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»Ach, vermutlich nichts. Politik ist heutzutage Statistik. Es ist blödsinnig, ihnen H-Bomben zu geben, also ist es Politik. Und dann da drüben die Yanks - Millionen von verfluchten Juden in Amerika. Und was tun sie? Zum Teufel, sie geben den Krauts noch mehr Bomben. Alle diese Kerle zusammen - sollten sich gegenseitig in die Luft jagen.«

Mendel zitterte vor Wut, und Smiley schwieg eine Weile, während er an Elsa Fennan dachte.

»Und wie sieht die Lösung aus?« fragte er, nur um etwas zu sagen.

»Das weiß Gott allein«, antwortete Mendel wild.

Sie bogen in die Battersea Bridge Road ein und hielten neben einem Schutzmann, der auf dem Gehsteig stand. Mendel zeigte ihm seine Polizeilegitimation.

»Scarrs Garage? Na, es ist kaum eine Garage, nur ein Hof. Hauptsächlich Altmetalle und gebrauchte Wagen. Wenn sie für den einen nicht mehr gut genug sind, dann sind sie es für den anderen, sagt Adam. Fahren Sie die Prince of Wales Drive hinunter, bis Sie zum Spital kommen. Dort ist es, zwischen ein paar Baracken. Eigentlich ein Bombenareal. Der alte Adam hat den Platz mit ein bißchen Schlacke planiert, und bisher hat ihn noch niemand hinausgeschmissen. «

»Sie scheinen eine Menge über ihn zu wissen«, sagte Mendel.

»Sollte ich, sollte ich. Ich habe ihn schon ein paarmal eingebuchtet. Steht nicht viel im Gesetzbuch, was Adam nicht auf dem Kerbholz hat. Er ist eines von unseren winterharten Dauergewächsen, das kann ich Ihnen sagen.«

»Na gut. Läuft gerade etwas gegen ihn?«

»Könnte ich nicht sagen. Aber wegen illegaler Wetten kann ich ihn jederzeit hochgehen lassen. Er fällt eigentlich schon längst unter den Akt.«

Sie fuhren weiter zum Battersea-Spital. Der Park zu ihrer Rechten sah hinter den Straßenlaternen dunkel und drohend aus.

»Was soll das heißen, er fällt unter den Akt?«

»Ach, er hat nur einen Scherz gemacht. Es heißt, daß jemandes Strafregister schon so lang ist, daß er in Präventivhaft genommen werden kann - jahrelang. Es klingt ganz, als wäre der mein Typ«, fuhr Mendel fort. »Überlassen Sie ihn nur mir.«

Sie fanden den Hof, wie es ihnen der Schutzmann beschrieben hatte, zwischen zwei halbverfallenen Baracken und einer Reihe von Schuppen, die auf dem ausgebombten Terrain errichtet worden waren. Bauschutt, Ziegel und Mist lagen überall herum. Trümmer von Asbest, Holz und Alteisen, die Mr. Scarr offenbar für den Wiederverkauf oder zum Herrichten erstanden hatte, waren in der einen Ecke aufgestapelt, trüb beleuchtet von einem schwachen Licht, das aus der entfernteren Baracke drang. Die beiden Männer sahen sich eine Weile schweigend um. Dann zuckte Mendel die Achsel, steckte zwei Finger zwischen die Lippen und stieß einen schrillen Pfiff aus.

»Scarr!« brüllte er. Es blieb ruhig. Das Außenlicht an der Baracke leuchtete auf, und drei oder vier Wagen aus der Zeit vor dem Krieg und in verschiedenen Stadien der Auflösung wurden schwach sichtbar.

Die Tür ging langsam auf, und ein Mädchen von etwa zwölf Jahren stand auf der Schwelle.

»Ist dein Vater zu Hause, Kleine?« fragte Mendel.

»Nee, der ist im Prod', glaub' ich.«

»Gut, Kleine, danke schön.«

Sie gingen zur Straße zurück.

»Was in aller Welt ist das Prod'? Oder darf man das vielleicht nicht einmal fragen?« erkundigte sich Smiley.

»>Prodigal's Calf<, ein Gasthaus um die Ecke. Wir können gehen. Es ist nur hundert Meter weit. Den Wagen lassen wir hier.«

Das Lokal hatte gerade aufgemacht. An der Theke war noch niemand, und während sie auf das Erscheinen des Wirtes warteten, ging die Tür auf, und ein sehr fetter Mensch in einem schwarzen Anzug kam herein. Er ging geradewegs zur Theke und begann, mit einem Fünfshillingstück draufzuklopfen.

»Wilf«, schrie er, »nimm die Finger raus. Gäste sind da, du Glückspilz.« Er drehte sich Smiley zu. »'n Abend, Kumpel.«

Aus dem Hintertrakt des Wirtshauses antwortete eine Stimme: »Sag ihnen, sie sollen ihr Geld bei der Kasse auf den Tisch legen und später kommen.«

Der Dicke sah Mendel und Smiley einen Augenblick erstaunt an und brach plötzlich in brüllendes Gelächter aus. »Die nicht, Wilf - die sind im Dienst!« Der Witz gefiel ihm so gut, daß er sich zum Schluß auf die Bank setzen mußte, die an der Wand um den Raum lief. Er schlug sich mit den Händen auf die Schenkel, seine mächtigen Schultern schüttelte es direkt, so lachte er, und die Tränen rannen ihm über die Wangen. Zwischendurch, wenn er Atem holte, bevor ein neuer Lachanfall kam, sagte er: »Ogott-ogottogott.«

Smiley sah ihn interessiert an. Er trug einen sehr schmutzigen steifen weißen Kragen mit abgerundeten Ecken, eine geblümte rote Krawatte, die mit einer Nadel sorgfältig außen auf der schwarzen Weste befestigt war, Militärstiefel und einen abgeschabten, sehr fadenscheinigen Anzug, an dessen Hose nicht einmal die Spur einer Bügelfalte zu sehen war. Seine Manschetten waren schwarz von Schweiß, Schmutz und Schmieröl und wurden von Büroklammern zusammengehalten.

Der Wirt erschien und nahm ihre Bestellung entgegen. Der Dicke kaufte sich einen großen Whisky mit Ingwerwein und ging damit sofort in das Gastzimmer, wo ein Kohlenfeuer brannte. Der Wirt beobachtete ihn mißbilligend.

»Das sieht ihm wieder ähnlich, dem gemeinen Kerl. Die Preise im Gastzimmer will er nicht zahlen, aber das Feuer paßt ihm.«

»Wer ist es denn?« erkundigte sich Mendel.

»Er? Scarr heißt er. Adam Scarr. Der Teufel weiß, warum er Adam heißt. Wenn man sich ihn im Garten Eden vorstellt, das ist wohl verdammt komisch, der Teufel soll mich holen. Hier in der Gegend sagt man, wenn Eva ihm den Apfel geben würde, dann würde er das dreckige Kerngehäuse auch mitfressen.« Der Wirt fuhr sich mit der Zunge über die Zähne und schüttelte den Kopf. Dann schrie er Scarr zu: »Aber trotzdem bist du gut für das Geschäft, nicht wahr, Adam? Die Leute kommen verdammt weit her, um dich zu sehen, stimmt's? Du Teenage-Monstrum aus dem Weltraum. Ja, das bist du, der Teufel soll mich holen. Kommen Sie herein und staunen Sie. Adam Scarr: Ein Blick, und Sie unterschreiben, daß Sie nie mehr saufen werden!«

Wieder folgte ein schallendes Gelächter. Mendel beugte sich zu Smiley hinüber. »Gehen Sie lieber und warten Sie im Wagen. - Da halten Sie sich lieber heraus. Haben Sie einen Fünfer bei der Hand?«

Smiley gab ihm aus seiner Brieftasche fünf Pfund, nickte zustimmend und ging hinaus. Er konnte sich nichts Schrecklicheres vorstellen, als es mit Scarr zu tun zu bekommen.

»Sind Sie Scarr?« fragte Mendel.

»Richtig, Kumpel.«

»TRX 0891. Ist das Ihr Wagen?«

Mr. Scarr warf einen finsteren Blick auf seinen Whisky mit Ingwer. Die Frage schien ihn traurig zu machen.

»Also?« sagte Mendel.

»War es Chef, war es.«

»Was, zum Teufel, meinen Sie?«

Scarr hob seine rechte Hand ein Stück und ließ sie dann langsam wieder sinken. »Eine dunkle Geschichte, Chef, eine trübe Geschichte.«

»So, jetzt hören Sie mir einmal zu. Ich habe größere Fische zu braten, als Sie sich je träumen lassen. Ich bin nicht aus Glas, verstanden? Mir imponiert das Geschäft, das Sie da machen, verdammt wenig. Also, wo ist der Wagen?«

Scarr schien über den Sinn dieser Rede nachzudenken. »Aha, jetzt geht mir ein Licht auf, Kumpel. Sie wollen eine Information.«

»Natürlich, zum Teufel.«

»Es sind harte Zeiten, Chef. Die Lebenskosten, mein Lieber, gehen hoch wie eine Rakete. Information ist eine Ware, eine verkäufliche Ware, hab' ich nicht recht?«

»Sie sagen mir, wer den Wagen gemietet hat, und Sie werden nicht verhungern.«

»Ich verhungere auch jetzt nicht, Kumpel. Aber ich will besser essen.«

»Ein Fünfer.«

Scarr trank aus und stellte sein Glas geräuschvoll auf den Tisch zurück. Mendel stand auf und besorgte ihm ein neues.

»Er ist geklaut worden. Ein paar Jahre habe ich ihn für Selbstfahrer vermietet, verstehen Sie. Auf Depo.«

»Auf was?«

»Na, Depo, Kaution. Irgendein Kerl will einen Wagen für einen Tag. Man nimmt zwanzig Pfund Kaution in bar, ja? Wenn er zurückkommt, ist er Ihnen vierzig Shilling schuldig, stimmt's? Sie geben ihm einen Scheck über achtunddreißig Pfund, schreiben ihn als Verlust in Ihre Bücher, und die Sache ist einen Zehner wert. Kommen Sie mit?«