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Er stellte genau das dar, was der Herzog angekündigt hatte: einen Mann von sicherem Auftreten mit wohlklingender Stimme, jeder Zoll ein Gentleman mit guter Erziehung. Und all das mußte er auch darstellen, um den Herzog einzufangen. Die silbergerahmten Fotografien, die der Herzog erwähnt hatte, dienten dem gleichen Zweck.

Er hatte dunkles Haar mit ersten Spuren von Grau, einen dichten, kleinen Schnurrbart, rötlichbraune, leicht glänzende Haut und eine schwere schwarze Hornbrille als Sehhilfe für seine graublauen Augen.

Der Herzog saß behaglich in einem Sessel am Erkerfenster, sein majestätisches Haupt war vom Tageslicht dahinter mit einem Lichtkranz umgeben. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen, die Haltung der Hände war entspannt, er rauchte eine Zigarre. Aus seiner ganzen Stimmung, die angenehmes Wohlgefühl vermittelte, war leicht der Stolz zu erkennen, mit dem ihn dieser schöne Wohltätigkeitsfonds erfüllte. Ich wünschte ihm von Herzen, daß ihm kein böses Erwachen bevorstand.

Charles Carthy-Todd setzte sich wieder und bot dem kleinen Matthew aus einer halbleeren, runden, rotgoldenen Dose ein Stück schokoladenüberzogene Orangenschale an

— dabei war er durch meine Ankunft unterbrochen worden. Matthew nahm eins, bedankte sich, aß es und beobachtete Carthy-Todd mit besorgter Zurückhaltung. Genau wie der Herzog vertraute ich dem Instinkt des kleinen Matthew. Und allzu offensichtlich war dessen Signal inzwischen auf Gelb, wenn nicht auf Rot umgesprungen. Ich hoffte um unser aller willen, daß ihm seine gute Erziehung half, nichts davon verlauten zu lassen.

«Geben Sie Matthew ein Antragsformular, Charles«, sagte der Herzog zufrieden.»Deswegen ist er gekommen, wissen Sie, um der Versicherung beizutreten.«

Carthy-Todd erhob sich gehorsam, ging hinüber zu den Aktenschränken, öffnete eine der oberen Schubladen und entnahm ihr zwei verschiedene Blätter Papier. Das eine war, wie sich herausstellte, das Antragsformular und das andere eine reich verzierte Versicherungsurkunde. Ich füllte den höchst einfach gehaltenen Antrag aus, während Carthy-Todd meinen Namen und eine Versicherungsnummer auf die Urkunde schrieb; dann gab ich ihm einen Fünfer — das bedeutete: nur noch Cornflakes bis zum nächsten Zahltag —, und das Geschäft war abgeschlossen.

«Sie müssen jetzt gut auf sich achtgeben, Matt«, scherzte der Herzog, und ich lächelte und sagte, ja, das wolle ich.

Der Herzog sah auf seine Uhr.»Gütiger Gott!«Er erhob sich.»Also los jetzt, alle miteinander. Zeit, daß wir zur Rennbahn gehen. Und keine Ausreden mehr, Charles, ich bestehe darauf, daß Sie mit mir essen. «An mich gewandt erklärte er:»Charles geht nur sehr selten zu den Rennen. Er gibt nicht viel darum, verstehen Sie? Aber da die Bahn hier direkt nebenan ist.«

Carthy-Todds Abneigung gegen Besuche auf der Rennbahn fand ich vollkommen verständlich. Er wollte ungesehen bleiben, anonym, unerkennbar, so wie er es die ganze Zeit gewesen war. Charles würde sich in der Tat die Veranstaltungen, an denen er teilnahm, sehr sorgfältig aussuchen. Er würde niemals, stellte ich mir vor, auftauchen, ohne sich vorher beim Herzog vergewissert zu haben, daß er auch kam.

Wir gingen zurück zur Rennbahn, der Herzog und Carthy-Todd voraus, der kleine Matthew und ich hinterher. Der kleine Matthew ließ den Abstand etwas größer werden und sagte dann leise zu mir:»Also, Matt, ist Ihnen an Mr. Carthy-Todd etwas aufgefallen?«

Ich beobachtete seinen Gesichtsausdruck. Halb besorgt, halb verwirrt. Er suchte Rückhalt.

«Was ist dir denn aufgefallen?«»Ich habe noch nie zuvor jemanden mit solchen Augen gesehen.«

Kinder sind unglaublich aufmerksam. Matthew hatte sofort bemerkt, worauf ich mit Vorbedacht geachtet hatte.

«Ich würde es ihm gegenüber nicht erwähnen. Er hört es vielleicht nicht gern.«

«Wahrscheinlich nicht. «Er stockte.»Ich mag ihn nicht übermäßig.«

«Kann ich verstehen.«

«Und Sie?«

«Auch nicht«, sagte ich.

Er nickte befriedigt.»Alles andere hätte mich auch gewundert. Ich weiß nicht, warum Onkel so begeistert von ihm ist. Onkel«, fügte er nüchtern hinzu,»hat nicht viel Menschenkenntnis. Er glaubt, alle Menschen seien so nett wie er. Aber das sind sie nicht.«

«Wie lange dauert es noch, bis du bei ihm als Geschäftsführer anfangen kannst?«

Er lachte.»Ich weiß alles über Treuhänder. Ich habe welche. Kann das nicht bekommen und darf dies nicht tun, so geht es den ganzen Tag, sagt Mutter.«

«Hat dein Onkel Vermögensverwalter?«

«Nein. Mutter schimpft immer, daß mein Onkel nicht in der Lage sei, die ganze Knete zu verwalten, und daß er eines Tages alles mit einer riesigen Fehlinvestition in den Sand setzen wird. Ich habe meinen Onkel danach gefragt, aber er hat nur gelacht. Er meinte, daß er Börsenmakler habe, die sich um alles kümmern, daß er immer reicher werde und wenn er Geld für irgend etwas brauche, müsse er das nur dem Börsenmakler sagen, der dann ein paar Aktien verkaufe und ihm den Erlös zuschicke. Alles sehr einfach. Mutter macht viel Lärm um nichts. Wegen Geld wird Onkel kaum in Schwierigkeiten kommen, weil er weiß, daß er nichts davon versteht. Sie wissen, was ich meine.«

«Es wäre besser, wenn er Mr. Carthy-Todd nicht zuviel gäbe.«

Er warf mir einen kurzen, verständnisinnigen Blick zu.

«Genau das war auch mein Gefühl. Meinen Sie, es könnte etwas nützen, wenn ich mal versuchte, meinen Onkel etwas von ihm abzubringen?«

«Könnte jedenfalls nichts schaden.«

«Ich kann’s ja mal versuchen«, sagte er.»Aber er ist wahnsinnig angetan von ihm. «Er dachte scharf nach und fing dann an zu grinsen.»Aber ich muß sagen«, sagte er,»er hat verdammt gute Orangenschalenschokolädchen.«

Annie Villars hatte die Sache mit Kenny Bayst ziemlich aufgewühlt.»Ich habe ihn heute morgen kurz besucht. Er hat beide Beine gebrochen, und sein Gesicht ist von Glassplittern zerschnitten. Meint, er kann erst in der nächsten Saison wieder reiten. Glücklicherweise ist er beim Verein der Rennbahnbesucher versichert. Hat ihnen einen Zehner geschickt, erzählte er mir, und hofft, daß er wenigstens zweitausend Pfund bekommt. Wunderbare Sache, diese Versicherung.«

«Sind Sie auch beigetreten?«

«Auf jeden Fall. Nach der Bombe. Wußte damals natürlich nicht, daß es Rupert war. Aber immerhin, so etwas erledigt man besser sofort, statt es auf die lange Bank zu schieben.«

«Waren Kitch und die Pferdepfleger ebenfalls versichert, wissen Sie das zufällig?«

Sie nickte.»Sie waren alle bei Kitch beschäftigt. Er hatte all seinen Leuten empfohlen, diese Versicherung abzuschließen. Sogar angeboten, ihnen die Prämien vorzuschießen und nach und nach vom Lohn einzubehalten. Das ist jetzt in Newmarket Thema Nummer eins; Glück im Unglück, finden alle. Alle Pferdepfleger in der Stadt, die noch keine Versicherung haben, werden in den nächsten Tagen ihren Fünfer schicken.«

Ich zögerte.»Haben Sie die Notiz über Rupert Tyderman in der Sporting Life gesehen?«

Ihr Gesichtsausdruck wurde traurig: Zum ersten Mal, seit ich sie kannte, nahm ihr Mund eine sanfte Rundung an, die nicht aufgesetzt war.

«Der arme Rupert. Was für ein Ende, ermordet zu werden.«

«Daran besteht also kein Zweifel mehr?«

Sie schüttelte den Kopf.»Als ich den Artikel sah, habe ich sofort die Lokalzeitung in Kemble angerufen — da, wo sie ihn gefunden haben. Er lag, sagten sie mir, am Fuß des Bahndammes in der Nähe einer Straßenbrücke über die Eisenbahn. Man glaubt, daß er vielleicht in einem Auto nachts dorthin gebracht worden ist, also gar nicht aus dem Zug stürzte. «Sie schüttelte nachdenklich den Kopf.»Er hatte eine Stichwunde unter dem linken Schulterblatt, und er war schon seit Stunden tot, als man ihn fand.«