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Am Eingange der Hauptallee dröhnte jetzt ein Glockenschlag; ein Greis, der an Galatagen den Türsteher abgab, hatte das Geräusch gehört, das durch Waverleys Ankunft entstanden war, und er hatte sich kaum auf seinen Platz begeben, so erschienen weitre Gäste, und er verkündete ihr Erscheinen durch jenes Glockenzeichen.

Es waren, wie der Baron sich äußerte, höchst respektable Herrschaften. »Der junge Laird von Balmawhapple, mit dem Beinamen Falconer, aus dem Hause Glenfarquhar, ein passionierter Jäger ohnegleichen ... gaudet equis et canibus [hat seine Freude an Pferden und Hunden] ... im übrigen jedoch ein höchst gesetzter Junker. Sodann, der Laird von Killancureit, ein Edelmann, der alle freie Zeit dem Ackerbau widmete und sich einen Bullenbeißer aus der Grafschaft Devon, der Damnonia der alten Römer, sofern man dem Chronisten Robert von Eirencester glauben dürfe, geholt habe, der geradezu unvergleichliche Eigenschaften besäße. Wie der Junker von Waverley aus solcher Neigung ersehen werde, eigentlich nur ein Freisassenextrakt, und, so setzte der Baronet hinzu, von fremdländischer Abkunft, wenigstens sei der Großvater aus dem Auslande gekommen, habe bei dem letzten Girnigo von Killancureit als Verfasser, Amtmann, Wirtschaftsinspektor Stellung gehabt, dann sei der letzte Girnigo von Killancureit an Auszehrung gestorben, und dann habe dieser »Bullsegg« das Glück gehabt, Gefallen bei der Hinterbliebenen Witwe Girnigo, die noch jung und arg verliebt gewesen sei, zu finden, und so sei der fremde Mensch in den Besitz der Herrschaft, einer der ältesten im schottischen Norden, gelangt    « »ein Skandal, wie ihn Schottland seit Menschengedenken nicht erlebt habe«   »die ganze Erbfolge habe alles Recht und Herkommen auf den Kopf gestellt, denn die Frau habe durch ihre Erbschleicherei den natürlichen Erben des Verblichenen im siebenten Gliede, Girnigo von Tepperhewitt, bestohlen, dessen Familie durch den hierdurch bedingt gewesenen Prozeß an den Bettelstab gekommen sei, und der letzte Sproß dieses altadligen Geschlechts diene jetzt als altadliger Gemeiner in der schwarzen Wache der Hochlandsarmee. Aber von mütterlicher Seite habe dieser Edelmann, Bullsegg von Killancureit, wie das Geschlecht jetzt heiße, edles Blut in seinen Adern, denn die Mutter und die Großmutter stammten aus dem Geschlechte der Pickletillim, »und das weiß er recht gut, denn er hält auf seine Herkunft, und ist auf grund derselben auch geachtet. Uebrigens hat er sich auch durch sein Auftreten und Verhalten im Lande beliebt zu machen verstanden. Gott soll hüten, liebster Kapitän Waverley, daß wir Adlige untadelhaften Stammes uns besser halten als er, denn wer bürgt uns, daß nicht bei uns der Fall eintrete, daß im achten oder neunten oder zehnten Gliede die Nachkommenschaft nicht in gewisser Art in gleichen Rang mit dem alten Landadel getreten ist? Vix ea nostra voco, wie schon Ovidius Naso sagt.

Zehntes Kapitel

Die Speisen waren, nach den damals in den Hochlanden herrschenden Begriffen, gut und reichlich, und die Gäste taten ihnen redlich Bescheid. Der Baron aß wie ein Kriegsknecht, der tagelang auf dem Marsche gewesen, der Laird von Balmawhapple wie ein Weidmann, der lange auf dem Anstand sich herumgetrieben, und Bullsegg von Killancureit, wie eben ein Bauer ißt oder »frißt«. Waverley aß, wie jemand, der von der Reise kommt, und Schösser Wacwheeble wie alle vier zusammengenommen, wenn er auch, sei es nun aus größerem Respekt oder um anzudeuten, daß er sich der Gegenwart seines Patrons gar Wohl bewußt sei, nur auf der Ecke seines Stuhles saß, der drei Fuß ab vom Tische stand, und mit seiner Schüssel nur auf die Art in Verbindung gelangen konnte, daß er seine Person gegen sie vorstreckte in einer Linie, die vom Ende seines Steißbeins in schiefer Richtung ausging, so daß die ihm vis-à-vis sitzende Person bloß den Vorderrand seiner Reitperücke zu sehen bekam.

Solche unterwürfige Haltung wäre jedem andern gewiß höchst beschwerlich gefallen, den würdigen Schösser hatte aber langjährige Gewohnheit damit vertraut gemacht. Und da er zeitlebens ängstlich darauf bedacht gewesen war, allen andern den Vortritt zu lassen, kümmerte es ihn wenig, ob jemand in diesem Umstand einen Beweis von Verachtung oder Geringschätzung fände.

Der Geistliche, ein Herr von jener kirchlichen Partei, die dem neuen Herrscherhause den Treueid verweigert hatte, war ein angenehmer, feingebildeter und schon bejahrter Mann, einer von jenen geistlichen Herren, »die zwanglos ihre Pfründen lieben«. Darum nahm sich auch der Schösser, wenn der Baron außer Hörweite war, hin und wieder die Freiheit heraus, Herrn Rubrik mit seiner Gewissensängstlichkeit zu necken.

Nach aufgehobner Tafel brachte der Baronet die Gesundheit des Königs aus, es hierbei jedem seiner Gäste überlassend, sich darüber klar zu werden, ob er den Monarchen »de facto« oder »de jure« meine. Dann wurde die Unterhaltung allgemein, und gleich darauf entfernte sich Miß Bradwardine von der Tafel, an der sie bis dahin als »Verweserin« gewirkt hatte, und kurz nach ihr entfernte sich auch der geistliche Herr.

Und nun floß der Wein in Strömen, denn es war eine Marke, die das Lob des Herrn vollauf rechtfertigte. Bloß Waverley wurde das Recht eingeräumt, hin und wieder einen Trunk vorbeizulassen, ohne Bescheid zu tun. Als schließlich der Abend seine Fittiche niederzusenken begann, gab der Baron seinem Seneschall Saunders Saunderson, oder, wie er ihn scherzweise zu nennen liebte, seinem »Alexander ab Alexandro« einen geheimen Wink, und »Alexander ab Alexandro« verließ daraufhin mit leichter Neigung des Hauptes das Zimmer, um aber bald wiederzukehren mit einem kleinen Kästchen aus Eichenholz, das mit bronzenen Verzierungen von merkwürdiger Art der Formen beschlagen war. Dieses Kästchen stellte er vor seinen Herrn hin, und dieser langte einen Geheimschlüssel hervor und schloß das Kästchen auf, dann hob er den Deckel auf und nahm einen goldnen Becher von höchst merkwürdiger Form aus dem Kästchen. Diese Form zeigte sehr deutlich einen Bären, und der Baron heftete auf ihn einen Blick, der Ehrfurcht, Stolz und Wohlgefallen kündete, und der Waverley unwillkürlich an Tom Otter erinnerte, jenen charakteristischen Typus, den Ben Johnson der englischen Literatur beschert hat, der sich seine Humpen als Ochse, Pferd und Hund zu formen liebte.

Aber Mr. Bradwardine drehte sich jetzt selbstgefällig nach ihm herum und ersuchte ihn, sich diesen Humpen recht genau anzusehen, da er eine sehr alte Reliquie darstelle, »das auserkorne Helmstück nämlich unsres Geschlechts, den aufrecht stehenden Bären. Friedrich Rotbart, Kaiser von Deutschland, spendete dies ehrenvolle Wappen durch Wappenbrief meinem Urahn Godmund Bradwardine. Es war das Helmstück eines gewaltigen Dänen gewesen, den mein Urahn im Zweikampf draußen im gelobten Lande erlegt hatte anläßlich eines Zwistes, der über die Keuschheit der kaiserlichen Braut entsponnen war.

»Und was nun,« erzählte Bradwardine weiter, »im besondern diesen Becher anbetrifft, so ist er auf Anordnung des heiligen Duthak, Abtes von Aberbrothock, für einen andern Baron Bradwardine verfertigt worden, der das Kirchengut des genannten Klosters ritterlich gegen die gewaltsamen Angriffe mehrerer Edelleute verteidigt hatte. Eigentlich führte er den Namen »der geweihte Bär von Bradwardine«, und in der alten katholischen Zeit ging die Meinung von ihm, es wohnten ihm gewisse mystische und übernatürliche Kräfte inne. Wenn ich persönlich auch nichts gebe auf solche anilia, so steht doch fest, daß der geweihte Bär immer ein wichtiges Erbstück unsers Hauses gewesen ist und immer als Ehrenbecher figuriert hat. Er ist immer nur in Gebrauch genommen worden bei besonders festlichen Gelegenheiten, und als solche sehe ich den Besuch meines Gastes, des Erben Sir Everards, und seine Anwesenheit unter meinem Dache an. Ich weihe also diesen Trunk dem Wohl und Glück des uralten, hochehrenwerten Hauses von Waverley.«