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Chiron fuhr mit den Fingern über seine Bogensehne. »Er hatte goldene Augen, nehme ich mal an. Und in seiner Anwesenheit schien die Zeit sich zu verflüssigen.«

Ich nickte. »Wie konnte er einen sterblichen Körper übernehmen?«

»Das weiß ich nicht, Percy. Die Götter nehmen schon seit ewigen Zeiten Menschengestalt an, aber wirklich ein Mensch zu werden … die göttliche Gestalt mit der sterblichen zu verbinden … Ich weiß nicht, wie das möglich war, ohne Lukes Gestalt zu Asche werden zu lassen.«

»Kronos hat gesagt, sein Körper sei vorbereitet worden.«

»Schon beim Gedanken daran, was das bedeuten könnte, schaudert es mich. Aber vielleicht wird das Kronos’ Macht schmälern. Zumindest für eine gewisse Zeit ist er an einen menschlichen Körper gebunden. Das hält ihn zusammen. Ich hoffe, es schränkt ihn auch ein.«

»Chiron, wenn er diesen Angriff anführt …«

»Ich glaube das nicht, mein Junge. Ich würde es spüren, wenn er sich näherte. Er hatte das zweifellos vor, aber ich glaube, du hast ihm ein paar kleine Unannehmlichkeiten bereitet, als du ihm seinen Thronsaal über dem Kopf eingerissen hast.« Er sah mich vorwurfsvoll an. »Du und dein Freund Nico, Sohn des Hades.«

Ich verspürte einen Kloß im Hals. »Tut mir leid. Ich weiß, ich hätte es Ihnen sagen müssen. Es ist nur …«

Chiron hob die Hand. »Ich verstehe, warum du es nicht getan hast, Percy. Du hast dich verantwortlich gefühlt. Du wolltest ihn beschützen. Aber, mein Junge, wenn wir das hier überleben wollen, dann müssen wir einander vertrauen. Wir müssen …«

Seine Stimme zitterte. Der Boden unter uns bebte.

Alle auf der Lichtung unterbrachen ihre Aktivitäten. Clarisse blaffte einen kurzen Befehclass="underline" »Schildereihe schließen!«

Und dann brach die Armee des Titanenherrn aus dem Labyrinth hervor.

Ich hatte ja gedacht, schon an allerlei Kämpfen teilgenommen zu haben, aber das hier war eine ausgewachsene Schlacht. Als Erstes sah ich ein Dutzend laistrygonische Riesen, die aus dem Boden sprangen und so laut schrien, dass mein Trommelfell zu bersten drohte. Sie trugen Schilde, die aus platt gewalzten Autos hergestellt waren, und Keulen aus Baumstämmen, die am Ende mit rostigen Stacheln besetzt waren. Ein Riese brüllte die Ares-Phalanx an, wischte sie mit seiner Keule zur Seite und die gesamte Hütte wurde davongeschleudert, ein Dutzend Krieger wie Stoffpuppen in den Wind geworfen.

»Feuer!«, rief Beckendorf. Mit den Katapulten wurden zwei Quader auf die Riesen geschleudert. Einer wurde von einem danach kaum eingebeulten Autoschild abgewehrt, aber der andere traf einen Laistrygonen auf der Brust, und der Riese ging zu Boden. Apollos Schützen gaben eine Salve ab und Dutzende von Pfeilen ragten aus den dicken Rüstungen der Riesen heraus wie Igelstacheln. Etliche fanden Spalten darin, und einige Riesen lösten sich bei der Berührung mit der himmlischen Bronze in Dampf auf.

Aber als es schon aussah, als ob die Laistrygonen überwältigt werden könnten, quoll die nächste Welle aus dem Labyrinth: dreißig, vielleicht vierzig Dracaenae in voller Schlachtrüstung, die Speere und Netze schwenkten. Sie verteilten sich in alle Richtungen. Einige gingen in die Fallen, die die Hephaistos-Hütte aufgestellt hatte: Eine wurde von den Stacheln aufgespießt und war damit für die Bogenschützen eine leichte Beute, eine andere verfing sich in einem Stolperdraht und löste damit eine Explosion des griechischen Feuers aus, dessen Flammen mehrere Dracaenae verschlangen. Aber es kamen immer neue nach. Argus und Athenes Krieger stürmten ihnen entgegen. Ich sah, wie Annabeth das Schwert zog und eine Schlangenfrau angriff. In ihrer Nähe saß Tyson auf einem Riesen. Irgendwie war es ihm gelungen, auf seinen Rücken zu klettern, und er hämmerte ihm mit einem Bronzeschild auf den Kopf – BONG! BONG! BONG!

Chiron gab gelassen einen Pfeil nach dem anderen ab, und mit jedem Schuss streckte er ein Monster nieder. Aber immer neue Feinde stiegen aus dem Labyrinth. Am Ende sprang ein Höllenhund – und zwar nicht Mrs O’Leary – aus dem Tunnel und hielt geradewegs auf die Satyrn zu.

»LOS!«, schrie Chiron mich an.

Ich zog Springflut und stürzte hinterher.

Während ich über das Schlachtfeld rannte, sah ich entsetzliche Dinge. Ein feindliches Halbblut kämpfte mit einem Sohn des Dionysos, aber der war kein echter Gegner. Der Feind stach ihm in den Arm und schlug ihm dann mit dem Schwertgriff auf den Kopf, worauf der Sohn des Dionysos zu Boden ging. Ein anderer feindlicher Krieger schoss brennende Pfeile in die Bäume und versetzte unsere Bogenschützen und Dryaden in Panik.

Plötzlich löste sich ein Dutzend Dracaenae aus dem Getümmel und glitt über den Pfad, der zum Lager führte, als wüssten sie genau, wohin sie wollten. Wenn sie ins Lager gelangten, würden sie ohne irgendwelche Gegenwehr alles abfackeln können.

Der Einzige, den ich irgendwo in der Nähe sah, war Nico di Angelo. Er erstach einen Telchinen, und seine schwarze stygische Klinge absorbierte die Essenz des Monsters und trank dessen Energie, bis nur noch Staub übrig war.

»Nico!«, schrie ich.

Er schaute in die Richtung, in die ich zeigte, sah die Schlangenfrauen und begriff sofort. Er holte tief Atem und streckte sein schwarzes Schwert aus. »Gib mir Deckung«, rief er.

Die Erde bebte. Vor den Dracaenae öffnete sich ein Spalt, und ein Dutzend untote Krieger krochen aus der Erde – entsetzliche Leichname in Uniformen aus allen möglichen Zeitaltern, Soldaten aus dem amerikanischen Bürgerkrieg, römische Zenturionen, napoleonische Kavallerie auf Pferdeskeletten. Wie ein Mann zogen sie ihre Schwerter und griffen die Dracaenae an. Nico fiel auf die Knie, aber ich hatte keine Zeit, mich davon zu überzeugen, dass ihm nichts passiert war.

Ich rannte auf den Höllenhund zu, der jetzt die Satyrn zurück in den Wald drängte. Das Biest schnappte nach einem Satyr, der sofort zur Seite sprang, dann setzte es einem anderen nach, und der war nicht schnell genug. Sein Baumrindenschild zerbrach, als der Satyr stürzte.

»He!«, schrie ich.

Der Höllenhund fuhr herum, fletschte die Zähne und sprang los. Er hätte mich in Fetzen gerissen, aber als ich rückwärts zu Boden ging, schlossen meine Finger sich um einen Tontopf – der von Beckendorf mit griechischem Feuer gefüllt worden war. Ich warf ihn in den Schlund des Höllenhundes, und das Untier ging in Flammen auf. Keuchend stolperte ich davon.

Der Satyr, der zu Boden getrampelt worden war, bewegte sich nicht. Ich rannte hin, um nach ihm zu sehen, aber da hörte ich Grovers Stimme: »Percy!«

Ein Waldbrand war ausgebrochen. Flammen brüllten keine vier Meter von Wacholders Baum entfernt, und Wacholder und Grover versuchten verzweifelt, sie zu löschen. Grover spielte auf seiner Flöte ein Regenlied und Wacholder versuchte mit aller Kraft, die Flammen mit ihrem grünen Umhängetuch zu ersticken, aber das machte alles nur noch schlimmer.

Ich lief auf sie zu, raste an Zweikämpfen vorbei, schlängelte mich zwischen Riesenbeinen hindurch. Das nächstgelegene Wasser war der Bach, eine halbe Meile entfernt … aber ich musste etwas unternehmen. Ich konzentrierte mich. Meine Innereien krampften sich zusammen, meine Ohren dröhnten. Dann brach eine Wand aus Wasser durch die Bäume. Sie ergoss sich über das Feuer, Wacholder, Grover und so ziemlich alles andere auch.

Grover prustete. »Danke, Percy!«

»Keine Ursache!« Ich rannte zurück ins Kampfgetümmel und Grover und Wacholder folgten mir. Grover hielt einen Knüppel in der Hand und Wacholder einen altmodischen Rohrstock. Sie sah richtig wütend aus, so, als wollte sie jemandem den Hintern versohlen.

Und als es gerade so aussah, als sei wieder Gleichgewicht in die Schlacht gekommen – und als hätten wir vielleicht doch eine Chance –, hallte aus dem Labyrinth ein gespenstischer Schrei, ein Geräusch, das ich noch nie gehört hatte.

Kampe schoss gen Himmel, ihre Fledermausflügel weit geöffnet. Sie landete oben auf Zeus’ Faust und verschaffte sich einen Überblick über das Gemetzel. Ihr Gesicht war erfüllt von boshafter Schadenfreude und die Tierköpfe an ihrer Hüfte knurrten. Schlangen zischten und wirbelten um ihre Beine. In der rechten Hand hielt sie ein glitzerndes Garnknäuel – den Faden der Ariadne –, aber sie warf es in ein Löwenmaul an ihrer Hüfte und zog ihre geschwungenen Schwerter. Die Klingen funkelten grün vor Gift. Kampe kreischte triumphierend, und einige Campbewohner schrien auf. Andere versuchten zu fliehen und wurden von Höllenhunden oder Riesen zertrampelt.