Выбрать главу

Ich bin nicht sicher, was ich als Nächstes getan hätte. Ich war so abgelenkt, dass ich die riesige schwarze Gestalt, die vom Himmel herabschoss, erst bemerkte, als vier Hufe mit einem WUMP-WUMP-KRACH auf der Motorhaube des Prius landeten.

He, Boss, sagte eine Stimme in meinem Kopf. Nette Karre!

Blackjack der Pegasus war ein alter Freund, deshalb versuchte ich, mich über die Krater, die er soeben in die Motorhaube getreten hatte, nicht zu sehr zu ärgern. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, dass mein Stiefdad entzückt davon sein würde.

»Blackjack«, seufzte ich. »Was willst du …?«

Dann sah ich, wer auf seinem Rücken saß, und ich wusste, dass dieser Tag noch viel komplizierter werden würde.

»Hi, Percy.«

Charles Beckendorf, Hüttenältester in der Hephaistos-Hütte, hätte die meisten Monster nach ihrer Mama schreien lassen. Er war riesig, hatte gewaltige Muskeln, weil er jeden Sommer in der Schmiede arbeitete, war zwei Jahre älter als ich und einer der besten Waffenschmiede im Camp. Er stellte wirklich geniale Apparate her. Einen Monat zuvor hatte er auf dem Klo eines Ausflugsbusses, der eine Bande von Monstern durch das Land kutschierte, eine griechische Feuerbombe hergestellt. Die Explosion riss eine ganze Legion von Kronos’ fiesen Kumpels mit sich, sowie die erste Harpyie die Spülung betätigte.

Beckendorf trug seine Kampfausrüstung: eine bronzene Brustplatte und einen Kriegshelm, dazu eine schwarze Tarnhose und ein umgeschnalltes Schwert. Seine Sprengstofftasche hatte er sich über die Schulter geworfen.

»Zeit?«, fragte ich.

Er nickte düster.

Ich spürte einen Kloß im Hals. Ich hatte gewusst, dass der Tag kommen würde. Wir bereiteten uns schon seit Wochen darauf vor, aber irgendwie hatte ich doch gehofft, dass es niemals passieren würde.

Rachel schaute zu Beckendorf hoch. »Hallo.«

»Ach, hi. Ich bin Beckendorf. Und du musst Rachel sein. Percy hat mir erzählt … äh, ich meine, er hat dich mal erwähnt.«

Rachel hob eine Augenbraue. »Echt? Gut.« Sie schaute zu Blackjack hinüber, der mit seinen Hufen auf die Motorhaube des Prius trommelte. »Ich vermute mal, ihr Jungs müsst jetzt die Welt retten.«

»So ungefähr«, sagte Beckendorf zustimmend.

Ich sah Rachel hilflos an. »Würdest du meiner Mom sagen …?«

»Mach ich. Sie ist sicher schon daran gewöhnt. Und das mit der Motorhaube erkläre ich Paul.«

Ich nickte zum Dank. Ich befürchtete, dass Paul mir wohl zum letzten Mal sein Auto geliehen hatte.

»Viel Glück.« Rachel küsste mich, ehe ich überhaupt reagieren konnte. »Und jetzt los mit dir, Halbblut. Bring ein paar Monster für mich um.«

Als ich ein letztes Mal zurückblickte, saß sie mit verschränkten Armen auf dem Beifahrersitz des Prius und sah zu, wie Blackjack immer höher kreiste und Beckendorf und mich in den Himmel trug. Ich hätte gern gewusst, worüber Rachel mit mir sprechen wollte, und ich fragte mich, ob ich wohl lange genug leben würde, um es in Erfahrung zu bringen.

»Also«, sagte Beckendorf. »Ich gehe mal davon aus, dass ich gegenüber Annabeth diese kleine Szene nicht erwähnen soll.«

»Bei allen Göttern«, knurrte ich. »Denk da nicht mal dran.«

Beckendorf kicherte, und zusammen schossen wir über den Atlantik davon.

Es war fast dunkel, als wir unser Ziel erreichten. Die Prinzessin Andromeda leuchtete am Horizont – ein riesiges gelb und weiß beleuchtetes Kreuzfahrtschiff. Aus der Ferne konnte man es einfach für ein Partyschiff halten anstatt für das Hauptquartier des Titanenherrschers. Im Näherkommen bemerkte man dann die überdimensionale Galionsfigur – ein dunkelhaariges Mädchen in einem griechischen Chiton, mit Ketten umwickelt und mit total verängstigtem Gesicht, als ob sie den Gestank der vielen Monster riechen könnte, die sie transportieren musste.

Beim Anblick des Schiffes verkrampfte sich alles in mir. Ich wäre auf der Prinzessin Andromeda zweimal fast ums Leben gekommen. Jetzt steuerte sie geradewegs New York an.

»Du weißt, was wir zu tun haben?«, schrie Beckendorf durch den lauten Wind.

Ich nickte. Wir hatten in den Docks von New Jersey geübt, mit verlassenen Schiffen als Zielscheiben. Ich wusste, wie wenig Zeit wir haben würden. Aber ich wusste auch, dass dies unsere größte Chance war, Kronos’ Invasion zu beenden, ehe sie wirklich angefangen hatte.

»Blackjack«, sagte ich. »Setz uns auf dem untersten Deck achtern ab.«

Alles klar, Boss, sagte er. Mann, ich hasse den Anblick dieses Kahns.

Drei Jahre zuvor war Blackjack auf der Prinzessin Andromeda gefangen gehalten worden, hatte dann aber mit Hilfe von meinen Freunden und mir entkommen können. Ich glaube, er würde sich lieber wie My Little Pony die Mähne zu Zöpfchen flechten lassen, als dieses Schiff noch einmal zu betreten.

»Du brauchst nicht auf mich zu warten«, sagte ich zu ihm.

Aber Boss …

»Glaub mir«, sagte ich. »Wir kommen schon allein da raus.«

Blackjack faltete seine Flügel zusammen und ließ sich wie ein schwarzer Komet auf das Schiff hinabfallen. Der Wind pfiff in meinen Ohren. Ich sah Monster, die über die oberen Decks patrouillierten – Dracaenae, Höllenhunde, Riesen und diese menschenähnlichen Seehundsdämonen, die Telchinen genannt werden –, aber wir jagten so schnell vorüber, dass niemand Alarm schlug. Wir schossen auf das Heck des Schiffs zu, Blackjack breitete seine Flügel aus und setzte dann geschmeidig auf dem untersten Deck auf. Ich stieg von seinem Rücken, und mir war jetzt schon schlecht.

Viel Glück, Boss, sagte Blackjack. Lass dich von denen ja nicht zu Pferdewurst machen.

Mit diesen Worten flog mein alter Freund in die Nacht davon. Ich zog meinen Kugelschreiber aus der Tasche und drehte die Kappe herunter, und Springflut öffnete sich zu seiner vollen Größe – neunzig Zentimeter tödliche himmlische Bronze glühten in der Abenddämmerung.

Beckendorf zog ein Stück Papier aus der Tasche. Ich hielt es für eine Landkarte oder so, aber dann ging mir auf, dass es ein Foto war. Er starrte es im trüben Licht an – das lächelnde Gesicht von Silena Beauregard, Tochter der Aphrodite. Sie waren seit dem vergangenen Sommer zusammen, nachdem wir anderen jahrelang gesagt hatten: »Hört mal, ihr mögt euch doch offenbar!« Trotz der vielen gefährlichen Einsätze war Beckendorf in diesem Sommer glücklicher gewesen, als ich es je erlebt hatte.

»Wir schaffen es zurück ins Camp«, versprach ich.

Für einen Moment sah ich Sorge in seinen Augen. Dann setzte er sein altes zuversichtliches Lächeln auf.

»Davon kannst du ausgehen«, sagte er. »Komm, jetzt sprengen wir Kronos wieder in eine Million Fetzen.«

Beckendorf ging voraus. Wir folgten einem engen Gang zum Treppenaufgang fürs Bootspersonal, wie wir es geübt hatten, erstarrten aber, als wir über uns Geräusche hörten.

»Mir doch egal, was deine Nase sagt«, fauchte eine halb menschliche, halb hündische Stimme – ein Telchine. »Als du das letzte Mal Halbblut gerochen hast, hat es sich als Hamburger entpuppt.«

»Hamburger schmecken gut«, fauchte eine andere Stimme zurück. »Aber ich schwöre, das hier ist Halbblut-Geruch. Sie sind an Bord.«

»Ja, aber dein Gehirn ist nicht an Bord!«

Sie stritten sich weiter, und Beckendorf zeigte nach unten. Wir stiegen, so leise wir konnten, die Treppe hinunter. Zwei Stock tiefer verklangen die Stimmen der Telchinen.

Endlich erreichten wir eine Metallluke. Beckendorf formte mit den Lippen das Wort »Maschinenraum«.

Drinnen dröhnten und brummten gelbe Turbinen in der Größe von Getreidesilos. Druckmessgeräte und Computerterminals waren an der Wand gegenüber aufgereiht. Ein Telchine beugte sich über eine Konsole, aber er war dermaßen in seine Arbeit vertieft, dass er uns nicht bemerkte. Er war an die eins fünfzig und hatte glattes schwarzes Seehundsfell und klumpige kleine Füße. Sein Kopf sah aus wie der eines Dobermanns, aber seine Krallenhände waren fast menschlich. Er knurrte und murmelte vor sich hin, während er auf seiner Tastatur herumklimperte. Vielleicht hatte er seinen Freunden auf uglyface.com etwas mitzuteilen.