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Dann tauchte ein verschwommenes Durcheinander von grotesken Gesichtern auf. Der Traum verzerrte sich. Als er wieder klarer sehen konnte, sah sich Barrent einem dünnen, schielenden Burschen gegenüber, auf den er mit der Waffe zielte und dessen entsetzter Schrei nach Erbarmen plötzlich abbrach.

Ein Spitzel beobachtete das Verbrechen mit ausdrucksloser und teilnahmsloser Miene und informierte die Polizei.

Die Polizei, in grauen Uniformen, nahm ihn fest und brachte ihn vor den Richter.

Der Richter hatte ein zerknittertes Pergamentgesicht. Er verurteilte ihn zu lebenslänglicher Verbannung auf dem Planeten Omega und erließ das obligatorische Dekret, daß Barrent seiner Erinnerung beraubt würde. Dann verwandelte sich der Traum in ein Kaleidoskop des Schreckens. Barrent kletterte an einer glitschigen Stange empor, über eine glatte Bergwand, entlang einer ebenen Fläche. Hinter ihm folgte Therkalers Leiche mit aufgerissener Brust, zu beiden Seiten von dem ausdruckslos blickenden Spitzel und dem pergamentgesichtigen Richter gestützt.

Barrent rannte einen Hügel hinunter, eine Straße entlang, auf ein Dach. Seine Verfolger waren dicht hinter ihm. Er betrat einen schwach erleuchteten gelben Raum, verriegelte die Tür hinter sich. Als er sich umdrehte, stellte er fest, daß er sich zusammen mit Therkalers Leiche eingeschlossen hatte. In der offenen Brustwunde wucherten Schwämme; an dem narbigen Kopf glänzte roter und purpurner Schimmel. Die Leiche näherte sich ihm, griff nach ihm, und Barrent stürzte mit einem Kopfsprung durchs Fenster.

»Machen Sie Schluß, Barrent. Sie übertreiben es. Wachen Sie auf!«

Barrent hatte keine Zeit, um zuzuhören. Das Fenster verwandelte sich in eine Gleitbahn, und er rutschte an ihren glatten Wänden entlang in ein Amphitheater. Dort kroch die Leiche auf Stümpfen, die von Armen und Beinen gehalten waren, über grauen Sand auf ihn zu. Der gewaltige Rundbau war leer, bis auf den Richter und den Spitzel, die an einer Seite saßen und ihn beobachteten

»Er steckt fest!«

»Ich habe ihn ja gewarnt...«

»Reißen Sie sich von dem Traum los, Barrent. Ich bin Doktor Wayn. Sie befinden sich auf Omega, im Traumladen. Wachen Sie auf! Noch ist es Zeit! Aber reißen Sie sich sofort los!«

Omega? Traum? Er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken.

Barrent schwamm in einem dunklen, übelriechenden See. Der Richter und der Spitzel schwammen dicht hinter ihm, in ihrer Mitte die Leiche, deren Haut sich allmählich auflöste.

»Barrent!«

Und jetzt verwandelte sich der See in ein dickflüssiges Gelee, das an seinen Armen hängenblieb und sich in seinem Mund ausbreitete, während der Richter und der Spitzel »Barren!!«

Barrent öffnete die Augen und merkte, daß er auf dem verstellbaren Bett in dem Traumladen lag. Doktor Wayn beugte sich über ihn; er sah etwas mitgenommen aus. Dicht neben ihm stand eine Krankenschwester mit einem Tablett Spritzen und einer Sauerstoffmaske. Hinter ihr war Arkdragen, der sich gerade den Schweiß von der Stirn wischte.

»Ich hätte nicht geglaubt, daß Sie es schaffen würden«, sagte der Doktor. »Ganz bestimmt nicht.«

»Er hat sich gerade noch im letzten Moment losgerissen«, sagte die Schwester.

»Ich habe ihn gewarnt«, bemerkte Arkdragen und verließ den Raum.

Barrent setzte sich auf. »Was ist passiert?« fragte er.

Doktor Wayn zuckte die Achseln. »Schwer zu sagen. Vielleicht neigen Sie zu Kurzschlußreaktionen; und manchmal sind die Drogen auch nicht ganz rein. Aber diese Dinge passieren meistens nur einmal. Glauben Sie mir, Bürger Barrent, die Wirkung unserer Drogen ist sonst immer sehr, sehr angenehm. Ich bin sicher, daß Sie es das nächstemal genießen werden.«

Noch unter dem Einfluß des soeben Erlebten war Barrent fest

davon überzeugt, daß es für ihn kein zweitesmal geben würde.

Was immer es ihn auch kosten mochte, er würde es nicht wagen, diesen Alptraum noch einmal heraufzubeschwören.

»Bin ich jetzt süchtig?« fragte er.

»O nein«, antwortete der Doktor. »Die Sucht tritt erst nach dem dritten- oder viertenmal ein.«

Barrent dankte ihm und ging. Er kam an Arkdragens Tisch vorbei und fragte ihn, wieviel er schuldig wäre.

»Nichts«, antwortete Arkdragen. »Der erste Besuch geht immer auf Kosten des Hauses.« Er zeigte Barrent ein wissendes Lächeln.

Barrent verließ den Traumladen und eilte nach Haus. Er hatte eine Menge nachzudenken. Jetzt hatte er zum erstenmal den Beweis dafür, daß er einen vorsätzlichen und wohlüberlegten Mord begangen hatte.

Eines Mordes beschuldigt zu sein, an den man sich nicht erinnern kann, ist eine Sache für sich; sich eines Mordes zu erinnern, wegen dem man verurteilt worden ist, ist etwas völlig anderes. Einen solchen Beweis kann man schwer widerlegen

Barrent bemühte sich, sich über seine Gefühle in dieser Angelegenheit klarzuwerden. Vor seinem Besuch des Traumladens hatte er sich nie als Mörder gefühlt, ganz gleich, welcher Tat ihn auch die Behörden der Erde beschuldigt hatten. Schlimmstenfalls hatte er sich noch eingestanden, daß er vielleicht jemanden in einem Anfall unkontrollierbarer Wut getötet hatte. Aber einen Mord zu planen und ihn kaltblütig zu begehen...

Warum hatte er das getan? War sein Drang nach Rache so stark gewesen, daß er alle Bande, die die Zivilisation ihm auferlegte, abgeworfen hatte! Anscheinend war es so gewesen. Er hatte gemordet, und jemand hatte ihn angezeigt, und dann war er von einem Richter zur Deportation nach Omega verurteilt worden. Er war ein Mörder auf einem Verbrecherplaneten. Um hier erfolgreich zu leben, brauchte er nur seiner natürlichen Neigung zum Mord zu folgen.

Trotzdem fand Barrent dies äußerst schwierig. Er hatte erstaunlich geringen Geschmack am Blutvergießen. Am Tag der freien Bürger ging er zwar mit seiner Nadelstrahlwaffe hinaus auf die Straße, konnte sich aber nicht überwinden, einen Angehörigen der niedrigeren Klassen zu erledigen. Er wollte nicht töten, was ein geradezu lächerliches Vorurteil war, wenn man bedachte, wo und wer er war. Aber so lagen die Dinge nun einmal. Ganz gleich, wie oft Tem Rend oder Joe ihn auch über die Pflichten eines Bürgers aufklärten, Barrent betrachtete Mord doch als eine recht verabscheuungswürdige Tat.

Er suchte einen Psychiater auf, der ihm sagte, daß seine Abneigung gegen Mord in einer unglücklichen Kindheit wurzelte.

Diese krankhafte Angst war noch durch seine Erfahrung in dem Traumladen kompliziert worden. Aus diesem Grund hatte er gegen Mord, das höchste soziale Gut, eine innere Abneigung entwickelt.

Diese Neurose des Antimordens in einem Mann, der außerordentlich gut zum Töten geschaffen war, sagte der Psychiater, würde unvermeidlich zu Barrents Zerstörung führen. Die einzige Lösung wäre, diese Neurose zu beseitigen. Der Psychiater empfahl sofortige Behandlung in einem Sanatorium für verbrecherische Nichtmörder.

Barrent besuchte ein Sanatorium und hörte die wahnsinnigen Insassen über das Gute, über faires Verhalten, über die Heiligkeit des Lebens und über andere Obszönitäten plärren. Er hatte nicht die Absicht, sich ihnen anzuschließen. Vielleicht war er wirklich krank, aber so krank war er noch nicht!

Seine Freunde warnten ihn, daß seine wenig kooperative Einstellung ihn noch in ernstliche Schwierigkeiten bringen

würde.

Barrent mußte ihnen zustimmen; aber er hoffte, daß er auch der Aufmerksamkeit der höchsten Stellen, die die Gesetze schufen, entgehen würde, wenn er nur tötete, wenn es unbedingt erforderlich war.

Einige Wochen lang schien alles gut zu verlaufen. Er ignorierte die in ständig schärferem Ton gehaltenen Mitteilungen des Traumladens und besuchte auch die Messen im Wee Coven nicht mehr. Das Geschäft blühte, und Barrent verbrachte seine Freizeit mit dem Studium der selteneren Gifte und übte fleißig den Gebrauch seiner Nadelstrahlwaffe. Oft mußte er an das Mädchen denken. Er besaß noch immer die Pistole, die sie ihm geliehen hatte. Er fragte sich allmählich, ob er sie je wiedersehen würde.