Выбрать главу

»Jason«, sagte Piper. »Wir haben noch etwas zu erledigen. Weißt du das noch?« Sie versuchte, Macht in ihre Worte zu legen, ihn mit Charme-Sprech aus seiner Trance zu reißen, aber selbst in ihren Ohren klang ihre Stimme zittrig. Diese Prinzessin machte ihr zu große Angst, ließ ihr Selbstvertrauen zerbröckeln, so, wie es ihr in der Aphrodite-Hütte mit Drew gegangen war.

»Erledigen, klar«, murmelte Jason. »Klar. Aber erst einkaufen, okay?«

Die Prinzessin strahlte ihn an. »Dann haben wir Elixiere, durch die man dem Feuer widerstehen kann …«

»Brauchen wir nicht«, sagte Leo.

»Ach, wirklich?« Die Prinzessin sah sich Leos Gesicht genauer an. »Du scheinst aber nicht meinen patentierten Sonnenschutz zu verwenden … na gut. Wir haben auch Elixiere, die Blindheit, Wahnsinn, Schlaf oder …«

»Moment.« Piper starrte noch immer die rote Phiole an. »Könnte dieser Trank ein verlorenes Gedächtnis wiederherstellen?«

Die Prinzessin kniff die Augen zusammen. »Möglich. Ja. Sehr gut möglich. Warum, meine Liebe? Hast du etwas Wichtiges vergessen?«

Piper versuchte, möglichst ausdruckslos auszusehen, aber wenn dieser Trank Jasons Erinnerung wiederbringen könnte …

Will ich das wirklich?, fragte sie sich.

Wenn Jason erst wüsste, wer er war, würde er vielleicht nicht einmal mehr ihr Freund sein wollen. Hera hatte ihm das Gedächtnis nicht ohne Grund genommen. Sie hatte ihm erzählt, dass er nur so im Camp Half-Blood überleben könnte. Was, wenn Jason feststellte, dass er ihr Feind war oder so etwas? Er könnte aus seinem Gedächtnisschwund auftauchen und zu dem Schluss kommen, dass er Piper hasste. Er könnte sogar eine Freundin haben, dort, wo immer er herkam.

Spielt keine Rolle, entschied sie, und das überraschte sie dann doch ein wenig.

Jason sah immer so gequält aus, wenn er versuchte, sich an etwas zu erinnern. Piper fand es schrecklich, ihn so zu sehen. Sie wollte ihm helfen, weil er ihr wichtig war, sogar wenn das bedeutete, ihn zu verlieren. Und vielleicht wäre diese Wanderung durch das Warenhaus Ihrer Verrücktheit dann doch zu etwas gut.

»Wie viel?«, fragte Piper.

Die Prinzessin schaute ins Leere. »Na ja … das mit dem Preis ist nie leicht. Ich helfe ja gern. Ehrlich, das ist so. Und ich mache immer Sonderangebote, aber manchmal versuchen die Kunden, mich zu betrügen.« Ihr Blick wanderte zu Jason. »Einmal ist mir zum Beispiel ein hübscher junger Mann begegnet, der einen Schatz aus dem Königreich meines Vaters haben wollte. Wir wurden handelseinig und ich versprach, ihm beim Stehlen zu helfen.«

»Sie haben Ihren eigenen Vater bestohlen?« Jason sah noch immer wie halb in Trance aus, aber diese Vorstellung schien ihn doch zu stören.

»Ach, keine Sorge«, sagte die Prinzessin. »Ich habe einen hohen Preis verlangt. Der junge Mann musste mich mitnehmen. Er sah wirklich gut aus, verführerisch, stark …« Sie sah Piper an. »Ich bin sicher, meine Liebe, du kannst verstehen, wenn eine Frau sich zu einem solchen Helden hingezogen fühlt und ihm helfen möchte.«

Piper versuchte, ihre Empfindungen unter Kontrolle zu halten, aber wahrscheinlich lief sie trotzdem rot an. Sie hatte das unheimliche Gefühl, dass die Prinzessin Gedanken lesen konnte.

Außerdem kam diese Geschichte ihr beunruhigend bekannt vor. Stücke von alten Sagen, die sie mit ihrem Vater gelesen hatte, fügten sich jetzt zu einem Ganzen, aber diese Frau konnte nicht die sein, an die sie hier dachte.

»Jedenfalls«, sagte Ihre Hoheit jetzt, »mein Held musste viele unmögliche Aufgaben lösen, und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass er das ohne mich nicht geschafft hätte. Ich habe meine Familie verraten, um dem Helden seinen Schatz zu beschaffen. Und doch hat er mich um meinen Lohn betrogen.«

»Betrogen?« Jason runzelte die Stirn, als versuche er, sich an etwas Wichtiges zu erinnern.

»Was für ein Mist«, sagte Leo.

Ihre Hoheit streichelte liebevoll seine Wange. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Leo. Du scheinst ehrlich zu sein. Du würdest doch immer einen fairen Preis bezahlen, oder?«

Leo nickte. »Was kaufen wir hier noch mal? Ich nehme zwei.«

Piper schaltete sich ein. »Diese Phiole, Eure Hoheit – wie viel?«

Die Prinzessin musterte Pipers Kleidung, ihr Gesicht, ihre Haltung, als wollte sie ein Preisschild an eine Halbgöttin mit leichten Gebrauchsspuren heften.

»Würdest du alles dafür geben, meine Liebe?«, fragte die Prinzessin. »Ich habe das Gefühl, dass das der Fall ist.«

Ihre Worte spülten über Piper hinweg wie eine mächtige Welle beim Surfen. Die Kraft dieses Vorschlags hätte Piper fast umgeworfen. Sie wollte jeden Preis bezahlen. Sie wollte Ja sagen.

Dann drehte sich ihr der Magen um. Piper begriff, dass das hier Charme-Sprech war. Sie hatte so etwas schon einmal erlebt, als Drew am Lagerfeuer mit ihr gesprochen hatte, aber das hier war tausendmal mächtiger. Kein Wunder, dass ihre Freunde wie betäubt waren. Ging es anderen wohl auch so, wenn Piper zu Charme-Sprech griff? Ein Gefühl von Schuld machte sich in ihr breit.

Sie nahm all ihre Willenskraft zusammen. »Nein, jeden Preis würde ich nicht bezahlen. Aber einen fairen Preis vielleicht schon. Danach müssen wir weiter. Oder, Jungs?«

Für einen Moment schienen ihre Worte eine gewisse Wirkung zu haben. Die Jungs sahen verwirrt aus.

»Weiter?«, fragte Jason.

»Du meinst … nach dem Einkaufen?«, fragte Leo.

Piper hätte schreien mögen, aber die Prinzessin legte den Kopf schräg und musterte sie mit neuem Respekt.

»Beeindruckend«, sagte sie. »Nicht viele können meinen Vorschlägen widerstehen. Bist du ein Kind der Aphrodite, meine Liebe? Ach, ja – das hätte ich gleich sehen müssen. Aber egal. Vielleicht sollten wir uns noch ein wenig umsehen, ehe du dich zu einem Kauf entschließt?«

»Aber die Phiole …«

»Was meint ihr, Jungs?« Sie drehte sich zu Jason und Leo um. Ihre Stimme war so viel mächtiger als Pipers, so voller Selbstvertrauen, dass Piper keine Chance hatte. »Möchtet ihr noch mehr sehen?«

»Sicher«, sagte Jason.

»Klar«, sagte Leo.

»Hervorragend«, sagte die Prinzessin. »Ihr werdet alle Hilfe brauchen, die ihr bekommen könnt, wenn ihr es bis in die Bay Area schaffen wollt.«

Pipers Hand griff zu ihrem Dolch. Sie dachte an ihren Traum oben auf dem Berg – an die Szene, die Enceladus ihr gezeigt hatte, an einem Ort, den sie kannte, wo sie in zwei Tagen ihre Freunde verraten sollte.

»In die Bay Area?«, fragte Piper. »Wieso in die Bay Area?«

Die Prinzessin lächelte. »Na, da werden sie doch sterben, oder?«

Dann führte sie sie zur Rolltreppe und Jason und Leo schienen noch immer im Kaufrausch zu schweben.

XXVIII

Piper

Piper nahm sich die Prinzessin allein vor, als Jason und Leo loszogen, um sich die lebendigen Pelzmäntel genauer anzusehen.

»Sie wollen, dass sie für ihren Tod einkaufen?«, fragte Piper.

»Mmm.« Die Prinzessin blies Staub von einer Vitrine, die Schwerter enthielt. »Ich bin Seherin, meine Liebe. Ich kenne dein kleines Geheimnis. Aber wir wollen jetzt nicht darüber reden, oder? Den Jungs macht es ja solchen Spaß.«

Leo lachte, als er einen Hut aufprobierte, der aus verzaubertem Waschbärenfell gemacht zu sein schien. Der geringelte Schwanz zuckte und die kleinen Beine zappelten hektisch, als Leo weiterging. Jason schaute sich die Sportkleidung für Herren an. Jungen, die Klamottenkaufen toll fanden? Ein deutliches Zeichen dafür, dass sie unter einen bösen Zauber geraten waren.

Piper starrte die Prinzessin wütend an. »Wer sind Sie?«

»Das habe ich doch schon gesagt, meine Liebe. Ich bin die Prinzessin von Kolchis.«

»Wo liegt Kolchis?«

Die Miene der Prinzessin wurde ein wenig traurig. »Wo hat Kolchis gelegen, meinst du. Mein Vater herrschte am anderen Ufer des Schwarzen Meeres, so weit im Osten, wie in jenen Tagen ein griechisches Schiff segeln konnte. Aber Kolchis gibt es nicht mehr – es ist seit Äonen verschwunden.«

»Äonen?«, fragte Piper. Die Prinzessin schien nicht älter als fünfzig zu sein, aber Piper hatte ein unbehagliches Gefühl – sie erinnerte sich an etwas, das König Boreas in Quebec erwähnt hatte. »Wie alt sind Sie?«