien zwar glücklich und zufrieden und machten sich keine Gedanken mehr. Sie dachten nicht mehr an Selbstmord, aber sie machten sich insgesamt zu wenig Gedanken und wurden überfahren oder so, weil sie an keinerlei Gefahr dachten und sie nicht einmal wahrnahmen. Ich kann das schlecht ausdrücken, aber Sie verstehen sicher, was ich meine. Jedenfalls, so sagte er, sei das seiner Meinung nach das Problem bei Projekt B.»

«Hat er es noch irgendwie genauer beschrieben?»

«Er sagte, ich hätte ihn auf die Idee gebracht», sagte Lady Matilda überraschend.

«Was? Wollen Sie damit sagen, ein Wissenschaftler – ein hochrangiger Wissenschaftler wie Robbie Shoreham hat Ihnen wirklich gesagt, dass Sie ihn auf eine Idee gebracht haben? Sie haben doch gar keine Ahnung von Naturwissenschaften.»

«Natürlich nicht. Aber ich habe immer versucht, ein bisschen gesunden Menschenverstand in die Köpfe zu bringen. Je klüger sie sind, desto unvernünftiger sind sie. Ich will sagen, die Menschen, auf die es wirklich ankommt, sind doch diejenigen, die etwas Einfaches wie die Perforierung der Briefmarke erfunden haben. Oder wie einer, der Adam hieß oder sonst wie – nein, McAdam in Amerika, der schwarzes Zeugs auf die Straßen geklebt hat, damit die Farmer all ihre Produkte vom Land an die Küste bringen und ein bisschen mehr verdienen konnten. Solche Menschen sind nützlicher als alle hyperintelligenten Wissenschaftler. Wissenschaftler können sich nur Dinge ausdenken, die die Menschen zerstören. So, etwa in diesem Sinne, habe ich mit Robbie gesprochen. Sehr nett natürlich, ein bisschen scherzhaft. Er hatte mir gerade über ein paar wunderbare Errungenschaften der Wissenschaft berichtet, über biologische Kriegsführung und biologische Experimente und was man mit ungeborenen Kindern anstellen kann, wenn man nur früh genug an sie herankommt. Und über einige besonders abscheuliche und unerfreuliche Gase. Und er sagte, wie dumm die Leute seien, gegen Atombomben zu protestieren. Die seien ja noch menschenfreundlich, verglichen mit einigen anderen Sachen, die seitdem erfunden wurden. Und so sagte ich, es wäre doch viel besser, wenn Robbie oder jemand, der genauso klug wie Robbie sei, sich mal irgendetwas Vernünftiges ausdenken könnte. Da sah er mich an mit diesem kleinen Zwinkern in den Augen und fragte: ‹Was würdest du denn für vernünftig halten?› Und ich sagte: ‹Nun, anstatt all diese Biowaffen und diese scheußlichen Gase zu erfinden, warum erfindest du nicht etwas, was die Leute glücklich macht?› Ich sagte, das könne doch nicht schwieriger sein. Ich sagte: ‹Du hast über diese Versuche gesprochen, wo sie, glaube ich, vorne etwas aus dem Hirn herausgenommen haben oder auch hinten. Jedenfalls hat es die Gemütslage der Menschen völlig verändert. Sie wurden plötzlich ganz anders. Sie hatten keine Ängste mehr und wollten auch keinen Selbstmord mehr begehen. Aber›, so sagte ich, ‹wenn man Menschen so verändern kann, indem man ihnen nur ein Stückchen Knochen, Muskeln oder Nerv entfernt oder an einer Drüse herumoperiert oder sie entfernt oder etwas hinzufügt›, sagte ich, ‹wenn man so große Wirkungen auf die Bewusstseinslage der Menschen erzielen kann, warum kannst du dann nicht etwas erfinden, das die Leute umgänglicher und freundlicher macht oder vielleicht nur etwas müde? So etwas, wo sie sich nur in einen Sessel setzen und einen schönen Traum träumen. Vierundzwanzig Stunden lang und nur aufwachen, um ab und zu gefüttert zu werden.› Ich sagte, das sei doch eine viel bessere Idee.»