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Irgendwann hörte das Heulen auf, und Lansing legte sich wieder hin. Er verkroch sich rief in seinen Schlafsack. Bevor er einschlief, kam der Schnüffler und suchte das Lager ab. Lansing sprach leise mit ihm, aber der Schnüffler gab keine Antwort.

Darüber schlief Lansing ein.

27

Am Morgen des zweiten Tages, nachdem Lansing zum Gasthaus aufgebrochen war, erschien der Heuler. Er tauchte auf einer Hügelkette auf, die parallel zu dem Pfad verlief, dem Lansing folgte. Er hielt sich auf gleicher Höhe wie der Mensch. Manchmal, wenn Lansing zurückfiel, ließ sich der Heuler schwerfällig nieder und wartete auf ihn. Und wenn Lansing einen Vorsprung gewann, verfiel der Heuler in einen leichten Trab, um aufzuholen.

Das Verhalten des Tieres verwirrte Lansing, aber er tat sein möglichstes, es sich nicht anmerken zu lassen. Hin und wieder warf er einen kurzen Seitenblick auf den Heuler, ansonsten gab er vor, ihn zu ignorieren. Nach einer Weile wird er das Spielchen schon drangeben, dachte er. Aber der Heuler schien diese Ansicht nicht zu teilen.

Das massige Tier kam Lansing jetzt noch wolfsartiger vor als in der Nacht in den Badlands. Es war in einem bejammernswerten Zustand. Ein streunender Vagabund, dachte Lansing. Bisher hatte es keine feindselige Haltung gezeigt, aber das konnte sich jederzeit ändern. Es konnte sich in jedem Augenblick in eine reißende Bestie verwandeln. Wenn das geschehen sollte, gab es wenig Hoffnung, mit heiler Haut davonzukommen. Lansing löste die Schlaufe seines Campingmessers, um es im Notfall schnell zur Hand zu haben, aber ihm war klar, daß er bei einem Angriff des Tieres mit dem Messer nicht viel ausrichten würde. Mary, dachte er. Hatte sie wegen des Heulers das Lager verlassen? Hatte er sie davongejagt? Wohin war sie geflohen? Oder war sie nirgendwohin geflohen, hatte das Tier, nachdem es sein dummes Spielchen mit ihr getrieben hatte, sie schließlich angegriffen? Bei dieser Vorstellung schnürte sich ihm die Kehle zu. Wenn Mary vor dem Tier fliehen mußte, war sie zweifellos zum Gasthaus geeilt, denn das war der einzige Ort, der ihr Schutz bieten würde. O Gott, dachte Lansing, hoffentlich hat sie es erreicht.

Auf dem Landstreifen zwischen den beiden Flußläufen stand das Gasthaus. Er durfte nicht zulassen, daß das Tier ihn am Fluß entlangtrieb, dann würde er das Gasthaus niemals erreichen, und der Heuler konnte ihn so lange jagen, bis er vor Erschöpfung zusammenbrach.

Der Heuler kam nun näher. Er trottete den Hügel hinab auf Lansing zu und wedelte mit dem Schwanz (Wölfe wedeln nicht mit dem Schwanz, fiel ihm ein). Er lachte Lansing an und entblößte dabei zwei Reihen scharfer Zähne. Lansing wollte ihn nicht zu nahe kommen lassen, deshalb verließ er den Pfad und wandte sich nach Südwesten. Der Heuler überquerte den Pfad und folgte ihm, er blieb auch weiterhin parallel zu der Spur des Menschen, kam nicht direkt auf diesen zu, verringerte aber ständig die Distanz. Er trieb Lansing nach Südwesten. Das Spiel zog sich über Stunden hin. Es wurde Mittag, und die Sonne begann sich dem westlichen Horizont entgegenzuneigen. Lansing wußte, irgendwo vor ihm mußte der Fluß sein, der sich, von Westen kommend, mit dem Badlands-Fluß vereinigte. Und Am Nachmittag erreichte Lansing einen niedrigen Hügelkamm, und von dort sah er den Fluß. Langsam stieg er den Hang hinab, der Heuler folgte ihm. Als der Mann den Fluß erreicht hatte, hielt er an und sah sich um. Der Heuler war bis auf zwanzig Meter herangekommen. Lansing löste das Messer aus dem Gürtel und wartete ab.

»Also gut«, wandte er sich an den Heuler, »worauf willst du eigentlich hinaus?«

Der Heuler war ein riesiges Tier. Er hatte eine Schulterhöhe von drei Metern. Jetzt senkte er den Kopf, streckte die Schnauze vor und kam mit zögernden Schritten auf Lansing zu, erst die eine Pfote und dann, langsam, die zweite. Er war räudig, völlig heruntergekommen. Er sah aus wie ein ungemachtes Bett. Und er war groß - o Gott, war er groß! Ein Zuschnappen, und es wäre um Lansing geschehen gewesen.

Lansing hielt das Messer fest umklammert, aber er hob es nicht. Er bewegte keinen Muskel. Starr, wie festgewachsen, beobachtete er, wie das Tier langsam näher kam. Schritt für Schritt schob es sich dichter an Lansing heran. Es streckte die Schnauze vor, so daß es ihn fast berührte, dann knurrte es leise. Mit einiger Anstrengung gelang es Lansing, sich nicht zu rühren. Ganz vage und beiläufig tauchte in seinem Gehirn die Frage auf, was wohl geschehen wäre, wenn er sich bewegt hätte, und er war erstaunt, daß er es nicht getan hatte. Das Tier machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, jetzt war seine Schnauze nur noch ein paar Zentimeter von Lansings Brust entfernt. Aber diesmal knurrte es nicht. Das Messer fest umklammernd, hob Lansing die freie Hand und legte sie dem Tier auf die Schnauze. Das räudige Untier grunzte vor Vergnügen. Es drängte sich noch dichter an Lansing heran, so daß es seine Schnauze an Lansings Bauch reiben konnte, und zwang ihn dadurch, einen Schritt zurückzutreten. Er streichelte die Schnauze, dann streckte er den Arm aus und kratzte das Tier am Ohr. Da legte es den Kopf zur Seite, damit Lansing das Ohr besser erreichen konnte.

Lansing kratzte das Ohr, und der Heuler drehte den Kopf vor Wohlbehagen hin und her. Das Tier gab leise Laute von sich. Es stieß den Mann liebevoll an, und dieser stolperte noch einen Schritt zurück.

»So, jetzt ist es genug«, sagte Lansing. »Ich kann dich nicht den ganzen Tag kraulen. Ich muß weiter.«

Als hätte es ihn verstanden, grummelte das riesige Tier unwillig. Lansing ging einen weiteren Schritt rückwärts und erreichte den Fluß. Vorsichtig nahm er die Hand von dem mächtigen Kopf des Heulers, wandte sich um und begann den Fluß zu durchwaten.

Er watete durch das eiskalte Wasser und sah sich nicht um, ehe er die Mitte des Flusses erreicht hatte. Das Wasser reichte ihm hier bis zu den Knien. Als er sich umblickte, sah er den Heuler verloren am Ufer stehen und ihm nachschauen. Das Tier setzte behutsam eine Pfote ins Wasser, zog sie dann aber rasch zurück und schüttelte sie.

Lansing lachte und watete weiter. Als er das andere Ufer erreicht hatte, blickte er sich noch einmal um. Das Tier war immer noch auf der anderen Seite. Als es bemerkte, daß Lansing anhielt und sich nach ihm umsah, machte es zwei Schritte ins Wasser hinein, sprang aber gleich wieder ans Ufer zurück und schüttelte sich.

»Bis dann, Freund«, sagte Lansing. Munter machte er sich auf den Weg. Nach ein paar hundert Metern sah er sich noch einmal um. Der Heuler hatte den Fluß immer noch nicht überquert. Offensichtlich mochte er kein kaltes Wasser. Lansing beeilte sich. Er hielt es für das beste, eine möglichst große Distanz zwischen sich und den Heuler zu legen, auch wenn dieser sich ihm gegenüber freundschaftlich verhalten hatte. Er gehörte zu einer Art von Tieren, in die man kein allzu großes Vertrauen setzen sollte.

Die Sonne ging unter, aber Lansing legte keine Rast ein. Er marschierte weiter, manchmal verfiel er in einen leichten Trab, von Zeit zu Zeit rannte er sogar ein Stück, denn er wollte eine so große Strecke zurücklegen, wie seine Kräfte ihm erlaubten. Der Mond, inzwischen leicht abnehmend, übergoß die Wildnis mit einem kalten, weißen Licht. Im Osten plätscherte der Fluß. Bei Tagesanbruch hielt Lansing an und machte Feuer. Er kochte Kaffee und bereitete sich etwas zu essen. Es gab kein Anzeichen dafür, daß der Heuler sich irgendwo in der Nähe aufhielt. Lansing war erschöpft und hatte ein dringendes Bedürfnis nach Schlaf. Aber nach einer kurzen Pause machte er sich wieder auf den Weg. Die Sonne neigte sich nach Westen, als er das Gasthaus erreichte.

Der Schankraum war leer, dunkel und kalt. Im Kamin brannte kein Feuer. Die Kartenspieler saßen nicht an ihrem Tisch. Lansing rief, aber niemand antwortete ihm. Da durchquerte er den Raum und ließ sich in einen Sessel vor dem erloschenen Kaminfeuer fallen. Von Erschöpfung übermannt kuschelte er sich tief in den Sessel hinein.