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»Vater«, warf Chione ein. »Du kannst sie nicht einfach …«

»Ich kann tun, was mir passt«, sagte er und seine Stimme wurde härter. »Ich bin hier immer noch der Herr im Haus, oder etwa nicht?«

So wütend, wie Boreas seine Tochter anstarrte, war klar, dass sie diesen Streit schon länger ausfochten. Chiones Augen funkelten vor Wut, aber sie biss die Zähne zusammen. »Wie du willst, Vater.«

»Und jetzt geht, Halbgötter«, sagte Boreas, »ehe ich mir die Sache anders überlege. Zethes, führe sie sicher aus dem Haus.«

Alle verbeugten sich und der Gott des Nordwindes löste sich zu Nebel auf.

In der Eingangshalle wurden sie von Cal und Leo erwartet. Leo sah verfroren aus, aber er war unversehrt. Er sah sogar sauberer aus und seine Kleider wirkten frisch gewaschen, als ob er den Waschdienst des Hotels benutzt hätte. Festus der Drache hatte wieder seine normale Gestalt angenommen und schnaubte Feuer auf seine Schuppen, um nicht einzufrieren.

Als Chione sie die Treppe hinunterführte, bemerkte Jason, wie Leos Blicke ihr folgten. Er strich sich mit den Händen die Haare nach hinten. Oha, dachte Jason. Er nahm sich vor, Leo später vor der Schneegöttin zu warnen. In die sollte man sich besser nicht verlieben.

Auf der untersten Stufe drehte Chione sich zu Piper um. »Meinen Vater hast du eingewickelt, Kleine. Aber mich kannst du nicht einwickeln. Wir sind noch nicht fertig miteinander. Und du, Jason Grace, dich werde ich schon bald als Statue im Thronsaal sehen.«

»Boreas hat Recht«, sagte Jason. »Du bist eine verwöhnte Göre. Bis dann, Eisprinzessin.«

Chiones Augen loderten in purem Weiß. Ausnahmsweise schienen ihr die Worte zu fehlen. Sie stürmte die Treppe wieder hoch – im wahrsten Sinne des Wortes. Auf halber Höhe verwandelte sie sich in einen Blizzard und war verschwunden.

»Vorsicht«, warnte Zethes. »Beleidigungen vergisst sie nie.«

Cal grunzte zustimmend. »Böse Schwester.«

»Sie ist die Göttin des Schnees«, sagte Jason. »Was kann sie denn schon machen, uns mit Schneebällen bewerfen?« Aber noch während er das sagte, hatte Jason das Gefühl, dass Chione sehr viel schlimmere Dinge tun könnte.

Leo sah verzweifelt aus. »Was ist da oben passiert? Habt ihr sie wütend gemacht? Ist sie auch auf mich wütend? Leute, das sollte doch mein Date für den Schulball sein.«

»Wir erklären das später«, versprach Piper, aber als sie Jason ansah, ging ihm auf, dass sie diese Erklärung von ihm erwartete.

Was war da oben eigentlich passiert? Jason war sich nicht sicher. Boreas hatte sich in Aquilon verwandelt, seine römische Erscheinungsform, als ob Jasons Anwesenheit ihn schizophren gemacht hätte.

Die Vorstellung, dass Jason ins Camp Half-Blood geschickt worden war, schien den Gott sehr amüsiert zu haben, aber Boreas/Aquilon hatte sie nicht aus Herzensgüte laufen lassen. Grausame Erregung hatte aus seinen Augen geleuchtet, als ob er gerade eine Wette bei einem Hundekampf abgeschlossen hätte.

Ihr werdet euch gegenseitig zerreißen, hatte er entzückt verkündet. Aeolus wird sich nie wieder Sorgen wegen Halbgöttern machen müssen.

Jason wandte sich von Piper ab und versuchte, nicht zu zeigen, wie entmutigt er war. »Ja«, sagte er zustimmend, »wir erklären das später.«

»Sei vorsichtig, hübsches Mädchen«, sagte Zethes. »Die Winde zwischen hier und Chicago sind übellaunig. Und viele andere böse Dinge rühren sich. Es tut mir leid, dass du nicht hierbleibst. Du hättest eine wunderschöne Eisstatue ergeben, in der ich dann mein Spiegelbild überprüfen könnte.«

»Danke«, sagte Piper. »Aber da würde ich noch lieber mit Cal Hockey spielen.«

»Hockey?« Cals Augen leuchteten auf.

»War nur ein Witz«, sagte Piper. »Und die Sturmgeister sind nicht unser ärgstes Problem, oder?«

»Nein«, sagte Zethes zustimmend. »Etwas anderes. Etwas Schlimmeres.«

»Schlimmeres«, echote Cal.

»Könnt ihr es mir nicht sagen?« Piper lächelte die beiden an.

Aber diesmal wirkte es nicht. Die lila geflügelten Boreaden schüttelten gleichzeitig die Köpfe. Dann öffneten sich die Hangartüren in eine frostklirrende sternklare Nacht, und Festus der Drache stampfte mit den Füßen. Er wollte endlich wieder fliegen.

»Fragt Aeolus, was dieses Schlimmere ist«, sagte Zethes geheimnisvoll. »Der weiß Bescheid. Viel Glück.«

Er klang fast, als ob er sich Sorgen machte, was aus ihnen werden würde, auch wenn er noch vor wenigen Minuten aus Piper eine Eisstatue hatte machen wollen.

Cal klopfte Leo auf die Schulter. »Lass dich nicht kaputt machen«, sagte er, und das war vermutlich der längste Satz, an den er sich jemals herangewagt hatte. »Nächstes Mal – Hockey. Pizza.«

»Na los, Leute.« Jason starrte in die Dunkelheit hinaus. Er wollte unbedingt dieses kalte Penthouse verlassen, hatte aber das Gefühl, dass sie nicht so bald an einen gastlicheren Ort gelangen würden. »Machen wir, dass wir nach Chicago kommen, und versuchen wir, uns nicht kaputt machen zu lassen.«

XXI

Piper

Pipers Anspannung ließ erst nach, als die Lichter von Quebec hinter ihnen verschwanden.

»Du warst umwerfend«, sagte Jason zu ihr.

Dieses Kompliment hätte sie eigentlich glücklich machen müssen. Aber sie konnte nur an die Probleme denken, die vor ihnen lagen. Böse Dinge rühren sich, hatte Zethes warnend gesagt. Das wusste sie aus eigener Erfahrung. Je näher die Sonnenwende rückte, umso weniger Zeit blieb Piper, um sich zu entscheiden.

Sie sagte auf Französisch zu Jason: »Wenn du die Wahrheit über mich wüsstest, würdest du mich nicht mehr für so umwerfend halten.«

»Was hast du gesagt?«, fragte er.

»Ich habe gesagt, ich hätte nur mit Boreas gesprochen. Das war nicht so besonders umwerfend.«

Sie drehte sich nicht zu ihm um, aber sie stellte sich vor, dass er lächelte.

»He«, sagte er. »Du hast mich davor gerettet, in Chiones Tiefkühl-Heldensammlung zu landen. Ich schulde dir einen Gefallen.«

Das war wirklich nicht schwer gewesen, dachte sie. Unter keinen Umständen hätte Piper Jason dieser Eishexe überlassen. Was ihr größere Sorgen machte, war, wie Boreas seine Gestalt geändert und warum er sie freigelassen hatte. Es hatte irgendetwas mit Jasons Vergangenheit und den Tätowierungen auf seinem Arm zu tun. Boreas hielt Jason für eine Art Römer, und Römer und Griechen hatten eigentlich keinen Kontakt zueinander. Sie wartete darauf, dass Jason die Sache erklärte, aber der wollte offenbar nicht darüber reden.

Bisher hatte Piper Jasons Gefühl, dass er nicht ins Camp Half-Blood gehörte, ignorieren können. Natürlich war er ein Halbgott. Natürlich gehörte er ins Camp. Aber jetzt … was, wenn er etwas anderes war? Was, wenn er wirklich ein Feind war? Sie konnte diese Vorstellung ebenso wenig ertragen, wie sie Chione ausstehen konnte.

Leo reichte ihnen einige belegte Brote aus seinem Rucksack. Er hatte geschwiegen, seit sie ihm erzählt hatten, was im Thronsaal geschehen war. »Ich kann das mit Chione noch immer nicht glauben«, sagte er. »Sie sah so nett aus.«

»Glaub mir, Mann«, sagte Jason. »Schnee kann ja hübsch sein, aber aus der Nähe ist er kalt und ekelhaft. Wir finden ein besseres Mädchen für dich.«

Piper lächelte, aber Leo sah nicht gerade glücklich aus. Er hatte nichts darüber gesagt, was er im Palast gemacht hatte, oder darüber, dass die Boreaden ihn zurückgehalten hatten, weil er nach Feuer roch. Piper hatte das Gefühl, dass er ihnen etwas verschwieg, was immer das sein mochte. Leos Stimmung schien sich auf Festus zu übertragen, der versuchte, in der kalten kanadischen Luft warm zu bleiben. Der Drache schien auch nicht gerade glücklich.