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Alle geistlichen Dinge besorgt er, es braucht ihn der König

Auch zum Schreiber, man nennt ihn Bellyn. Da ließ er ihn rufen,

Sagte: Leset sogleich mir etliche heilige Worte

Über Reineken hier, ihn auf die Reise zu segnen,

Die er vorhat; er gehet nach Rom und über das Wasser.

Hänget das Ränzel ihm um und gebt ihm den Stab in die Hände.

Und es erwiderte drauf Bellyn: Herr König, Ihr habet,

Glaub ich, vernommen, daß Reineke noch vom Banne nicht los ist.

Übels würd ich deswegen von meinem Bischof erdulden,

Der es leichtlich erfährt und mich zu strafen Gewalt hat.

Aber ich tue Reineken selbst nichts Grades noch Krummes.

Könnte man freilich die Sache vermitteln, und sollt es kein Vorwurf

Mir beim Bischof, Herrn Ohnegrund, werden, zürnte nicht etwa

Mir darüber der Propst, Herr Losefund, oder der Dechant

Rapiamus, ich segnet ihn gern nach Eurem Befehle.

Und der König versetzte: Was soll das Reimen und Reden?

Viele Worte laßt Ihr uns hören und wenig dahinter.

Leset Ihr über Reineke mir nicht Grades noch Krummes,

Frag ich den Teufel darnach! Was geht mich der Bischof im Dom an?

Reineke macht die Wallfahrt nach Rom, und wollt Ihr das hindern?

Ängstlich kraute Bellyn sich hinter den Ohren; er scheute

Seines Königes Zorn und fing sogleich aus dem Buch an

Über den Pilger zu lesen, doch dieser achtet' es wenig.

Was es mochte, half es denn auch; das kann man sich denken.

Und nun war der Segen gelesen, da gab man ihm weiter

Ränzel und Stab, der Pilger war fertig; so log er die Wallfahrt.

Falsche Tränen liefen dem Schelmen die Wangen herunter

Und benetzten den Bart, als fühlt' er die schmerzlichste Reue.

Freilich schmerzt' es ihn auch, daß er nicht alle zusammen,

Wie sie waren, ins Unglück gebracht und drei nur geschändet.

Doch er stand und bat, sie möchten alle getreulich

Für ihn beten, so gut sie vermöchten. Er machte nun Anstalt,

Fortzueilen, er fühlte sich schuldig und hatte zu fürchten.

Reineke, sagte der König: Ihr seid mir so eilig! Warum das? -

Wer was Gutes beginnt, soll niemals weilen, versetzte

Reineke drauf: ich bitt Euch um Urlaub, es ist die gerechte

Stunde gekommen, gnädiger Herr, und lasset mich wandern.

Habet Urlaub! sagte der König, und also gebot er

Sämtlichen Herren des Hofes, dem falschen Pilger ein Stückchen

Weges zu folgen und ihn zu begleiten. Es lagen indessen

Braun und Isegrim, beide gefangen, in Jammer und Schmerzen.

Und so hatte denn Reineke wieder die Liebe des Königs

Völlig gewonnen und ging mit großen Ehren von Hofe,

Schien mit Ränzel und Stab nach dem Heiligen Grabe zu wallen,

Hatt er dort gleich so wenig zu tun, als ein Maibaum in Aachen.

Ganz was anders führt' er im Schilde. Nun war ihm gelungen,

Einen flächsenen Bart und eine wächserne Nase

Seinem König zu drehen; es mußten ihm alle Verkläger

Folgen, da er nun ging, und ihn mit Ehren begleiten.

Und er konnte die Tücke nicht lassen und sagte noch scheidend:

Sorget, gnädiger Herr, daß Euch die beiden Verräter

Nicht entgehen, und haltet sie wohl im Kerker gebunden.

Würden sie frei, sie ließen nicht ab mit schändlichen Werken.

Eurem Leben drohet Gefahr, Herr König, bedenkt es!

Und so ging er dahin mit stillen, frommen Gebärden,

Mit einfältigem Wesen, als wüßt ers eben nicht anders.

Drauf erhub sich der König zurück zu seinem Palaste,

Sämtliche Tiere folgten dahin. Nach seinem Befehle

Hatten sie Reineken erst ein Stückchen Weges begleitet;

Und es hatte der Schelm sich ängstlich und traurig gebärdet,

Daß er manchen gutmütigen Mann zum Mitleid bewegte.

Lampe, der Hase, besonders war sehr bekümmert. Wir sollen,

Lieber Lampe, sagte der Schelm: und sollen wir scheiden?

Möcht es Euch und Bellyn, dem Widder, heute belieben,

Meine Straße mit mir noch ferner zu wandeln! Ihr würdet

Mir durch eure Gesellschaft die größte Wohltat erzeigen.

Ihr seid angenehme Begleiter und redliche Leute,

Jedermann redet nur Gutes von euch, das brächte mir Ehre;

Geistlich seid ihr und heiliger Sitte. Ihr lebet gerade,

Wie ich als Klausner gelebt. Ihr laßt euch mit Kräutern begnügen,

Pfleget mit Laub und Gras den Hunger zu stillen, und fraget

Nie nach Brot oder Fleisch, noch andrer besonderer Speise.

Also konnt er mit Lob der beiden Schwäche betören;

Beide gingen mit ihm zu seiner Wohnung und sahen

Malepartus, die Burg, und Reineke sagte zum Widder:

Bleibet hieraußen, Bellyn, und laßt die Gräser und Kräuter

Nach Belieben Euch schmecken; es bringen diese Gebirge

Manche Gewächse hervor, gesund und guten Geschmackes.

Lampen nehm ich mit mir; doch bittet ihn, daß er mein Weib mir

Trösten möge, die schon sich betrübt; und wird sie vernehmen,

Daß ich nach Rom als Pilger verreise, so wird sie verzweifeln.

Süße Worte brauchte der Fuchs, die zwei zu betrügen.

Lampen führt' er hinein, da fand er die traurige Füchsin

Liegen neben den Kindern, von großer Sorge bezwungen:

Denn sie glaubte nicht mehr, daß Reineke sollte von Hofe

Wiederkehren. Nun sah sie ihn aber mit Ränzel und Stabe;

Wunderbar kam es ihr vor, und sagte: Reinhart, mein Lieber,

Saget mir doch, wie ists Euch gegangen? Was habt Ihr erfahren?

Und er sprach: Schon war ich verurteilt, gefangen, gebunden,

Aber der König bezeigte sich gnädig, befreite mich wieder,

Und ich zog als Pilger hinweg; es blieben zu Bürgen

Braun und Isegrim beide zurück. Dann hat mir der König

Lampen zur Sühne gegeben, und was wir nur wollen, geschieht ihm.

Denn es sagte der König zuletzt mit gutem Bescheide:

Lampe war es, der dich verriet. So hat er wahrhaftig

Große Strafe verdient und soll mir alles entgelten.

Aber Lampe vernahm erschrocken die drohenden Worte,

War verwirrt und wollte sich retten und eilte, zu fliehen.

Reineke schnell vertrat ihm das Tor, es faßte der Mörder

Bei dem Halse den Armen, der laut und gräßlich um Hilfe

Schrie: O helfet, Bellyn! Ich bin verloren! Der Pilger

Bringt mich um! Doch schrie er nicht lange: denn Reineke hatt ihm

Bald die Kehle zerrissen. Und so empfing er den Gastfreund.

Kommt nun, sagt' er: und essen wir schnell, denn fett ist der Hase,

Guten Geschmackes. Er ist wahrhaftig zum erstenmal etwas

Nütze, der alberne Geck; ich hatt es ihm lange geschworen.

Aber nun ist es vorbei, nun mag der Verräter verklagen!

Reineke machte sich dran mit Weib und Kindern, sie pflückten

Eilig dem Hasen das Fell und speisten mit gutem Behagen.

Köstlich schmeckt' es der Füchsin, und einmal über das andre:

Dank sei König und Königin! rief sie: wir haben durch ihre

Gnade das herrliche Mahl, Gott mög es ihnen belohnen!

Esset nur, sagte Reineke, zu! es reichet für diesmal;

Alle werden wir satt, und mehreres denk ich zu holen:

Denn es müssen doch alle zuletzt die Zeche bezahlen,

Die sich an Reineken machen und ihm zu schaden gedenken.

Und Frau Ermelyn sprach: Ich möchte fragen, wie seid Ihr

Los und ledig geworden? Ich brauchte, sagt' er dagegen,

Viele Stunden, wollt ich erzählen, wie fein ich den König

Umgewendet und ihn und seine Gemahlin betrogen.

Ja, ich leugn es Euch nicht, es ist die Freundschaft nur dünne

Zwischen dem König und mir und wird nicht lange bestehen.