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Das ließ mich zögern. Warum wollte er mir das Vlies überlassen? Bestimmt log er. Aber er durfte seine Aufmerksamkeit nicht von mir abwenden.

»Du wolltest Kronos damit heilen«, sagte ich.

»Ja! Der Zauber des Vlieses hätte seinen Heilungsprozess zehnfach beschleunigt. Aber du hast uns nicht besiegt, Percy. Du hast uns nur ein wenig aufgehalten.«

»Und deshalb hast du den Baum vergiftet, hast Thalia verraten, hast uns ausgenutzt – alles, um Kronos bei der Vernichtung der Götter zu helfen?«

Luke bleckte die Zähne. »Das weißt du doch. Warum fragst du mich also?«

»Weil ich will, dass das ganze Publikum dich hört.«

»Welches Publikum?«

Er kniff die Augen zusammen. Dann schaute er sich um und seine Schlägerbande folgte seinem Beispiel. Sie schnappten nach Luft und wichen zurück.

Über dem Pool flimmerte im Regenbogendunst ein Iris-Message-Bild von Dionysos, Tantalus und dem gesamten Camp im Speisepavillon. Alle schwiegen verblüfft und starrten uns an.

»Na«, sagte Dionysos trocken. »Ziemlich außerplanmäßige Unterhaltung zum Essen.«

»Mr D, Sie haben ihn gehört«, sagte ich. »Ihr alle habt Luke gehört. Nicht Chiron ist schuld daran, dass der Baum vergiftet worden ist.«

Mr D seufzte. »Nein, wohl nicht.«

»Diese Iris-Message könnte ein Trick sein«, meinte Tantalus, konzentrierte sich aber mehr auf einen Cheeseburger, den er mit beiden Händen in die Enge zu treiben versuchte.

»Ich fürchte, nicht«, sagte Mr D und schaute Tantalus angeekelt zu. »Sieht aus, als müsste ich Chiron wieder als Unterrichtskoordinator einsetzen. Na ja, irgendwie fehlen mir auch die Binokelpartien mit dem alten Klepper.«

Tantalus schnappte sich den Cheeseburger. Der blieb, wo er war. Er hob ihn vom Teller hoch und starrte ihn so verblüfft an, als hielte er den größten Diamanten der Welt in Händen. »Ich hab ihn«, schrie er mit schriller Stimme.

»Wir brauchen deine Dienste nicht mehr, Tantalus«, verkündete Mr D.

Tantalus machte ein verdutztes Gesicht. »Was? Aber …«

»Du kannst in die Unterwelt zurückkehren. Du bist entlassen.«

»Nein! Aber … neiiiiiin!«

Er löste sich in Nebel auf, seine Finger umklammerten den Cheeseburger und versuchten, ihn zum Mund zu heben. Aber es war zu spät. Er verschwand und der Cheeseburger fiel zurück auf den Teller. Die Campbewohner brachen in Jubel aus.

Luke brüllte vor Wut. Er schlug mit dem Schwert auf die Fontäne ein und die Iris-Message verschwand, aber es war zu spät.

Ich war ganz schön zufrieden mit mir, aber dann drehte Luke sich um und bedachte mich mit einem mörderischen Blick.

»Kronos hat Recht, Percy. Du bist eine unzuverlässige Waffe. Du musst ersetzt werden.«

Ich wusste nicht, wie er das meinte, aber mir blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Jemand blies in eine Trillerpfeife und die Türen ins Schiff wurden aufgerissen. Ein Dutzend Krieger quoll heraus, bildete einen Kreis um uns und ließ die Messingspitzen ihrer Speere funkeln.

Luke lächelte mich an. »Du wirst dieses Boot nicht mehr lebend verlassen.«

Invasion der Partyponys

»Dann kämpf du doch mit mir«, forderte ich Luke heraus. »Wovor hast du Angst?«

Luke verzog den Mund. Die Soldaten, die uns töten sollten, warteten auf seinen Befehl.

Aber ehe er etwas sagen konnte, erschien Agrios, der Bärenmann, mit einem fliegenden Pferd an Deck – dem ersten ganz schwarzen Pegasus, den ich je gesehen hatte. Er hatte Flügel wie ein riesiger Rabe. Es war eine Stute und sie bäumte sich auf und wieherte. Ich konnte ihre Gedanken verstehen: Sie belegte Agrios und Luke mit so üblen Schimpfwörtern, dass Chiron ihr dafür das Maul mit Sattelseife ausgewaschen hätte.

»Sir«, rief Agrios und wich einem Pegasushuf aus. »Euer Ross ist bereit!«

Luke ließ mich nicht aus den Augen.

»Das habe ich dir schon vorigen Sommer gesagt, Percy«, erklärte er. »Du kannst mich nicht in einen Kampf locken.«

»Und du weichst dem Kampf aus«, sagte ich. »Schiss, dass deine Krieger sehen könnten, wie du zusammengefaltet wirst?«

Luke schaute zu seinen Leuten hinüber und wusste, dass er mir in die Falle gegangen war. Wenn er jetzt einen Rückzieher machte, würde er wie ein Weichei dastehen. Und wenn er gegen mich antrat, würde er wertvolle Zeit verlieren, die er brauchte, um Clarisse zu verfolgen. Ich konnte nur hoffen, dass es mir gelingen würde, ihn abzulenken, damit die anderen eine Chance zur Flucht hätten. Wenn irgendjemand eine Idee haben könnte, wie wir hier wieder herauskommen sollten, dann war das Annabeth. Leider wusste ich aber, dass Luke ein hervorragender Schwertkämpfer war.

»Ich werde dich ganz schnell töten«, entschied er und hob seine Waffe.

Rückenbeißer war dreißig Zentimeter länger als mein eigenes Schwert. Seine Klinge funkelte an den Stellen, wo menschlicher Stahl mit himmlischer Bronze verschmolzen war, in einem boshaften grauen und goldenen Licht. Ich konnte geradezu spüren, wie die Klinge mit sich selbst kämpfte wie zwei aneinandergefesselte gegenpolige Magneten. Ich wusste nicht, wie sie entstanden war, aber ich ahnte eine Tragödie. Jemand war dabei ums Leben gekommen. Luke pfiff nach einem seiner Leute und der warf ihm einen runden Schild aus Leder und Bronze zu.

Er grinste mich böse an.

»Luke«, sagte Annabeth. »Gib ihm doch wenigstens einen Schild.«

»Tut mir leid, Annabeth«, sagte er. »Zu dieser Party müssen alle ihre eigenen Ausrüstungsgegenstände mitbringen.«

Der Schild war ein Problem. Mit beiden Händen mit dem Schwert zu kämpfen, gibt mehr Durchschlagskraft, aber mit einer Hand und mit einem Schild zu kämpfen, bietet bessere Verteidigungsmöglichkeiten und größere Beweglichkeit. Es gibt mehr mögliche Züge, mehr Varianten – mehr Gelegenheiten zu töten. Und Luke hatte Jahre länger trainiert als ich.

Ich dachte an Chiron, der mir gesagt hatte, ich sollte unter allen Umständen im Camp bleiben und kämpfen lernen. Jetzt würde ich dafür bezahlen, dass ich nicht auf ihn gehört hatte.

Luke holte aus und hätte mich mit dem ersten Schlag fast umgebracht. Sein Schwert fuhr unter meinem Arm durch, riss mein Hemd auf und streifte meine Rippen.

Ich sprang zurück und parierte mit Springflut, aber Luke stieß meine Klinge mit seinem Schild zur Seite.

»Eingerostet, Percy«, spottete er. »Du bist aus der Übung.«

Er griff mich wieder an und zielte auf meinen Kopf. Ich schlug wütend zurück. Er konnte meinem Schwert mit Leichtigkeit ausweichen.

Die Wunde über meinen Rippen brannte. Mein Herz hämmerte. Als Luke wieder zuschlug, sprang ich rückwärts in den Swimming-Pool und plötzlich stieg neue Kraft in mir auf. Ich wirbelte unter Wasser herum, ließ eine Blasenwolke aufsteigen und sprang aus der Tiefe heraus direkt auf Luke zu.

Die Kraft des Wassers warf ihn um, er spuckte und war wie geblendet, doch ehe ich zuschlagen konnte, rollte er zur Seite und stand schon wieder vor mir.

Ich griff an und säbelte den Rand von seinem Schild, aber das beeindruckte ihn nicht weiter. Er ging in die Hocke und schlug nach meinen Beinen. Plötzlich brannte mein Oberschenkel – es tat so weh, dass ich zusammenbrach. Meine Jeans waren über dem Knie zerfetzt. Ich war verletzt, ich wusste nicht, wie arg. Luke zielte weiter nach unten und ich rollte hinter einen Liegestuhl. Ich versuchte aufzustehen, aber meine Beine trugen mein Gewicht nicht.

»Perrrcy«, meckerte Grover.

Ich rollte wieder zur Seite, als Lukes Schwert den Liegestuhl zerteilte, samt Metallgestell und allem.

Ich kroch auf den Swimming-Pool zu und gab mir alle Mühe, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Ich wusste, dass ich es nicht schaffen würde. Luke wusste das auch. Langsam und lächelnd kam er näher.

»Eins sollst du noch miterleben, ehe du stirbst, Percy.« Er sah den Bärenmann Oreios an, der immer noch Annabeth und Grover am Schlafittchen gepackt hatte. »Du kannst jetzt dein Abendessen verzehren, Oreios. Bon appétit.«