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Je mehr Rita darüber nachdachte, desto unglaublicher und ungeheuerlicher erschien es ihr, vor allem in der augenblicklichen Situation. Konnte Crawfs Ankunft in Lima etwas damit zu tun haben? Rita war sich dessen ziemlich sicher, und sie wartete ungeduldig darauf, endlich von Crawf zu hören, während ihre Wut über die unverschämte Art, wie man mit Harry umsprang, immer größer wurde.

Im Augenblick war es Rita unmöglich, Harry über den Inhalt des Briefs zu informieren, denn der war bereits im Dschungel, auf dem Weg nach Nueva Esperanza.

Sloane rief nicht an, sondern fuhr gleich nach seiner Ankunft im Hotel mit dem Taxi zur Entel Peru. Er hatte früher schon einmal in Lima gearbeitet und kannte sich aus.

»Wo ist Harry?« war seine erste Frage an Rita.

»Im Dschungel«, antwortete sie spitz. »Er riskiert sein Leben für deine Frau und deinen Jungen.« Dann hielt sie ihm den Brief entgegen. »Was zum Teufel soll das?«

»Was denn?« Crawford Sloane nahm den Brief und las ihn, während Rita ihn beobachtete. Er las ihn ein zweites Mal und schüttelte dann den Kopf. »Das ist ein Mißverständnis. Das kann gar nicht sein.«

Ritas Stimme klang noch immer scharf, als sie ihn fragte: »Willst du damit sagen, daß du nichts davon weißt?«

»Natürlich nicht.« Sloane schüttelte ungeduldig den Kopf. »Harry ist doch mein Freund. Und im Augenblick brauche ich ihn mehr als irgendeinen anderen auf der Welt. Bitte erzähl mir, was er im Dschungel macht - hast du nicht gesagt, er ist im Dschungel?« Sloane hatte den Brief offensichtlich bereits als absurd abgetan, als etwas, worauf er keine Zeit verschwenden wollte.

Rita schluckte schwer. Tränen liefen ihr über die Wangen, sie war wütend, weil sie Crawf falsch eingeschätzt und ungerecht behandelt hatte. »O Gott, Crawf! Es tut mir leid.« Nun sah sie erst die tiefen Falten des Kummers in seinem Gesicht und die Sorge in seinem Blick. Er sah roch schlimmer aus als vor acht Tagen, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. »Ich habe geglaubt, daß du... Ach, vergiß es!«

Rita nahm sich zusammen. »Laß dir erzählen, was los ist, was Harry und die anderen machen.« Sie berichtete von der Expedition nach Nueva Esperanza und von Harrys Vorhaben. Dann klärte sie ihn über einige Hintergründe auf, wie etwa über Harrys Zweifel an der Sicherheit der Telefonverbindung - der Grund, warum er seinen Plan nicht nach New York gemeldet hatte.

Schließlich sagte Sloane: »Ich möchte mit diesem Piloten sprechen. Ich will wissen, wie es Harry und den anderen ging, als er sie absetzte. Wie heißt er?«

»Zileri.« Rita sah auf die Uhr. »Er ist wahrscheinlich noch nicht zurück, aber ich werde später anrufen, und dann können wir gleich fahren. Hast du schon gefrühstückt?«

Sloane schüttelte den Kopf.

»Hier im Haus ist eine Cafeteria. Laß uns runtergehen.«

Über Cafe und Croissants sagte Rita sanft: »Crawf, wir sind alle entsetzt über das, was mit deinem Vater passiert ist - vor allem Harry. Ich weiß, daß er sich Vorwürfe macht, weil er nicht schneller gehandelt hat, aber er hatte nicht genügend Informationen...«

Sloane unterbrach sie mit einer Handbewegung. »Ich werde Harry nie etwas vorwerfen - gleichgültig was passiert. Kein Mensch hätte mehr tun können als er.«

»Stimmt«, entgegnete Rita. »Und deswegen ist das hier ja so unglaublich.« Sie legte den Brief mit Les Chippinghams Unterschrift auf den Tisch. »Das ist kein Mißverständnis, Crawf. Das war beabsichtigt. Solche Mißverständnisse gibt es nicht.«

Er las ihn noch einmal. »Nach unserem Frühstück rufe ich Les in New York an.«

»Aber bevor du das tust, überleg dir eins: Da muß etwas dahinterstecken, etwas, das wir beide nicht kennen. Gestern in New York - ist da irgend etwas Ungewöhnliches passiert?«

»Du meinst bei CBA?«

»Ja.«

Sloane überlegte. »Ich glaube nicht... doch, ich habe gehört, daß Margot Lloyd-Mason Les zu sich zitierte - so wie's aussah, sehr überstürzt. Er war drüben in Stonehenge. Aber ich habe keine Ahnung, worum es ging.«

Rita kam plötzlich ein Gedanke. »Könnte es vielleicht etwas mit Globanic zu tun haben? Damit vielleicht?« Sie öffnete ihre Tasche und holte die zusammengehefteten Papiere heraus, die Harry Partridge ihr an diesem Morgen gegeben hatte.

Sloane nahm die Papiere und las. »Interessant. Eine riesige Schuldenumwandlung. Das ganz große Geld. Wo hast du das her?«

»Von Harry.« Sie berichtete, was Partridge ihr auf dem Weg zum Flughafen erzählt hatte - daß er die Dokumente von Sergio Hurtado, dem Radioreporter, habe, der damit in der folgenden Woche an die Öffentlichkeit gehen wolle. Dann fügte sie hinzu: »Harry hat mir gesagt, daß er nicht vorhabe, die Story zu benutzen. Er meinte, das sei das mindeste, was wir für Globanic tun sollten, weil die doch für die Butter auf unserem Brot sorgen.«

»Vielleicht besteht wirklich eine Beziehung zwischen der Geschichte und Harrys Entlassung«, sagte Sloane nachdenklich. »Aber ich sehe da eine Möglichkeit. Laß uns nach oben gehen und sofort anrufen.«

»Aber vorher muß ich noch etwas erledigen«, sagte Rita.

Dieses Etwas war ein Anruf bei Victor Velasco.

Als der Chef der Auslandsabteilung von Entel wenige Minuten später die CBA-Kabine betrat, bat Rita ihn: »Ich hätte gern eine wirklich sichere Telefonverbindung nach New York, eine, die niemand abhört.«

Velasco machte ein verlegenes Gesicht. »Haben Sie Grund zu der Annahme...«

»Ja.«

»Bitte kommen Sie in mein Büro. Sie können meinen Anschluß benutzen.«

Rita und Crawford folgten Velasco in ein freundliches, mit Teppichboden ausgelegtes Büro im selben Stock. »Bitte benutzen Sie meinen Schreibtisch.« Er wies auf eine rotes Telefon. »Diese Leitung ist sicher. Das garantiere ich Ihnen. Sie können direkt wählen.«

»Vielen Dank.« Rita hatte nicht die Absicht, die peruanischen Behörden über Harry Partridges augenblicklichen Aufenthaltsort, der in dem Gespräch vielleicht erwähnt wurde, in Kenntnis zu setzen.

Mit einer höflichen Verbeugung verließ Velasco das Büro und schloß die Tür hinter sich.

Sloane setzte sich an den Tisch und wählte zunächst Les Chippinghams Nummer bei CBA. Doch niemand meldete sich -was an einem Samstagmorgen nicht ungewöhnlich war. Ungewöhnlich dagegen war, daß der Nachrichtenchef auch bei der Vermittlung nicht hinterlassen hatte, unter welcher Nummer er zu erreichen sei. Nach einem Blick in sein Notizbuch versuchte Sloane eine dritte Nummer - Chippinghams Privatanschluß in seiner Manhattaner Wohnung. Wieder keine Antwort. Es gab noch eine Nummer in Scarsdale, wo Chippingham manchmal die Wochenenden verbrachte. Aber auch dort meldete sich niemand.

»Sieht so aus«, sagte Sloane, »als wolle er ganz bewußt heute vormittag nicht erreichbar sein.« Er lehnte sich nachdenklich im Stuhl zurück.

»Woran denkst du?« fragte Rita.

»Ob ich Margot Lloyd-Mason anrufen soll.« Er griff zu dem roten Telefon. »Ich mach's.«

Sloane wählte die Vorwahl von Amerika und dann die Nummer von Stonehenge. Von der Vermittlung erfuhr er: »Mrs. Lloyd-Mason ist heute nicht in ihrem Büro.«

»Hier spricht Crawford Sloane. Können Sie mir bitte ihre Privatnummer geben. «

»Das ist eine Geheimnummer. Die darf ich niemandem geben.«

»Aber Sie haben sie?«

Die Dame an der Vermittlung zögerte. »Ja, Sir.«

»Wie heißen Sie?«

»Noreen.«

»Ein wunderbarer Name. Der hat mir schon immer gefallen. Also, nun hören Sie mir bitte zu, Noreen. Übrigens, erkennen Sie meine Stimme?«

»Aber natürlich, Sir. Ich sehe mir jeden Abend die Nachrichten an. Und in letzter Zeit habe ich mir solche Sorgen... «