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»Du bist ein Ventus«, sagte Jason, obwohl er keine Ahnung hatte, woher er dieses Wort kannte. »Ein Sturmgeist.«

Dylans Lachen klang wie ein Tornado, der ein Dach von einem Haus reißt. »Ich bin froh, dass ich gewartet habe, Halbgott. Von Leo und Piper weiß ich seit Wochen. Hätte sie jederzeit umbringen können. Aber meine Herrin hat gesagt, dass noch ein dritter kommt – jemand ganz Besonderes. Sie wird mich für deinen Tod fürstlich belohnen!«

Zwei weitere Windhosen landeten auf beiden Seiten Dylans und verwandelten sich in Venti – gespenstische junge Männer mit rauchigen Flügeln und Augen, aus denen Blitze schossen.

Piper blieb liegen und spielte die Ohnmächtige, ihre Hand umklammerte noch immer die Keule. Ihr Gesicht war bleich, aber sie schaute Jason mit entschiedener Miene an und er begriff die Mitteilung: Lenk du sie ab. Ich schlage ihnen von hinten das Gehirn zu Brei.

Hübsch, klug und gewalttätig. Jason wünschte, er könnte sich daran erinnern, dass sie seine Freundin war.

Er ballte die Fäuste und machte sich bereit zum Angriff, kam aber nicht mehr dazu.

Dylan hob die Hand, Bögen aus Elektrizität spannten sich zwischen seinen Fingern und trafen Jasons Brust.

Peng! Jason fand sich auf dem Rücken liegend wieder. Sein Mund schmeckte wie brennende Alufolie. Er hob den Kopf und sah, dass seine Kleider rauchten. Der Blitz war mitten durch seinen Körper gejagt und hatte ihm den linken Schuh weggefegt. Seine Zehen waren rußgeschwärzt.

Die Sturmgeister lachten. Die Winde tobten. Piper schrie trotzig auf, aber alles klang blechern und wie aus weiter Ferne.

Aus dem Augenwinkel sah Jason, wie Trainer Hedge mit Leo auf dem Rücken die Felswand hochkletterte. Piper war aufgesprungen und schwenkte verzweifelt die Keule, um die beiden neuen Sturmgeister abzuwehren, aber die spielten nur mit ihr. Die Keule durchschnitt ihre Körper, als ob sie gar nicht vorhanden wären. Und Dylan, ein dunkler geflügelter Tornado mit Augen, hing über Jason in der Luft.

»Halt«, krächzte Jason. Er kam schwankend auf die Beine und war nicht sicher, wer überraschter war, er oder die Sturmgeister.

»Wieso lebst du noch?« Dylans Gestalt flackerte. »Das war genug Blitz, um zwanzig zu erledigen!«

»Jetzt bin ich dran«, sagte Jason.

Er griff in die Tasche und zog die Goldmünze hervor. Dann ließ er seine Instinkte die Führung übernehmen und warf die Münze in die Luft, als hätte er das schon tausendmal gemacht. Er fing sie mit der Handfläche auf und hielt plötzlich ein Schwert in der Hand – eine brutal scharfe zweischneidige Waffe. Der geriffelte Griff passte perfekt in seine Hand und das ganze Schwert war aus Gold – Griff, Heft und Klinge.

Dylan fauchte und wich zurück. Er sah seine beiden Kumpel an und schrie: »Los! Bringt ihn um!«

Die anderen Sturmgeister schienen sich über diesen Befehl nicht gerade zu freuen, aber sie flogen auf Jason zu, wobei ihre Finger vor Elektrizität knisterten.

Jason griff den ersten Geist an. Die Klinge fuhr durch ihn hindurch und die rauchige Gestalt löste sich auf. Der zweite Geist ließ einen Blitzstrahl los, aber Jasons Klinge fing ihn ab. Jason trat vor – ein rascher Hieb und der zweite Sturmgeist zerstob zu goldenem Pulver.

Dylan heulte vor Zorn auf. Er schaute nach unten, als erwarte er, dass seine Kumpels wieder ihre alte Form annehmen würden, aber der Goldstaub wurde vom Winde verweht. »Unmöglich. Wer bist du bloß, Halbblut?«

Piper war so verblüfft, dass sie ihre Keule fallenließ. »Jason, wie …?«

Dann sprang Trainer Hedge wieder auf den Glassteig und ließ Leo wie einen Sack Mehl zu Boden plumpsen.

»Geister, fürchtet mich«, brüllte Hedge und zeigte die Muskeln an seinen kurzen Armen. Dann schaute er sich um und sah, dass nur noch Dylan dastand.

»Verflucht, Knabe!«, fauchte er Jason an. »Hast du mir nichts übrig gelassen? Ich liebe Herausforderungen!«

Leo kam auf die Beine und rang nach Atem. Er sah total gedemütigt aus, seine Hände bluteten, weil er sich so fest am Fels angeklammert hatte. »Also wirklich, Trainer Superziege, was Sie auch sein mögen – ich bin eben in den verflixten Grand Canyon gefallen. Hören Sie mir auf mit Herausforderungen!«

Dylan zischte sie an, aber Jason konnte Angst in seinen Augen sehen. »Ihr habt keine Ahnung, wie viele Feinde ihr geweckt habt, Halbblute. Meine Herrin wird alle Halbgötter vernichten. Diesen Krieg könnt ihr nicht gewinnen.«

Über ihnen schien der Sturm zu explodieren. Die Risse im Glassteig wurden größer. Regen strömte auf sie herab und Jason musste in die Hocke gehen, um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten.

Ein Loch öffnete sich in den Wolken, ein wirbelnder Trichter in Schwarz und Silber.

»Die Herrin ruft mich zurück!«, schrie Dylan beseelt. »Und du, Halbgott, kommst mit mir!«

Er stürzte auf Jason zu, aber Piper griff das Monster von hinten an. Obwohl Dylan aus Rauch bestand, konnte Piper ihn irgendwie fassen. Beide gingen zappelnd zu Boden. Leo, Jason und der Trainer stürzten vor, um Piper zu helfen, aber der Geist schrie vor Zorn. Er ließ einen Sturmwind los, der sie alle nach hinten schleuderte. Jason und Trainer Hedge landeten auf dem Hinterteil und Jasons Schwert rutschte über das Glas. Leo knallte mit dem Hinterkopf auf und kippte zur Seite, benommen und stöhnend. Piper kam am schlechtesten weg. Sie wurde von Dylans Rücken geschleudert und traf das Geländer, rutschte hinüber und hing an einer Hand über dem Abgrund.

Jason rannte zu ihr, aber Dylan schrie: »Ich gebe mich mit dem hier zufrieden!«

Er packte Leos Arm und fing an, aufzusteigen, wobei er den halb bewusstlosen Leo hinter sich herzog. Die Windhose wirbelte immer schneller um sich selbst und zog sie wie ein Staubsauger nach oben.

»Hilfe!«, brüllte Piper. »Helft mir!«

Dann ließ sie los und schrie im Fallen.

»Jason, los!«, rief Hedge. »Rette sie!«

Der Trainer stürzte sich mit energischem Ziegen-Fu auf den Geist – er trat mit den Hufen zu und befreite Leo aus seinem Griff. Leo fiel zu Boden, aber Dylan packte stattdessen den Trainer am Arm. Hedge versuchte, ihn mit dem Kopf zu rammen, trat ihn und nannte ihn ein Zuckerpüppchen. Sie stiegen in die Luft auf und wurden immer schneller.

Trainer Hedge brüllte noch einmaclass="underline" »Rette sie! Ich hab den hier im Griff!« Dann jagten Satyr und Sturmgeist in den Wolkentrichter und waren verschwunden.

Sie retten?, dachte Jason. Sie ist verloren!

Aber wieder trugen seine Instinkte den Sieg davon. Er rannte zum Geländer, dachte, ich bin wahnsinnig, und sprang hinüber.

Jason hatte keine Höhenangst. Er hatte Angst davor, auf dem Boden des Canyons hundertfünfzig Meter unter ihm zerschmettert zu werden. Es kam ihm so vor, als hätte er dann nichts geleistet, außer zusammen mit Piper zu sterben, aber er presste die Arme an den Leib und warf sich mit dem Kopf zuerst nach unten. Die Wände des Canyons jagten vorüber wie ein Film im Zeitraffer. Sein Gesicht schien ihm vom Kopf geschält zu werden.

Gleich darauf hatte er die wild um sich schlagende Piper eingeholt. Er packte ihre Taille, schloss die Augen und wartete auf den Tod. Piper schrie. Der Wind pfiff in Jasons Ohren. Er fragte sich, wie das Sterben sich wohl anfühlen würde. Nicht so besonders toll, glaubte er. Er wünschte sich, das sie aus irgendeinem Grund niemals unten ankommen würden.

Plötzlich legte sich der Wind. Pipers Schrei verwandelte sich in ein ersticktes Keuchen. Jason dachte einen Moment, sie wären schon tot, hatte aber keinen Aufprall gespürt.

»J-Jason«, brachte Piper heraus.

Er öffnete die Augen. Sie fielen nicht mehr. Sie schwebten in der Luft, mehr als dreißig Meter über dem Fluss.