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»Nun?« fragte Warshow. Seine Stimme klang trocken und rauh. »Ich fühle mich unrein, nachdem ich das gehört habe.«

»Liegt nahe«, sagte Cullinan. »Es ist eines der übelsten Dinge, die ich je entdeckt habe. Und Sie begreifen es nicht, wie?«

Der Commander schüttelte langsam den Kopf.

»Nein. Warum hat er es getan? Er liebt sie — aber warum?«

Cullinan lachte leise.

»Sie werden es sehen. Aber ich möchte noch andere Leute hierhaben, wenn ich es aus ihm heraushole. Als erstes das Mädchen — und dann Sigstrom.«

»Den Doktor? Wozu denn das?«

»Weil er, wenn ich recht habe, sehr interessiert sein wird.« Cullinan grinste rätselhaft. »Lassen wir Falk ausruhen, ja? Nach dem vielen Reden hat er es nötig.«

»Ich auch«, sagte Warshow.

Vier Personen schauten stumm zu, als Falk ein zweites Mal in die Drogentrance glitt. Warshow studierte das Gesicht Thetonas, um eine Spur der Wärme zu finden, von der Falk gesprochen hatte. Und ja, Warshow sah, daß sie da war. Hinter ihr saß Sigstrom, der Chefarzt des Schiffes. Rechts neben ihm Cullinan. Und auf dem Bett in der Ecke lag Matt Falk.

»Matt, hören Sie mich?« fragte Cullinan. »Ich möchte, daß Sie etwas zurückgehen… Sie sind jetzt an Bord des Schiffes. Die Zeit: vor etwa einem Monat. Sie arbeiten im Konverter teil, Sie und Dave Murff, mit heißem Stoff. Sind Sie soweit?«

»Ja«, sagte Falk. »Ich weiß, was Sie meinen.«

Ich bin im Konvertersektor AA und hole Thorium aus dem Lager, um die Reaktoren zu füttern; das Schiff muß fliegen. Dave Murff ist bei mir. Wir sind ein gutes Team mit den ferngesteuerten Armen.

Wir heben die Klumpen radioaktiven Materials hoch und schieben sie mit den Armen in den Reaktor. Es ist nicht einfach, die ferngesteuerten Mechanikhände zu lenken, aber ich habe keine Angst. Das ist mein Beruf, und ich weiß, was ich zu tun habe.

Ich denke aber an diesen Schweinehund Warshow. Ich habe nichts Besonderes gegen ihn, aber er reizt mich. Komisch, wie er sich jedesmal verkrampft, wenn er Befehle erteilen muß. Erinnert mich an meinen Onkel. Ja, mein Onkel. Mit dem habe ich ihn vergleichen wollen.

Mag Warshow nicht besonders. Wenn er jetzt hereinkäme, gäbe ich ihm mit dem Fernlenkarm vielleicht eins drauf — nicht fest, nur soviel, daß sein Fell ein bißchen zischt. Nur so. Ich wollte meinen Onkel immer schlagen, nur so.

He, schreit Murff. Zieh Arm Zwei wieder zurück.

Keine Sorge, sage ich. Geh nicht das erstemal mit dem Ding um, du Idiot.

Ich bin gut geschützt, aber die Luft riecht komisch, so, als ionisiere sie das Thorium, und ich frage mich, ob etwas nicht in Ordnung ist.

Ich drehe Arm Zwei herum und kippe das Thorium in den Reaktor. Das grüne Licht leuchtet auf und sagt mir, daß ich genau getroffen habe; der heiße Stoff fällt jetzt in den Reaktor hinunter und treibt die Neutronen heraus.

Dann gibt Murff das Signal, ich tauche den Arm ins Lager und hole mit Arm Eins wieder einen Klumpen herauf.

He, schreit er wieder, und Arm Zwei, der leere, rutscht mir weg.

Der große Arm schwebt durch die Luft, und ich sehe die kleinen Finger mit den zarten Metallgelenken, die eben noch ein Stück Thorium 233 umfaßt hatten. Sie scheinen nach mir zu greifen.

Ich schreie. Mein Gott, schreie ich. Murff brüllt auch, als ich die Kontrolle ganz verliere, versucht hinter die Steuertafel zu kommen und den Armgriff zu packen. Aber ich bin ihm im Weg und völlig erstarrt, so daß er es nicht schafft. Er duckt sich und wirft sich auf den Boden, als der große, mechanische Arm durch die Abschirmung kracht.

Ich kann mich nicht bewegen.

Ich bleibe stehen. Die kleinen Finger treffen mich am Kiefer, und ich schreie. Ich brenne. Die metallene Hand fährt an meiner linken Seite hinunter, berührt mich kaum, und es ist, als schneide eine weißglühende Rasierklinge in mein Fleisch.

Es ist zu schmerzhaft, um verspürt zu werden. Meine Nerven schalten ab. Sie übertragen meinem Gehirn nichts mehr.

Und jetzt stößt der Schmerz auf mich herab. Hilfe! Ich brenne! Hilfe!

»Aufhören«, sagte Cullinan scharf, und Falks schreckliches Kreischen verstummte. »Redigieren Sie den Schmerz heraus und machen Sie weiter. Was geschieht, wenn Sie aufwachen?«

Stimmen. Ich höre sie über mir, als ich aus dem Leichentuch aus Schmerzen auftauche.

Strahlungsverbrennungen, sagt eine tiefe, brüchige Stimme. Es ist Doc Sigstrom. Der Doc sagt, er ist furchtbar verbrannt, Leon. Ich glaube nicht, daß er am Leben bleibt.

Verdammt, sagt eine andere Stimme. Commander Warshow. Er muß am Leben bleiben, sagt Warshow. Ich habe noch nie einen Mann verloren. Zwanzig Jahre, ohne einen einzigen Mann zu verlieren.

Der Fernlenkarm hat ihn voll erwischt, sagt eine dritte Stimme. Psycho-Offizier Cullinan, glaube ich. Er hat die Kontrolle verloren, fährt Cullinan fort. Sehr merkwürdig.

Ja, denke ich. Sehr merkwürdig. Ich war nur einen Augenblick nicht bei der Sache, und der Arm schien lebendig zu werden.

Ich spüre, wie der Schmerz an mir auf- und abschießt. Mein halber Kopf scheint zu fehlen, und mein Arm wird geröstet. Wo ist der Schwefelregen, denke ich.

Dann sagt Doc Sigstrom: Wir werden ein Nährbad versuchen müssen.

Was ist das, fragt Warshow.

Neue Methode, antwortet Sigstrom. Chemotherapeutische Inkubation. Eintauchen in Hormonlösungen. Man verwendet das auf der Erde bei schweren Strahlungsverbrennungen vom Typ Eins. Ich glaube nicht, daß man es im Weltraum schon versucht hat, aber man sollte es tun. Er befindet sich im freien Fall. Die Schwerkraft kann sich nicht auswirken.

Wenn es ihn rettet, bin ich dafür, sagt Warshow.

Dann verblaßt alles. Die Zeit geht weiter — eine Ewigkeit in der Hölle, mit der flammenden Qual, die an meiner Seite auf- und abfegt. Ich höre ab und zu Leute reden, dann spüre ich, wie man mich wegträgt. Man schiebt mir Schläuche hinein, um mich zu ernähren. Ich frage mich, wie ich aussehe, mit meinem halbverbrannten Körper.

Plötzlich kühle Wärme. Ja, es klingt eigenartig. Aber es ist warm und nährend und doch auch kühl, es badet mich und nimmt mir das sengende Gefühl.

Ich versuche nicht, die Augen zu öffnen, aber ich weiß, daß ich von Dunkelheit umgeben bin. Ich bin völlig regungslos, inmitten der Dunkelheit, und doch weiß ich, daß außerhalb von mir das Schiff weiter Richtung Kollidor rast, mich umschließend und haltend.

Ich bin im Inneren des Schiffes, werde sanft und sicher gewiegt. Ich bin im Innern von etwas, das im Innern des Schiffes ist. Rad im Rad; Tür in Tür. Puppen in der Puppe.

Weiche Flüssigkeit schlappt über mich, schiebt sich dorthin, wo das Gewebe zerfetzt und versengt ist und das Fleisch vor Hitze Blasen warf. Jede Zelle wird gestreichelt, mein Körper Organ um Organ gebadet, so stelle ich mich wieder her.

Ich schwebe auf und in einem Ozean. Mein Körper heilt schnell. Der Schmerz hört auf.

Ich bin mir des Zeitablaufs überhaupt nicht bewußt. Minuten zerfließen in Minuten ohne Unterbrechung; die Zeit strömt unablässig, und ich werde in ein sanftes, endloses Dasein eingelullt. Glück, denke ich. Sicherheit. Friede.

Es gefällt mir hier.

Rings um mich Flüssigkeit. Darum ein Metallgeflecht. Darum ein kugelförmiges Raumschiff, und darum das Universum. Und um das Universum? Ich weiß es nicht und will es nicht wissen. Ich bin hier sicher, wo es keinen Schmerz, keine Furcht gibt.

Schwärze. Völlige, totale Schwärze. Sicherheit gleich Schwärze und Weichheit und Stille. Aber dann —

Was tun sie?

Was geschieht da?

Blaue Lichtpfeile vor der Dunkelheit, und jetzt ein Farbenwirbel. Grün, rot, gelb. Lichter platzen herein und blenden mich. Gerüche, Fühlen, Lärm.

Die Wiege schwankt. Ich bewege mich.